Alfred Wegener findet seinen Tod im ewigen Eis. Er wollte der Welt beweisen, dass man an ihrem Ende überwintern kann. Zurück zur Küste schafft er es nicht mehr. Erst Jahre später wird sein Grab gefunden.
Endlos ist alles Land. Endlos und ruhelos. Eine ewige Reise.
Ende des 19. Jahrhunderts wird Alfred Wegener als eines von vielen Kindern in Berlin geboren. Hier ist er nie alleine – vielleicht ein Grund dafür, dass er später die Einsamkeit so sehr sucht. Früh beginnt er mit kleinen Experimenten – ein Forscher ist geboren und widmet sich später im Studium ganz seiner Leidenschaft. Er ist ruhelos. Immer wieder zieht es ihn ins ewige Eis. Er heiratet und wird Vater – doch auch seine Familie kann ihn nicht zur Ruhe bringen. Es zieht ihn fort.
Hart ist alles Land. Hart und unbarmherzig. Ein ständiger Kampf.
Für seine Forschungen muss Alfred Wegener lange kämpfen. Seine Erkenntnisse werden nicht ernst genommen, verspottet. Die Wissenschaft hält lieber an ihren engstirnigen Vorstellungen fest, als sich auf neue Theorien einzulassen. Auch das macht ihn ruhelos. Er muss es ihnen beweisen, er will es ihnen beweisen. Seine Theorie von der Drift der Kontinente – seine größte Leistung – wurde erst dreißig Jahre nach seinem Tod anerkannt.
Ist Alles Land nun eine Biografie oder ein Roman? Ein Wissenschaftsroman? Eine Romanbiografie? Für mich nur schwer einzuordnen, denn da will so gar keine Schublade als passend erscheinen. Genau wie Alfred Wegener, der sich zeit seines Lebens auch in keine Schublade packen lassen wollte, sich nicht für eine Wissenschaft entscheiden wollte und sich nicht zwischen Forschung und Familie entscheiden konnte. Da passt es vielleicht ganz gut, dass ich keinen Begriff für Jo Lendles Buch finde.
Groß ist Alles Land, beeindruckend und erdrückend.
Jo Lendle versteht es, in wenigen Worten viel zu erzählen. Mit wenigen Worten eine einzigartige Stimmung zu schaffen. Kälte, Hunger, Durst und Angst – all diese Gefühle werden greifbar. Der Horror, dem Wegener in der Arktis begegnet, seine Zweifel, sein Überleben und sein Tod. Die Enge in der Weite Grönlands. Die selbstgewählte Einsamkeit. Warum tut man sich das freiwillig an?
81 Jahre nach seinem Tod wird Wegener literarisch aus seinem Grab gehoben, und wieder ein Stück ins Licht gerückt. Er soll nicht vergessen werden. Und er darf nicht vergessen werden – denn seine Forschung ist auch heute noch aktuell und wichtig. Ein Leben, das vom Willen nach Wissen bestimmt wird und das mich sehr bewegt hat.
Gebundene Ausgabe: 384 Seiten, erschienen bei DAV, September 2011.
ISBN: 978-3421045256