Jessup Moot Court 2016 – Ein Erfahrungsbericht von Arne, Teilnehmer des Teams aus Jena – Teil 2

Jessup Moot Court 2016 – Ein Erfahrungsbericht von Arne, Teilnehmer des Teams aus Jena – Teil 2

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Die Reise beginnt…

Den Anzug eingepackt, die Schuhe poliert und den dicken Ordner mit Gesetzen, Kommentaren und den Schriftsätzen im Gepäck ging es schließlich los. Mit dem ICE von Erfurt nach München. Direktverbindung. Und die erste Überraschung direkt noch im Erfurter Hauptbahnhof: Wir sitzen bei dem Team der Hertie School of Governance aus Berlin. Nach einem kurzen Kennenlernen und Austauschen vertiefen sich jedoch alle direkt wieder in die Unterlagen. Zu groß ist die Anspannung und Aufregung vor dem, was die nächsten Tage folgen wird. Schließlich kommen wir in München an. An den U-Bahn-Stationen begrüßen uns Wegweiser zum Jessup. Unser Hotel liegt glücklicherweise direkt neben der juristischen Fakultät der LMU München. Das bedeutet für uns: Kurze Wege, viel Zeit zum vorbereiten. Abends beginnen die nationalen Runden mit der Welcome Reception – zu dem ich völlig underdressed erscheine. Aber immerhin sind wir als komplettes Team underdressed, sodass man nicht alleine auffällt. Wir treffen auch die Hertie School wieder. Nach einleitenden Worten, Häppchen und Getränken wird es jedoch ernst: Die Schriftsätze unserer Gruppe werden ausgeteilt. Ab jetzt zählt es!

Und tatsächlich: Die Nacht wird damit verbracht, Schriftsätze zu lesen und die Argumente der Gegenseite zu entkräften. Und noch etwas steht im Fokus: Habe ich etwas bei mir übersehen? Sind die Argumente ähnlich? Allerdings kann schnell Entwarnung gegeben werden: Alle Argumente kennt man irgendwie schon, hat sich schon damit auseinandergesetzt. Mit dem Gefühl „das wird schon werden“ gehe ich dann auch irgendwann schlafen.

Die Nacht ist jedoch kurz, da die Aufregung viel zu groß war. Das erste Pleading wird für mich gegen das Team aus Bonn sein, die mit ihrem Schriftsatz schon für eine ordentliche Portion Respekt bei mir gesorgt haben. Wir sind 15 Minuten vor Beginn des Pleadings am Raum und lernen das Team aus Bonn schon mal kennen, und direkt ist man sich sympathisch. Jedoch ist die Nervosität allgegenwärtig und die Frage, ob die ganze Vorbereitung funktioniert. Schaffe ich es, meine Punkte in rund 21 Minuten anzusprechen? Schaffe ich es, die Gegenargumente zu entkräften? Und dann sind die Richter da und es heißt „All rise! The International Court of Justice is now in session!“

It’s time to shine.

Ich habe das zweifelhafte Vergnügen, als letzter der vier Redner meine Claims vorstellen zu dürfen. Knappe 65 Minuten muss ich darauf warten, reden zu dürfen und meine Aufregung steigt mit jeder Minute… Und dann ist auch dieser Moment da: “Good morning, Mr. President, your Excellencies. My name is Arne, and I will address the issues of Respondent’s 3rd and 4th submission.” Die auswendig gelernten Sätze. Endlich. Ich rede und rede und schaffe es tatsächlich irgendwie, nach 21 Minuten zu einem Ende zu kommen. Um die Erwiederung auf das Rebuttal kümmert sich meine Mitstreiterin Katja. Geschafft. Und jetzt heißt es warten, die Richter wollen uns ein kurzes allgemeines Feedback geben. Während wir warten werden mir nach Rücksprache mit den Coaches zwei Dinge klar: Niemals zuvor habe ich einen derart nervösen Eindruck gemacht und das Team aus Bonn ist unglaublich nett. Nach dem Pleading wird die Stimmung deutlich entspannter. Und auch das Feedback der Richterbank ist gut.

Nach einem kurzen Mittagsessen begleiten wir unsere Applicants zu ihrem ersten Pleading. Es geht gegen Bochum, die im Schriftsatz bereits einen starken Eindruck gemacht haben. Das Pleading wird, wie erwartet, schwer. Die Richterbank ist anspruchsvoll und grillt die Vertreter der Staaten regelrecht.

Doch auch dieses Pleading geht vorbei, und wieder ist die Erleichterung groß. Das Team aus Bochum hat einen sehr starken Auftritt hingelegt. Mit der Motivation, am Freitag noch besser zu sein, fangen wir an, die nächsten Pleadings vorzubereiten, die gegen die Teams aus Erlangen und Augsburg stattfinden werden. Und auch diese Pleadings werden noch einmal spannend und interessant.

Schließlich kommt das Announcement Dinner freitags und damit die große Ernüchterung für uns: Jena ist nicht weiter. Als Ausgleich wurde für die ausgeschiedenen Teams eine Entschädigungsparty organisiert, auf der DLA Piper großzügig Freigetränke ausgibt und für die die Möglichkeit bietet, die Anspannung der letzten Tage loszulassen und mit verschiedenen Richtern ins Gespräch zu kommen. Aber, da wir nicht die einzigen sind, für die der aktive Teil des Jessups vorbei ist, haben wir wenigstens die Gelegenheit, andere Teams kennen zu lernen und Kontakte zu knüpfen, während auf die verbleibenden Teams des Wettbewerbs weitere Memorials warten.

Ich besuche am Samstag noch das Halbfinale mit dem Team aus Bochum. Die Richterbank ist extrem prominent besetzt – sowieso ist die Dichte von bekannten Völkerrechtlern in München unglaublich hoch. Und auch dieses Pleading überzeugt, denn trotz aller schwierigen Fragen meistern die vier Staatenvertreter alle Hürden souverän. Das Finale verpasse ich leider, da dann doch etwas der Frust über die verpasste K.O.-Runde an mir nagt. Aber schließlich kommt ja noch das große Gala-Dinner, bei welchem nicht nur die verdienten Sieger geehrt, sondern auch allerlei Reden gehalten werden. Für mich ist es die Möglichkeit, neue Freunde (wieder) zu treffen, mit „meinen“ Richtern die Pleadings Revue passieren zu lassen und den Abend zu genießen.

Schließlich endet das Abenteuer Jessup Sonntag – nach einem Brunch mit dem amerikanischen Rechtsanwalt Schneebaum, der maßgeblich den Jessup weltweit organisiert und unterstützt, geht es zurück Richtung Jena.

Ein Kapitel geht zu Ende. Das Buch aber noch lange nicht!

Aber so endet der Jessup nicht. Was mich nachhaltig begeistert, sind einerseits die Erfahrungen, die man machen kann. Das Jurastudium ist leider viel zu wenig auf die Praxis, auf Rhetorik und Argumentation ausgerichtet. Der Jessup hat mir die Möglichkeit gegeben, juristische Argumentation aufzubauen und praktisch zu vertreten. Andererseits hat er neue Bekanntschaften und Freundschaften gefördert. Dass ich als Student der FSU Jena auf dieser Plattform einen Gastbeitrag schreiben kann, ist dem Jessup zu verdanken. Ich werde dem Jessup auch an meiner Universität treu bleiben und das neue Team, soweit es geht, unterstützen. Und hoffentlich werde ich im nächsten Jahr nach Passau fahren können und dort alte Gesichter wiedersehen. Doch schon jetzt kann ich sagen, dass der Jessup nicht nur für die wenigen, die es nach Washington schaffen, eine großartige Erfahrung ist, sondern dass jeder, der teilnimmt, eine unvergessliche Zeit erleben wird. In diesem Sinne hoffe ich, in Passau nicht nur alte Gesichter, sondern daneben eine Reihe neuer Gesichter zu treffen, die die „Jessup-Familie“ bereichern.


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