Jessie Ware: Black is the new white

Jessie Ware: Black is the new whiteJessie Ware
„Tough Love“
(Island/Universal)
Ganz ohne Zweifel hat auch der weiße und weibliche Pop, wenn man diesen etwas ungelenken Ausdruck verwenden will, in den achtziger und neunziger Jahren Großes hervorgebracht – Namen wie Cyndie Lauper, Madonna, Annie Lennox, Kate Bush, Björk, alles Erfolge, die sich nicht wegdiskutieren lassen. Rückblickend haftet ihnen allerdings der Makel an, dass sie sich strikt an das bevorzugte Raster hielten und eben hauptsächlich weiße Musik lieferten, aus jenen Tagen stammt denn auch der Gegensatzbegriff Black Music, der heute noch beim leidlich sortierten Großdiskounter die Fronten teilt und dem kenntnisfreien Gelegheitskäufer als Orientierungshilfe dient. Unnötigerweise, denn eine so klare Trennung ist Gott sei Dank gar nicht mehr gefragt – längst gilt es unter Produzenten und Musikern als zeitgemäß und schick, arrivierte Hörgewohnheiten mithilfe von modernen Spielarten des Soul, RnB und Jazz aufzubrechen, Namen wie Lorde, Hannah Reid, Banks, La Roux, Joan Wasser zeugen davon, dass der weiße Pop mittlerweile reichlich Farbe bekommen hat.
Auch bei Jessie Ware hat man es eher mit fließenden Grenzen zu tun, auch sie schöpft virtuos aus vielerlei Quellen und gibt ihren Songs so reichhaltige Schattierungen auf den Weg, dass eine Kategorisierung wie oben vermerkt kaum möglich ist. Wie auch schon bei ihrem vielbeachteten Debüt „Devotion“ vertraut die Londonerin, die als Sidekick von Aaron Jerome’s SBTRKT zu ersten Meriten gelangte, ihrem Weggefährten Dave Okumu von The Invisible, Benny Blanco schrieb ihr die Hälfte der Stücke und auch Miguel und Dev Hynes haben sich auf die Gästeliste setzen lassen. Neben dem gefühligen Titeltrack gelingen ihr so ganz wunderbar eingängige Pophymnen – „You And I (Forever)“ zeigt, wie man einen Haim-Song in Eigenregie hinbekommen kann und der Wonderboy resp. Teenieschwarm Ed Sheeran darf Ware samt fettem Gospelchor zum Liebesschwur „Say You Love Me“ begleiten.
Black ist hier, wenn man so will, fast alles, die kitschfreinen, souligen Balladen wie „Sweetest Song“ und „Pieces“ und vor allem der feine Rhythm and Blues von „Cruel“ und „Kind Of … Sometimes … Maybe“, Stücke, die sowohl von Ware‘s raumgreifender Stimme als auch von den sorgsam angereicherten Synthpopmelodien leben und die – wie gute Popsongs eben – lange im Gedächtnis haften bleiben. Ähnlich wie der Kollegin Banks liegt auch ihr das große Drama, der Klagegesang näher als die locker leichte Tanznummer, daran hat auch ihre kürzliche Ehe nichts geändert: „I’ve been pretty happy for the last four years, you know, but my voice lends itself better to bittersweetness. I want to stay true to myself. That’s the music I wanna make. And I hope being in love and being a married woman won’t change that.” Der Track, den sie auf dem neuen Album „Wonder Where We Land“ von SBTRKT featured, „Problem (solved)“ also, zählt übrigens auch dort zu den besten und klingt, wen wunderts, so schwarz wie die von Buddy Sampha. www.jessieware.com
02.02.  München, Ampere
03.02.  Hamburg, Mojo
06.02.  Berlin, Astra Kulturhaus
10.02.  Köln, Gloria

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