Unsere Schule will jetzt den Schülern verbieten, Jogginghosen zu tragen. Das sei nicht repräsentativ, heißt es, würde ein schlechtes Bild auf die Schüler und damit die Schule werfen, sagen sie, und außerdem sehe es nicht gut aus.
Streiten wir also über Hotpants, Kopftücher, Goldkettchen, Piercings, Ohne-BH oder Baggy Pants mit Blick auf die Unterhose. Und damals stritt man sich über Blue Jeans, Muscle-Shirts, Base-Caps, Ohrringe, Kaugummikauen und Birkenstocks mit Latzhose. Jeder Zeit ihre Kostüme, Uniformen, Trends und Moden. Aber geht es da überhaupt um die Jogginghose? Bei Kleidung, die die Phantasien von LehrerInnen anregen, oder am deutschen Leitbild kratzen, mag ja noch ein Grund konstruierbar sein, erst recht beim Rauchen oder Alkohol auf dem Schulgelände. Da geht´s ja sogar um die Gesundheit.
Aber Jogginghosen? Die sind wenigstens bequem und lassen viel Luft im Schritt. Wirklich gesundheitsschädlich sind sie nicht, abgesehen vielleicht vom ständigen Kopfschütteln rückständiger Lehrkräfte, die die Hosen immer noch im Sport verorten und nicht im Alltagsoutfit der heutigen Jugend.
Achja, die Gangster-Rapper tragen auch gerne Baggy-Trousers, Jack & Jones und Champions, ganz im neuen Athleisure-Style, gerne kombiniert mit Windjacken oder Hoodies. Das fordert die peer group wie anno damals die Popper-, Mods oder der Punk. Also rücken wir die Jugendlichen lieber näher an die Kriminellen-Szene, damit rechtfertigen wir die Ablehnung der aktuellen Moden und verharren selbst im Neunziger Timberland- und Fjäll-Räven-Outdoor-Völlig-Out-Trend.
In der Mittelstufe „unseres“ Gymnasiums gab es just einen Fall von Alkoholexzess während der Unterrichtszeiten. Der Junge – völlig im Klischee mit alleinerziehendem Vater und einmal sitzengeblieben – musste gar mit dem RTW ins Regionalkrankenhaus. Da erinnere ich stets Schwester Elisabeth (oder Ingrid oder Melanie), die den Armen im Tiefstsuff nur das Krankenhausleibchen mit Einmalslip anzogen, immer im Clinch mit dem Assistenzarzt, wieviel Zuckerinfusion man dem Delinquenten nun zugesteht, damit es zu keiner Entgleisung komme, aber doch ein ausreichend dicker Hangover übrig bliebe.
In der Schule waren alle in heller Aufregung, wieviel nun mit den Schülern und den Eltern besprochen werden müsse, ob der Sozialpädagoge ausreiche oder ob man nicht lieber doch die Drogenberatung aus der Großstadt hinzuziehen solle. Die Schule macht eben lieber Elternabende zu Risiken der Handy-Nutzung und der „drohenden“ Digitalisierung, zur Sexualaufklärung (aber nur nach Einverständnis *aller* Eltern). Es gibt keine Routine, dass alle Mittelstufen etwas über Nikotin, Alkohol oder Koks hören. Oder schon gar nicht jetzt, da wirklich etwas passiert ist. Beschäftigen wir uns lieber mit Jogginghosen.
„Man hatte Sorge, dass das die Kinder erst recht für Drogen interessiert“, OT Fachbereichsleiter Gesellschaftskunde.
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