Der Abschlussjahrgang der Studienrichtung Schauspiel der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien zeigt sein Können im TAG. „Empört euch, ihr Krähwinkler!“ ist eine Gernot Plass-Umschreibung der Komödie „Freiheit in Krähwinkel“ von Johann Nestroy. Plass ließ es sich nicht nehmen, das Stück mit dem Schauspielnachwuchs auch selbst in Szene zu setzen. Als ehemaliger Absolvent der Hochschule hat er sich mit dieser Inszenierung viel vorgenommen. Denn es stehen insgesamt 12 Personen auf der Bühne. „So viel, wie noch nie in einer meiner Produktionen“, wie der Leiter des TAG konstatierte.
Stefanie Darnesa, die in die Rolle des Bürgermeisters schlüpft und Stanislaus Dick, der den Ultra spielt, erzählten kurz vor der Premiere ein wenig über die Zusammenarbeit mit dem TAG, aber auch über ihre Pläne und Hoffnungen.
Stefanie Darnesa c) Willi KubicaDas gemeinsame Arbeiten mit Gernot Plass fanden die jungen Leute toll. „Ich fand es spannend, welche Welt er in dem Stück erschaffen hat“, meinte Stefanie Darnesa, “dass in Europa der Kommunismus herrscht und ich das noch bestehende System, den Kapitalismus darstelle. Aber ich habe auch viel nachgelesen und recherchiert. Denn man muss sich schon mit den Dingen auseinandersetzen, um zu verstehen, was da gerade passiert. Die Stücke von Gernot Plass sind so angelegt, dass man sich freut, wenn man etwas wieder erkennt, aber ich glaube, dass es unmöglich ist, als Zuschauer alles auf einmal zu verstehen, was in dem Stück drin ist.“
In der Überschrift „Empört euch, ihr Krähwinkler“, hat Plass auch Stephane Hessel mit seinem Welterfolg zitiert. „Ja, den habe ich gelesen, als er herausgekommen ist und das hat mich und mein Umfeld natürlich beeinflusst“, ergänzt Stanislaus Dick.
Auf die Frage, ob sie in ihrem Beruf politische Einflussnahme ausüben werden können oder ob sie das eventuell den Regisseurinnen und Regisseuren alleine überlassen, kommen sehr reflektierte Antworten.
Darnesa findet es sehr wichtig, dass man mit dem Theater auch etwas sagen will und dass man daran glaubt, dass Theater mehr bewirken kann als die Leute einfach nur zu unterhalten, und weiter: „Was mich, wenn ich ins Theater gehe überhaupt nicht interessiert ist, wenn da Leute oben stehen, die feiern, wie toll sie spielen. Ich will, dass mir was erzählt wird, und wenn es eine politische Relevanz hat, dann auch das.“
Stanislaus Dick (c) Willi KubicaFür Dick ist der Theaterbegriff an sich nicht der, der Unterhaltung, sondern einer, der in Beziehung zu Aktuellem oder zu Grundsätzlichem steht. „Das ist das, was mich am Theater immer schon interessiert hat. Auch, dass man in jahrhundertealten Texten Themen findet, die noch immer sehr aktuell sind.“
Zur Zeit „post TAG“ befragt, erklärt Dick, wie das ehemalige „Kons“ versucht, seine Studierenden auf die Bretter der deutschsprachigen Theaterbühnen zu bringen.
„Unser Studium ist so aufgebaut, dass wir als Ensemble im vierten Jahr auf Intendantenvorsprechreise gehen. Das heißt, wir fahren durch den deutschsprachigen Theaterraum und stellen uns da als Ensemble vor. Das dient dazu, Kontakte zu knüpfen und gesehen zu werden. Einige von unserer Klasse haben schon ein Engagement, andere sind noch auf der Suche. Ich werde ab der nächsten Spielzeit fix im Ensemble in St. Pölten beginnen.“ Darnesa hingegen ist noch auf der Suche nach einer Anstellung.
Warum der Beruf faszinierend ist, wird ganz individuell ausgelegt.
„Ich finde es immer total spannend, verschiedene Welten zu erschaffen und die zu zeigen, auch, dass man Sachen machen darf, die man sonst nicht machen darf und ich wünsche mir, dass das Theater Leute auf ganz viele, verschiedene Arten bewegt. Was ich auch ganz wichtig finde, ist der Kontakt sowohl zu den Spielpartnern als auch zum Publikum. Wir haben einen Beruf, der das fordert und in dem man das auch darf.“ Darnesas Anworten kommen ungefiltert, schnell und wie aus der Pistole geschossen.
Stanislaus Dick: „Ich glaube, ich darf da ganz egoistisch an diese Frage herangehen. Ich erhoffe mir, dass ich damit glücklich werde, dass es mich in meiner Entwicklung bereichert und dass ich mich bestmöglich entfalten kann. Und das sind Fragen, die wir bis jetzt noch gar nicht richtig beantworten konnten. Wir sind in einer Umbruchphase und verlassen die Gitterbett-Atmosphäre der Schule nun tatsächlich für immer und werden jetzt in die harte Realität geschmissen. Ich glaube, dass wir da jetzt mit viel Neugier aber auch Contenance an die Sache herangehen müssen. Die Welt da draußen ist nicht unbedingt eine sehr leichte, vor allem in diesem Beruf. Und was ich mir noch erhoffe, ist Menschen zu berühren. Im Beruf des Schauspielers habe ich immer mehr gesehen als nur eine Marionette des Regisseurs zu sein, die gut sprechen kann. Mir geht es um die Aufgabe, Menschen aus ihrem Alltag in Geschichten hineinzubringen und zu verführen und ihnen gewisse Dinge näher zu bringen. Sei es das, was in einem Stück verhandelt wird, oder sei es das, was in einem selbst brennt. Das ist eine sehr wichtige Aufgabe, die, so glaube ich, kaum jemand in dieser Gesellschaft so erfüllt wie ein Schauspieler oder vielleicht noch ein Lehrer in einer Schule.“
Eine Woche vor der Premiere möchte ich noch gerne wissen, welche Hoffnungen sie mit der Aufführung im TAG verknüpfen: „Den Text können“ antwortet Dick prompt und Darnesa fügt nahtlos hinzu: „Es gibt eine hohe, sprachliche Virtuosität in dem Stück und wir müssen daran arbeiten, dass es einfach läuft. Meine Hoffnung ist, dass es von vorne bis hinten eine runde Sache wird und auch wenn man etwas verpatzt, am Ende die Leute rausgehen und davon nichts gemerkt haben.“
„Das Stück, so wie es geschrieben und aufgebaut ist, ist sehr ungewöhnlich für den normalen Theaterbesucher. Zu irritieren, die Leute auch zu inspirieren aber sie auch wirklich zu erreichen, das ist meine große Hoffnung. Dass wir uns nicht in der Form verlieren, sondern dass diese auch aufgeht und überlebt.“ Dicks Antworten sind – sehr erstaunlich für jemanden, der gerade mit dem Studium am Fertigwerden ist – druckreif.
Stefanie_Darnesa_und_Stanislaus_Dick (c) European Cultural NewsLampenfieber konnten die beiden nicht ganz ausschließen, denn zwar hat sich in den vier Ausbildungsjahren schon eine gewisse Routine eingeschlichen, die aber bei dieser speziellen Produktion nicht zum Tragen kommt. Vielmehr freuen sie sich auf die Vorstellung. „Das ist immer ein gutes Zeichen für eine Premiere“, so Dick und „mit jedem Durchlauf freuen wir uns mehr, dass es jetzt endlich losgeht und wir das Stück vor Publikum spielen dürfen!“, das letzte Wort hatte in diesem Interview die Dame.