Ich klappe das Buch zu und mache die Leselampe am Bett aus. Klack. Schlafenszeit. „Gute Nacht mein Schatz“, flüstere ich dem feinen Herren zu, bevor er mir einen letzten Kuss für heute auf den Mund schmatzt. Ich klettere vom Bett und drücke auf meinen alten Kassetten-Rekorder. Die noch ältere Otto-Kassette dreht schwurbelnd ihre Runden. Das war´s. Leise ziehe ich die Tür zu, das Licht lasse ich an, während die ersten Holadihiti-Witze losblöken. Zum Einschlafen muss es Otto sein. Und Dämmerlicht. Tja nun.
Für mich ist nun die kinderfreie Zeit angebrochen. Diese wertvolle Stunde zwischen Bettfertig machen und Pärchenzeit. Und trotzdem denke ich an die Kinder und ihre ganz individuellen Einschlafrituale.
Meistens bringe ich den feinen Herrn ins Bett. Ich liebe es, wenn wir aneinander gekuschelt im Bett liegen und ich 1-2 Kapitel aus „unserem“ Vorlesebuch lese. Zur Zeit ist es „Gespensterjäger“ von Cornelia Funke. Die Geschichte einer großen Freundschaft zwischen einer älteren Dame, einem Gespenst und einem kleinen Jungen, die zusammen ganz furchtlos und mit viel Einfallsreichtum die gruseligsten Spukerscheinungen bekämpfen. Lesen ist unsere gemeinsame Zeit, die wir sehr miteinander genießen. Und wenn ich dann auch noch so wundervoll geschreiben und spannende Abendteuer vorlesen darf, so dass die gesprochenen Dialoge nur so flutschen, macht es noch doppelt so viel Spaß.
Schon immer brauchte der feine Herr eine Melodie, ein Lied und später eine Geschichte zum Einschlafen. Ich weiß noch, wie er ganz klein war, und mir beim Vorsingen und -lesen an meinen langen Haaren zog. Aua aua aua. Manchmal sah meine Frisur danach aus wie ein Nistplatz erfindungsreicher Vögel. Ansonsten brauchte HerrSjardinski nur noch sein Meer aus Kuscheltieren. Er hat gefühlt 100 ins seinem Bett.
Der Rabauko ist da wieder ganz anders. Er lässt sich am liebsten vom Papa in den Schlaf begleiten. Nur manchmal verlangt er nach Mama. Dann setze ich mich an sein Bettchen und versuche ihm etwas vorzulesen. Doch meist ist er zu müde. Oder er kann dem Vorlesen noch nicht sehr viel abgewinnen. Die Tiere aus seinem Buch „Ins Bett gesteckt und zugedeckt“ puzzelt er aber gerne noch ins richtige Bettchen und deckt sie zu. Denn puzzeln liebt er und für diese liebevolle Geste bedarf es keiner großen Worte. Ansonsten braucht der kleine Kerl seine Schnarchgeräusche und seinen Nunu.
Schon als kleines Baby mochte der Rabauko kein Singen und auch keine Spieluhr. Nur die Schnarchgeräusche, dieses Ssssscccchhhhht des Babyshushers, konnten ihn beruhigen. Und damals wie heute muss der Rabauko beim Einschlafen Körperkontakt halten und am Hals rumknibbel und zwicken. Autsch!
Jeder meiner Jungs hat sein ganz besonderes Ritual. Jeder seine ganz individuellen Schlafgewohnheiten. Der feine Herr braucht lange bis er schläft. Der Rabauko ist in wenigen Minuten weggeschlummert. Und während der HerrSjardinski nachts poft wie ein Stein, wacht der Rabauko mindestens 2 – 3 Mal auf. Jede Nacht.
Dann tapst er mit seinen nackten Füßchen ins Schlafzimmer und kuschelt sich unter meine Decke. „Bei dir sein“, murmelt er dann. Und seine kleine warme Hand sucht meinen Hals um ihn zu kneten und zu kneifen. Nur dann kann er weiter träumen. Und ich auch.