Jetzt putz dir erstmal die Nase, dann sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus.

Von Lussekatt

Am Freitag war ich noch 10 Km und drei Eibrote von der Katastrophe entfernt. Das Schöne an Katastrophen ist ja, dass man sie nicht kommen sieht. Man geht einfach so umher und sammelt Blaubeeren oder zählt Regentropfen und hat nicht die leiseste Ahnung, dass zeitgleich irgendein Hacker auf die Idee kommt, sämtliche Informationen auf einem Server in Bergen/Norwegen ins Bit-Nirvana zu katapultieren. Ehrlich gesagt habe ich auch schon viel größere Katastrophen erlebt. Auf meiner persönlichen Katastrophenskala von 1 – 10 lagen die Ereignisse vom Wochenende etwa so bei 7.

Das Versauen meiner Abiturprüfung würde ich dagegen mit 9 bewerten. Ich saß in meiner letzten mündlichen Prüfung (Philosophie! sic!) und hatte nichts zu sagen. Das lag nicht etwa daran, dass ich nicht gelernt hatte, sondern daran, dass ich mich an nichts von dem erinnerte, was ich gelernt hatte. Es war ein bisschen wie der norwegische Servercrash vor vier Tagen: alles war einfach weg, gähnende Leere auf meiner Festplatte und Backups hatte ich natürlich auch keine gemacht. Leider konnte ich dafür keinen Hacker verantwortlich machen und rasselte daher durch mein Abitur.

Ein anderer Crash, der seine Spuren in meinem Leben hinterließ, war der Börsencrash 2001. Ich ging eines schönen Morgens in Hamburg zur Arbeit und klaubte im Vorbeigehen meine „Süddeutsche Zeitung“ auf, die wie immer auf dem Treppenabsatz lag. Die Ueberschrift auf der Titelseite lautete „Intershop fällt unter 10 Euro“. Intershop war ein wahnsinnig gehyptes Unternehmen am neuen Markt, das Software für Webshops (!) herstellte. Ich hatte die Aktien für ungefähr 120 Euro das Stück gekauft und als ich später meinen Bankberater am Telefon hatte, hörte ich lange nur angestrengtes Tastenknattern, bis er sich in mein Depot eingeloggt hatte. Dann war es sehr still. Sehr lange, sehr still. Bis er schließlich ein tonloses „Oh.“ hauchte. Mit diesem „Oh.“ teilte er mir mit, dass alle meine Ersparnisse weg waren. Vermutlich schwirren die auch irgendwo im Bit-Nirvana rum und tanzen Tango mit meinem Webshop. Aber auf meiner persönlichen Katastrophenskala verdient das eine glatte 10, finde ich.

Aber zum Glück habe ich in Katastrophensituationen immer DbMdW (Die beste Mama der Welt) im Ohr gehabt. DbMdW sagt nämlich immer, wenn irgendetwas Schlimmes passiert: „Jetzt putz dir erstmal die Nase, dann sieht die Welt gleich wieder ganz anders aus!“. Und das funktioniert eigentlich immer. Bei Einser-Katastrophen wie bei Zehnern.

Nach meinem versauten Abi hab ich mir die Nase geputzt und mir eine Ausbildungsstelle gesucht. Nach dem Börsencrash hab ich mir die Nase geputzt und wieder angefangen zu sparen. Nach dem Servercrash hab ich mir die Nase geputzt und mich an die Arbeit gemacht.

Denn wie heißt es so schön: Hinfallen ist keine Schande. Liegenbleiben schon.

Und weil es so schön ist, hier ein paar Bilder von unserem Ausflug am Freitag, als ich noch von nichts wusste. Eibrot inklusive.

In diesem Sinne Euch allen einen tollen Dienstag!