Du bist in einer Woche zu einer Hochzeit eingeladen, in sieben Tagen beginnt dein Strandurlaub? Mit dem einwöchigen „Crashkurs“ von Jillian Michaels angeblich kein Problem. Sieben Tage lang soll man eine Stunde am Tag trainieren und sich so für den anstehenden Event fit, straff und schlank sporteln. Ob das geht? Lest hier meinen Erfahrungsbericht.
Morgens Kraft
Morgens absolviert man ein Krafttraining. Man beginnt mit einem Warm up, das mir morgens um 6 Uhr fast ein bisschen zu anstrengend ist. Denn die erste Übung ist direkt eine, die Arm-Bein-Koordination in einem großen Bewegungsradius fordert. Danach ist der Puls oben, der Körper warm. Es folgen vier Runden. Das ist ganz schön hart, weil man von Jillian ja eher drei Runden gewöhnt ist (wie bei 30 Day Shred oder Ripped in 30). Aber wer viel will, muss viel tun, gilt hier. Und daher gibt es vier Runden, die insgesamt mit allem drum und dran gute 40 Minuten in Anspruch nehmen.
Diese bestehen aus je fünf Übungen, zwischendurch gibt es durch Erklärungen und Positionswechsel kleine Verschnaufpausen. Das Workout ist aufgrund der Komplexität der Übungen eine echte Herausforderung und daher absolut nicht für Einsteiger geeignet. Ich persönlich empfehle, mindestens Ripped in 30 bereits absolviert zu haben.
„Even I struggle with it!“
Runde 1 startet für ein Frühsportprogramm angenehm mit einer Kombi aus einer Ruder- und Curl-Übung für Rücken und Arme, weiter geht es mit einem Static Squat und Rows. Dann wird es “challenging“, wie Jillian es nennt, mit Side to side Push ups und einer Kombi aus Bare (Vierfüßlerstand statt auf den Knien auf den Zehen) und der Abfolge Down Dog und High Push up. Die Runde endet mit Table top Dips.
Runde 2 konzentriert sich voll auf die Kombination großer Bein- mit kleiner Armmuskulatur: Einbeinige Squats (Figure-4 Squats) mit Serving Biceps, Triceps Extension im statischen Ausfallschritt, Reverse Flys bei waagerechtem Oberkörper und nach hinten ausgestrecktem Bein („Waage“), Pendulum Lunge (Ausfallschritte nach vorne und hinten) mit Chops, einbeiniger Squat mit Bein nach hinten oben ausstrecken.
Runde 3 startet mit einer Übung auf der Matte, die man zu diesem Zeitpunkt – die Hälfte ist rum – sehr willkommen heißt. Die Beine werden seitlich ausgestreckt und dann mittels Bauchmuskulatur rangezogen (oblique crunch), gleichzeitig führt man auf der anderen Seite eine Brustpresse aus – und zwar mit beiden Hanteln in einer Hand! Das sind 6 Kilogramm, wenn man mit der empfohlenen Menge arbeitet. Es folgen Reverse Plank, Swimming Superman, Surfer Jumps und Sumo Squats mit Triceps Extension.
Runde 4 beginnt mit einer Plank-Übung, für die man viel Kontrolle in der Körpermitte mitbringen muss. Es folgt eine Core-Kombi aus Hollow Man, Pike Crunch und Russian Twist, dann muss man einen einarmigen Plank bewältigen, bei dem eine Hantel nach vorne und oben rausgedrückt wird. Richtig schön fordernd auf den letzten Metern: Moguls auf den Unterarmen und ein Crunch mit Hanteln, die man im Kreis über ein ausgestrecktes Bein bewegt.
Das Cool down ist okay, könnte aber auch mehr sein.
Klingt spaßig? Ist es auch. Ich garantiere euch, ihr schwitzt mehr als bei jedem anderen Workout, das ihr bisher gemacht habt.
Abends Cardio
Um noch mehr Fett zu verbrennen und den Nachbrenneffekt anzuheizen, gibt es jeden Abend eine Runde Cardio dazu. Wir haben ja schließlich nur die eine Woche Zeit.
Ein Warm up gibt es hier nicht, man startet direkt und treibt den Puls hoch. Das Training besteht aus drei Runden, jede Runde besteht aus acht Übungen, sodass jede Runde effektiv acht Minuten Trainingszeit einnimmt. Durch Positionswechsel, Verschnaufpausen und Erklärungen kommt man hinterher mit Cool down auf gute 35 Minuten.
Runde ist startet mit einer Jumping Jack Variation, bei der die Arme nicht nach oben sondern auf Schulterhöhe nach hinten gebracht werden. Es folgen Seilchenspringen, Butt Kicks, High Knees, Skaters, Boxen, Squat Thrusts und schnelles Kreisen der Unterarme umeinander vor dem Kopf.
Runde 2 geht munter weiter mit einem Sprint am Platz, Rock Star Jumps (die ich aus Rücksicht nie gemacht und durch schnelle Jumping Jacks ersetzt habe), Thrust Kicks auf beiden Seiten, Bare Kicks, Ski Moguls und entspannte Soccer Balls als „Active Recovery“.
Runde 3 geht los mit Jump Jack Squats, geht weiter mit Plank Jacks und mit Circle Runs, einhändigen Sprawls (das ist ein Burpee ohne Liegestütz), Fast Feet, Long Jump Run Arounds und zum Schluss gibt es noch Hip Thrust für beide Seiten.
Ein kurzes Cool down, das mit nicht besonders gefällt, da der Kopf, durch den das Blut rauscht, unter die Herzlinie gebracht wird. Das ist sehr unangenehm.
Meine Erfahrungen
Tag 1:
Hui, es ist Sonntag, 9 Uhr morgens, nach Runde 2 bin ich pitschnass geschwitzt. Die Übungen sind sehr komplex und sehr anspruchsvoll. Statt der empfohlenen drei Kilo Hanteln nehme ich zur Eingewöhnung erst mal zwei Kilo. Ab morgen dann drei, versprochen.
Abends. Ich hasse Cardio. Ich will schon nach Runde 1 von 3 aussteigen. Zum Ende von Runde 1 muss ich sogar auf Anfängervarianten ausweichen. Ich glaube, mir wird schlecht. Dabei habe ich gar nicht so viel gegessen. Oh Gott, das jetzt sieben Tage lang? Wirklich schlimm ist vor allem Runde 1, Runde 2 ist ganz nett und Runde 3 dauert eeeeewig!
Tag 2:
Montagmorgen, 6 Uhr. 3 kg Hanteln. Ich bin schweißgebadet. Das Krafttraining ist schweißtreibender als Cardio. Ich muss dafür aber nur wenige Übungen in der Anfängervariante machen, eine sehr anstrengende im zweiten Satz, weil es einfach nicht mehr geht.
Abends, 20:40 Uhr. Ich habe dummerweise noch was gesnacked und habe jetzt wenig Motivation, das Workout durchzuführen. Aber so gut, wie ich mich heute Morgen gefühlt habe, muss ich es einfach tun! (Und, weil es zum Programm gehört. Ist ja klar.)
Und ich habe schon nach zwei Minuten das Gefühl, dass ich gleich einen Wadenkrampf bekomme. Bekomme ich dann doch nicht. Der erste Durchlauf von Runde 1 ist hart, danach fühle ich mich viel besser als gestern. Während mir gestern schlecht war und ich ständig japsen musste und dachte, ich trockne aus, bin ich heute einfach nur ziemlich verschwitzt und ein bisschen erschöpft. Vielleicht wird es doch nicht so schlimm, wie ich gestern dachte.
Tag 3:
Morgens, 6 Uhr. Ich fühle mich ein bisschen erschöpfter als gestern, leiste aber fast genauso viel.
Abends bin ich mit Freunden zum Grillen verabredet. Davor ist es zu knapp fürs Cardio-Training, danach eigentlich zu spät. Naja, müssen die Nachbarn jetzt durch. Am Anfang fühle ich mich besser als gestern, die Waden machen weniger Zicken. Aber dafür lasse ich zum Ende stark nach – die letzten vier Übungen mache ich echt nur noch lasch, weil ich einfach nicht mehr kann.
Als ich abends im Bett liege, knurrt mir der Magen.
Tag 4:
Meine Leistung am Morgen ist ein bisschen schwächer als in den letzten Tagen. Obwohl mir das Aufstehen für den Sport nicht schwer gefallen ist, ertappe ich mich doch bei dem Gedanken, dass es auch schön wäre, heute Morgen kein Workout zu absolvieren.
Ich habe den ganzen Tag schwere Beine und ziemlich großen Hunger. Man merkt, dass der Körper sich ganz langsam an die neuen Gegebenheiten anpasst und versucht, den erhöhten Kalorienverbrauch auszugleichen. Ohne Schokoriegel geht es heute jedenfalls nicht.
Der Vorteil: Am Abend habe ich mehr Energie beim Cardio Workout, es läuft deutlich (!) besser als gestern. Ich habe das Gefühl, alles mit mehr Spannung auszuführen. Ich schwitze aber auch mehr.
Tag 5:
Guten Morgen! Nach einer sehr erholsamen Nacht bin ich wieder voll da und absolviere das Morgen-Workout mit mehr Spannung und Kraft. Leider war es in den letzten Tagen sehr schwül-warm und mein Körper hat Wasser eingelagert, sodass ich mich trotz merklicher Fortschritte aufgeblasen und schwabbelig fühle.
Die Hitze führt auch dazu, dass mir beim Cardio in der ersten Runde immer erst mal das Blut stark zu Kopf steigt. Es fühlt sich ganz dickflüssig an. Der erste Circle beim Cardio ist deshalb – aber auch wegen der Übungsabfolge – der schlimmste, danach wird es besser. Ich bin heute ganz gut dabei und merke, dass ich mich stetig verbessere.
Dennoch habe ich nicht das Gefühl, Veränderungen zu SEHEN. Das frustriert mich. Aber andererseits: Was soll man nach einer Woche erwarten können? Das Versprechen war ja schon unrealistisch. Ich denke, straffer kann man werden, aber nicht wirklich Gewicht verlieren.
Tag 6:
Puh, es ist Freitag, so langsam habe ich keine Lust mehr. Ich gebe trotzdem alles, aber die Luft ist langsam raus. Auch zum Cardio muss ich mich echt zwingen und schiebe es bis in den Abend hinaus. Erstaunlicherweise bin ich aber ziemlich gut dabei, fühle mich gut und fit.
Tag 7:
Ja, es ist Zeit für ein Ende. Ich bin gut dabei und die Fortschritte sind spürbar, aber die Muskeln sind auch müde und wollen nach sieben Tagen Dauerbelastung eine Pause.
Mir fällt auf, dass vor allem die Arme sehr viel Training abbekommen haben, ebenso Schultern und Rücken. Obwohl der vierte Circle corelastig ist, ist die Beanspruchung des Bauches nicht so stark, wie man sie bei diesem Programm erwartet. Schließlich ist ein flacher Bauch immer das Ziel vor Urlaub, Hochzeit & Co. Wundert mich daher ein bisschen und finde es mit meiner Schwachstelle Bauch natürlich auch schade. Vor allem, weil meine Ergebnisse von Six week six pack dank Urlaub auch nicht mehr so sichtbar sind.
I made it! I really made it! Sieben Tage, vierzehn Workouts, jeden Morgen und jeden Abend. Ich finde mich ganz schön krass.
Meine Ergebnisse
Ich fühle mich straffer, einfach schon, weil ich das erwarten würde. Ich fühle mich fit und stark. Wenn ich in den Spiegel sehe, werden meine Erwartungen enttäuscht. Aber nur kurz, schließlich kann man nach einer Woche wirklich nicht viel erwarten. Dafür ist der Stolz, den man empfindet, weil man durchgehalten hat, eine tolle Belohnung. Und auch allein schon das GEFÜHL, sich straffer und sportlicher zu fühlen, ist wirklich einiges wert. Wenn ich über meinen Bauch streiche, finde ich schon, dass er sich wieder ein bisschen besser anfühlt.
Die Vergleichsfotos zeigen, was ich auch erfühlen kann: Über der Hüfte ist es straffer. Der Rest ist recht unberührt. Der Popo ist noch ein kleines bisschen besser, aber den zeige ich euch nicht ;)
Die Maße sagen, dass ich am Oberarm und an Hüfte/Po einen halben Zentimeter gewonnen habe. Alle anderen Maße sind gleichgeblieben. Ich finde das durchaus realistisch, da ich ja schon am Spiegelbild ähnliches festgestellt habe. Die halben Zentimeter können entweder Muskelzuwachs sein oder aber Wasser in der Muskulatur, das zu der Schwankung führt. Beides wäre okay für mich. Mal sehen, was meine Maße in vier Wochen sagen.
„It’s not about perfect.
It’s about effort.“
Fazit
Ich denke, das Programm ist in erster Linie ein Disziplintest für fortgeschrittene Home-Sportler. Wer eine extra Herausforderung sucht oder sich mal selbst so richtig dazu bringen will, seinen Alltag zu strukturieren, um die zwei Workouts pro Tag unterzubringen, oder um Priorisierung zu lernen, der kann das machen. Oder wem langweilig ist.
Man darf aber einfach nicht zu viel erwarten. Es ist eine gute Abwechslung, v.a. wenn man viel trainiert. Denn der Körper gewöhnt sich einfach viel zu schnell an Workouts. Um da ein bisschen Abhilfe zu schaffen, ist es immer gut, neue Reize zu setzen und sich auch mal so richtig herauszufordern.
Was nicht so cool ist: Jeden Tag zweimal duschen – meine arme Haut. Und jeden Tag Haare waschen. Und jeden Tag doppelt so viel Unterwäsche brauchen. Und jeden Tag Sport-Klamotten auswaschen – direkt nach dem Training, damit sie hoffentlich am nächsten Tag wieder trocken sind. Aber das sind natürlich Luxusprobleme :D
Kennt ihr das Programm? Wie sind eure Erfahrungen? Würdet ihr das Programm vor einem Event auf euch nehmen?
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