Job oder Familie? Oder beides? Auch berufstätige Väter haben ihre Schwierigkeiten

Alle Welt redet immer von berufstätigen Müttern und wie sie es nur schaffen, den Alltag zu meistern. So zwischen Job, Familie und Kind. Interessant ist aber doch, dass kaum jemand über berufstätige Väter spricht und wie diese den Alltag denn so meistern zwischen Job, Familie und Kind. Okay, die Probleme bezüglich des beruflichen Wiedereinstiegs stellen sich für die meisten Väter nicht. Sie konnten (ja, manche wollten) auch gar nicht erst an einen beruflichen Ausstieg denken. Aber bei berufstätigen Müttern stellt sich die Frage des Wiedereinstieges eigentlich ja auch nicht mehr, sonst wären sie ja nicht berufstätig, oder?

Als berufstätiger Vater muss man aber doch Job und Familie ebenso unter einen Hut bekommen, wie als berufstätige Frau.

Ich meine, eigentlich sprechen wir doch eher über berufstätige Eltern. Wenn man in der finanziell entspannten Lage ist, mit nur einem Gehalt eine Familie zu ernähren (egal ob als Mann oder als Frau), dann hat der andere Part, das nicht-berufstätige Elternteil, ja kein Problem damit, sich um die „familiären Angelegenheiten“ zu kümmern. Wenn dann dennoch beide arbeiten wollen, dann ist das ganze Gejammer in meinen Augen ein Jammern auf sehr hohem Niveau und daran möchte ich mich gar nicht beteiligen. Ich jammere dafür in anderen Bereichen auf hohem Niveau.

Bei uns  ist es so, dass wir mit nur einem Gehalt unsere Familie nicht so einfach ernähren könnten. Das wäre mit meinem Einkommen in einigen Bereichen des Landes sicherlich möglich, aber eben nicht in und um München, zumindest nicht auf Dauer. Also muss auch meine Frau arbeiten, zumindest in Teilzeit und somit stehen wir beide vor der Herausforderung, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Ich zumindest habe den Anspruch, meine Kinder nicht nur am Wochenende zu sehen und mich dann regelmäßig zu wundern, wie groß sie schon wieder geworden sind. Aber genau das ist das Problem von vielen berufstätigen Vätern. In vielen Betrieben ist es nicht gerade angesehen, wenn man die Familie über den Job stellt. Dass man eigentlich arbeitet, um zu leben und nicht lebt, um zu arbeiten, ist für viele Chefs ein Dorn im Auge. Somit ist man mit einer 40-Stunden-Woche sicherlich gut bedient, die Realität sieht aber anders aus.

Gehen wir doch mal von einer Arbeitszeit von 8 Stunden aus plus 1 Stunde Mittagspause. Also ein klassischer 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr Tag im Büro. Hinzu kommt dann noch die Fahrtzeit zum Arbeitsplatz und wieder zurück, was durchaus mal schnell morgens und abends je eine Stunde bedeutet. Dies galt auch noch vor kurzem für meinen Job. Somit war ich am Tag 11 Stunden beruflich aus dem Haus – also über 220 Stunden im Monat. Ich sah meine Kinder morgens 45 Minuten und abends noch einmal 45 Minuten. Für mich persönlich war das zu wenig. Dafür brauche ich nicht Vater werden. Dann kommt da ab und an noch eine Geschäftsreise hinzu und auch Überstunden sind noch nicht eingerechnet. Wie soll man aber in maximal 1,5 Stunden am Tag mal wirkliche Komfortzeit mit seinen Kindern verbringen? Wie soll man da ein tiefes Vertrauensverhältnis aufbauen welches über das natürliche, angeborene Kinder-Eltern-Verhältnis hinaus geht? In 1,5 Stunden, in denen man selbst vielleicht auch noch mal angespannt und gestresst und genervt ist. Nur am Wochenende? Das reicht doch beiden Seiten, Kindern und Vätern, nicht wirklich aus.

Was macht man denn als Vater und wie wird man seinen eigenen Ansprüchen gerecht?

Zum Beispiel, wenn man um 17.00 Uhr noch etwas ganz Wichtiges auf den Schreibtisch gelegt bekommt und überlegen muss, mache ich heute noch meinen Chef glücklich und sichere meinen Job, oder sehe ich meine Kinder noch kurz vor dem Einschlafen?

Klar, nicht alle Väter denken so. Ich kenne genügend, bei denen ich das Gefühl habe, sie sind lieber am Arbeitsplatz als zu Hause. Aber was ist denn mit den vielen anderen? Ich persönlich hatte nach einer etwas turbulenten Zeit nun Glück. Ich arbeite für eine Krefelder Firma und bin der einzige Mitarbeiter in München. Eigene Büroräume gibt es hier nicht und somit arbeite ich aus dem Home Office. Morgens fängt meine Frau schon sehr früh an zu arbeiten und ich kümmere mich um die Kinder. Frühstücke mit ihnen und bringe sie zum Kindergarten. Nachmittags holt meine Frau sie wieder ab und ich arbeite dafür weiter. Den Anschluss zu meinen Kindern verliere ich somit deutlich weniger. Morgens habe ich länger Zeit mit ihnen als früher und abends kann ich mich schon mit ihnen beschäftigen, wenn andere Väter noch in der S-Bahn sitzen. Auch zwischendrin verliere ich den Anschluss deutlich weniger. Meine Kaffeemaschine steht nicht in der Firmenküche, sondern in der eigenen Küche. Meine Kaffeepause kann ich daher auch mit meinen Kindern statt mit Kollegen verbringen und sollten mal alle Stränge reißen, kann ich auch tagsüber mal eine Stunde auf meine Kinder aufpassen. Dann mache ich eben dafür mal weniger Mittagspause und arbeite noch etwas weiter, wenn meine Frau abends ein Buch liest oder Rosamunde Pilcher schaut.

Ja, ich sitze gerade in einer kleinen Komfortzone der berufstätigen Eltern und bin darüber froh und dafür dankbar. Mein tiefster Respekt gilt denjenigen, die aus welchen Gründen auch immer berufstätige Alleinerziehende sind und dabei Job und Familie unter einen Hut bekommen. Bei allen anderen sollten wir die Diskussion vielleicht langsam mal von der Einzelbetrachtung der berufstätigen Mütter und berufstätigen Väter weglenken. Hin zur ganzheitlichen Betrachtung der berufstätigen Elternpaare und deren Herausforderungen.

Ein Gastbeitrag vom Papa (der beiden kleinen Chefs), der im Web nicht unter seinem vollen Namen auftritt. Er bloggt auf “Wer ist der Chef?”.


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