Jinseg – Feuer-Puja

Von Rangdroldorje

Generell besteht eine Yidam-Praxis aus drei großen Abschnitten – Ermächtigung (inklusive Textübertragung und Geben der Kernanweisungen), Durchführung der Praxis in vier oder mehr Sitzungen im Retreat und die abschließende Feuer-Puja. Durch diese drei erfolgt eine Reinigung der unreinen Wahrnehmung, die Reifung zur wahren Natur und schließlich eine Reinigung entstandener Fehler bzw. das Ansammeln von Verdienst. Jede hat ihre unterschiedliche Bedeutung und Nutzen. Als Opfergaben werden zwölf verschiedene Substanzen genommen, die der Gottheit dargebracht werden.
Da wir alle Befleckungen aufweisen und es uns an Weisheit mangelt, müssen wir diese Trübungen der Sicht zu bereinigen und Weisheit anzusammeln. Die Verschleierungen werden durch das Ansammeln von Verdienst und Beseitigen von Hindernissen gereinigt. Aus diesem Grund werden verschiedene Opfergaben dargebracht und Reinigungsrituale ausgeführt. Um Weisheit anzusammeln, studieren wir die Schriften und entwickeln Einsicht. Eine Feuer-Puja dient der Beseitigung von Hindernissen und ist ein komplexes Ritual, bei dem auch der Ritualmeister, der die Feuer-Puja durchführt, das Retreat abgeschlossen und eine bestimmte Anzahl an Mantras angesammelt haben muss, bevor er oder sie eine Feuer-Puja leiten kann.

Durchführung

Zunächst wird bei einer Feuer-Puja der Platz gereinigt. Manche erwähnen dabei auch noch die Verwendung von Kuhdung und Milch, woraus man ersehen kann, dass dieses Ritual aus der Hindu-Tradition herrührt. Danach wird die Erdgottheit um Erlaubnis für das Zeichnen des Mandalas und der nachfolgenden Durchführung der Feuer-Puja gebeten. Weiters werden auch noch die Wesen des Ortes und des Feuers angerufen und eingeladen. Nachdem das Holz dem Ritual gemäß in entsprechender Form aufgeschichtet wurde, erfolgt die erste Opfergabe an die weltliche Feuer-Gottheit. Erst danach wird der überweltlichen Feuer-Gottheit geopfert.
Bei einer Feuer-Puja werden das Feuer, die Flamme und das Brennen als Opfergabe dargebracht.

Aktivitäten

Es gibt vier Arten von Feuer-Pujas: 1) befriedend, 2) vermehrend, 3) magnetisierend bzw. unterwerfend und 4) zornvoll. Bei einer befriedenden Feuer-Puja sind die Substanzen weiß, wodurch wir uns selbst und andere reinigen. Durch eine vermehrende Feuer-Puja lassen wir Lebensspanne, Reichtum und Wohlstand anwachsen und die dafür benutzten Substanzen sind von gelber Farbe. In einer unterwerfenden oder machtvollen Feuer-Puja bringt man herrschende Kräfte unter Kontrolle und verwendet dafür rote Substanzen. Bei einer zornvollen Feuer-Puja werden extrem negative Kräfte, die Praktizierende quälen und dem Dharma Schaden zufügen, unterworfen und vernichtet.

Substanzen

Als Opfergaben werden zwölf Substanzen dargebracht: Zweige aus Holz, Öl, Mehl (vermischt mit den drei Weißen und drei Süßen), schwarze und weiße Sesamsamen, ungeschälter Reis, geschälter Reis, Weizen, Gerste, weiße oder gelbe Bohnen, Langlebensgras und Kusha-Gras. Die verwendeten Substanzen sind dabei von großer symbolischer Bedeutung.
Die Zweige aus Holz werden dargebracht, damit man selbst Wissen und einen vollkommenen Körper erlangt. Dabei hängt die Länge der Zweige – eigentlich sind es kleine Holzstöckchen – von der jeweiligen Aktivität ab. Bei einer friedvollen und bei einer unterwerfenden Puja sind die Stöckchen ca. 20cm lang, bei einer zornvollen sind sie ca. 25cm lang und bei einer vermehrenden Puja sind sie ca. 40cm lang. Das Öl wird der überweltlichen Gottheit geopfert, um Wohlstand und Lebensspanne zu vermehren. Das Mehl mit den drei Süßen und drei Weißen wird dargebracht, damit man Glück, Heilsames und Weisheit vermehrt. Die schwarzen Sesamsamen sind zur Bereinigung von unheilsamen Taten und die weißen Sesamsamen dienen dazu, um von schwarzer Magie und Geistern gereinigt zu werden. Der ungeschälte Reis vermehrt Reichtum und Verdienst. Die Opfergabe des geschälten Reis in den Mund der Feuergottheit fördert Wohlstand und Macht. Durch die Gabe von Weizen werden Krankheiten bereinigt. Gerste hilft dabei, die Luft sowie Atemprobleme zu klären. Die weißen oder gelben Bohnen lassen Gesundheit und Weisheit vermehren. Das Langlebensgras hat viele Wurzeln und vermehrt ebenfalls die Lebensspanne. Und die Gabe des Kusha-Grases am Ende dient dazu, Fehler bei den vorangegangenen Opfergaben zu beseitigen. Weiters lässt Kusha-Gras auch das „Haar der Feuergottheit“ anwachsen – sagt man.

Verdienstansammlung

Allgemein gibt es zwei Arten von Großzügigkeit – das Geben von materiellem Reichtum und die Gabe des Dharma. Eine Feuer-Puja ist das Geben von materiellem Reichtum. Die Gabe des Dharma ist das Lehren der befreienden Information. Wie schon von Buddha Shakyamuni vermerkt, ist die Großzügigkeit ohne Bezugspunkt – dana paramita – eine der sechs vollkommenen Tugenden. Gewöhnlich erwarten wir uns bei einer Darbringung von Gaben etwas zurück. Das ist allerdings eine niedere Form des Gebens. Daher sollten wir bei einer Feuer-Puja immer eine große Geisteshaltung – die Sicht des Mahayana – einnehmen und nicht erwarten, dass wir dadurch ein besseres Leben haben, mehr Reichtum erwerben oder im nächsten Leben eine günstige Wiedergeburt erlangen. Vielmehr soll dieses Geben frei von den drei Kreisen – dem Geber, dem Empfänger und dem Geben – sein. Abschließend kann man sagen, dass eine Feuer-Puja für alle sehr nützlich ist, da sie sowohl Hindernisse und Verschleierungen beseitigt sowie Verdienst und Weisheit ansammelt.