Standest Du schon einmal vor einer beruflichen Katastrophe? Einen Scherbenhaufen? Nichts ging mehr – weder vor, noch zurück. Klar! Aufstehen – Staub abklopfen – Weitermachen. Das ist schnell gesagt bzw. geschrieben. Doch wie geht man wirklich vor, wenn der Worst-Case eintritt? Was ist der beste nächste Schritt? Nach dem Lesen des Buches Master of Desaster interviewte ich die Autorin Sabine Zehnder. Neben beruflichen & privaten Katastrophen sprachen wir über IT-Projekte, falsche Hartnäckigkeit und Yoga.
Hallo Sabine Zehnder. Stellen wir an den Anfang unseres Interviews eine Katastrophe. Wann hattest Du Dein letztes Desaster?
Auf welchem Weg hast Du diese Katastrophe erkannt, in Angriff genommen und schließlich überwunden?
Nun, ich habe erkannt, dass irgendwann der Punkt erreicht war, an dem alles so eng getaktet war, dass nichts mehr schiefgehen durfte. In dieser Phase neige ich dazu, mir bereits zu überlegen, wie ich meine Prioritäten setzte, falls der Worst-Case eintritt. Konkret habe ich zuerst die Projektsituation behoben und mir danach frei genommen, um mein Buch zu schreiben. Parallel habe ich mich engmaschig mit den Ärzten abgestimmt, die mich dabei unterstützt haben, die Risiken abzuschätzen, gerade im Kontext des hohen beruflichen Stress. Ich habe alles bewältigen können und fristgerecht abschließen können, so dass ich nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt den Urlaub des Jahres nachgeholt und mich für vier Wochen an den jamaikanischen Strand gelegt habe. Auch um darüber nachzudenken, wie ich eine derartige Situation in Zukunft vermeiden kann. Lessons Learned, sozusagen.
Nicht immer muss man überall weitermachen. Wann empfiehlst Du im privaten oder beruflichen Leben bewusst nicht dranzubleiben, also aufzuhören?
Für mich steht bei allem klar der Nutzen im Vordergrund. Damit meine ich allerdings nicht explizit monetären oder materiellen Nutzen. Wenn mir etwas große Freude bringt oder mich persönlich erfüllt, ist absolut ein Nutzen gegeben und ich betreibe die jeweilige Sache leidenschaftlich. Sobald ich aber erkenne, dass nur Zeit vergeht, meine Gesundheit leidet, oder am Ende sogar etwas auf der Strecke bleibt, dass mir wichtig ist, steht die Priorität schnell fest. Ich habe ein sehr destruktives, aber hochdotiertes Projekt einmal gegen ein weniger gut bezahltes eingetauscht, in dem meine Arbeit äußerst geschätzt wurde. Nicht jeder meiner Kollegen konnte das nachvollziehen, für mich war dieser Wechsel keine große Überlegung wert.
Ich habe ein sehr destruktives, aber hochdotiertes Projekt einmal gegen ein weniger gut bezahltes eingetauscht, in dem meine Arbeit äußerst geschätzt wurde.
Studiert hast Du technische Informatik in Würzburg, warst auch in mehreren Projekten verantwortlicher Leiter für diese Themen. Weshalb der Schwenk raus aus der aktuell boomenden Digitalbranche?
Die häufigste Ursache für Schwierigkeiten bei der Abwicklung eines IT-Projektes sind meiner Erfahrung nach immer menschliche Probleme. An Knowhow mangelt es selten und wenn, wäre das meistens einfach zu beheben. Jedoch einem Konflikt ins Auge zu sehen, mit allen zu sprechen, auch mit den unangenehmen Charakteren, das macht den Unterschied. Daher habe ich mich für die nebenberufliche Ausbildung zum Diplom Coach entschieden, um im Projekt insbesondere die Themen Konfliktmanagement und Führung für mich zu professionalisieren.
Dein Buch Master of Desaster ist ein Ratgeber, ohne dabei Ratschläge zu verteilen. Mit welcher Grundeinstellung bist Du an den Schreibprozess gegangen?
Jedes Problem, das man kennt, kann man lösen. Etwas, das für mich ein Problem darstellt, muss aber nicht zwangsläufig für jemand anderen ein Problem darstellen. Etwas, das für mich eine Katastrophe ist, ist für einen anderen gerade einmal eine Randnotiz. So ist es in vielen Situationen des Lebens, beruflich wie privat. Dieser Umstand ist übrigens ein Häufiges Übel, wenn es um Konflikte oder Missverständnisse geht.
Als ich mein Buch geschrieben habe, hatte ich mir diesen Grundsatz als stetige Arbeitsprämisse gesetzt, um einen Text zu verfassen, der für verschiedenste Menschen nützlich ist.
Als Ausgleich zu Deinem Job als Berater, Coach und Speaker praktiziert Du Yoga. Was können Consultants aus den geistigen und körperlichen Übungen für ihre Profession mitnehmen?
Zu Beginn meiner Arbeit als Junior Consultant bin ich dem hohen Stresspegel mit vielen einzelnen Tricks und Strategien begegnet. Yoga war für mich eher eine Art Hokuspokus. Irgendwann habe ich mich mit einem anderen Berater ausgetauscht, der sagte „mach doch einfach Yoga“. Und recht hatte er. Es verbindet alles, was man im Job baucht: Gelassenheit, die die beste Prävention gegen Stress ist, hohe Konzentrationsfähigkeit, auch, wenn es um das Abschalten am Ende eines anstrengenden Tages geht, sowie körperliche wie mentale Geschmeidigkeit, und damit Flexibilität, auch wenn es mal schwierig wird.
Die häufigste Ursache für Schwierigkeiten bei der Abwicklung eines IT-Projektes sind meiner Erfahrung nach immer menschliche Probleme.
Du hast als Informatikerin begonnen, bist jetzt Unternehmerin mit der eigenen Firma project [re]animation. Was ist Deine nächste Station?
Als Beraterin habe ich das Glück, einen Beruf zu haben, der meine große Leidenschaft, die permanente Weiterentwicklung sehr gut unterstützt. Daher habe ich immer wieder den Gedanken, ein weiteres Buch zu verfassen. Diesmal das Projektmanagement Pendant, quasi „Master of Desaster. Das Projektmanagement-Buch.“.
Besten Dank für Deine Zeit und die geteilten Erkenntnisse. Eine gute Woche ohne Desaster.
Das Interview führte Christopher Schulz mit Sabine Zehnder per E-Mail, 10. Oktober 2019
Zur Person Sabine Zehnder
Sabine Zehnder ist Diplom Informatiker und Coach. Ihre Profession ist es, schwierige IT-Projekte zu leiten und wieder zu guten Ergebnissen zu bringen, wenn diese feststecken. Dabei setzt sie neben klassischen Managementmethoden auch Coaching-Methoden ein. Ihr erstes Buch Master of Desaster. Weil Aufgeben keine Option ist. ist passend zu ihrem Beruf als Beraterin ein Selbstmanagementbuch geworden.