Ihr Lieben,
heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte von Markus Hartenstein erzählen:
„Es ist Nacht. Ich habe Angst.
Ich habe geträumt: Da kommt ein großer Sturm! Ich kann den Wind hören. Ich sehe die weißen Wellen. Sie kommen auf mich zu. Sie sind so hoch wie ein Haus. Ich sitze in einem Boot.
Die Wellen sind viel größer. Sie kommen in mein Boot. Der Wind schüttelt mein Boot.
Ich kann mich nicht mehr festhalten. Die Wellen sind stärker. Der Wind ist stärker.
Ich habe große Angst. Da bin ich aufgewacht. Es ist Nacht.
Ich rufe nach meinem Vater. Er schläft.
Ich steige aus meinem Bett. Ich gehe zu ihm hin.
Ich wecke meinen Vater auf.
Ich erzähle ihm den Traum und dass ich Angst habe.Er legt seinen Arm um mich. Ich bin ganz nahe bei ihm.
Er sagt: „Es ist gut, dass Du gekommen bist. Jetzt können wir miteinander sprechen.
Du kannst mir alles erzählen. Dann ist die Angst nicht mehr so schlimm.“
Er sagt auch: „Jeder Mensch hat Angst. Nicht nur im Traum. Ich habe auch Angst.“Ich frage meinen Vater: „Was machst Du, wenn Du Angst hast?“
Er sagt: „Ich spreche mit einem Freund. Der lacht mich nicht aus. Der hat mich gern.
Der versteht mich.“Ich frage meinen Vater: „Ist die Angst dann weg?“Er sagt: „Nein, die Angst ist nie ganz weg. Aber sie ist dann nicht mehr so schlimm.
Wer einen Freund hat, der ist gut dran. Der ist nicht allein. Der kann sagen:
„Hilf mir, ich habe Angst.“
Ich frage meinen Vater: „Und wer keinen Freund hat? Was macht der?“Er sagt: „Der ist mit seiner Angst allein. Das ist schwer. Der kann mit niemand darüber sprechen."
Jeder Mensch braucht einen Menschen, der ihn gern mag, der ihn lieb hat, der ihm hilft, der mit ihm spricht, der ihm eine Freude macht.“Mein Vater sagt: „Jetzt schlaf wieder ein. Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“
Ihr Lieben,
Angst ist etwas, dessen man sich nicht schämen muss.
Angst hat jeder Mensch in seinem Leben.
Immer wieder erlebt jeder von uns Zeiten, in denen er Angst hat, Angst vor einer Prüfung, Angst vor dem Chef, Angst vor einer Krankheit, Angst zu verunglücken, Angst vor der Zukunft, Angst davor, zu versagen, allgemeine Lebensangst.
Das besonders Schlimme an der Angst ist die Tatsache, dass wir meinen, wir müssten unsere Angst verbergen, wir müssten uns unserer Angst schämen.
Das hat vor allem seinen Grund darin, weil wir meinen, nur wir und höchstens noch einige andere Menschen hätten Angst. Aber das ist nicht wahr! Angst ist ein Zustand, den bisweilen jeden Menschen erfasst. Es gibt allerdings Menschen, die können ihre Angst gut verbergen und wir glauben dann, diese Menschen würden keine Angst kennen.
Wir müssen vier Dinge beachten, wenn wir wollen, dass die Angst in unserem Leben nicht überhandnimmt, wenn wir die Angst, wie man so schön sagt, „im Griff behalten“ wollen:
Das Erste ist, dass wir genau feststellen, um was für eine Angst es geht.
Sobald unsere Angst einen Namen hat, ist unsere Angst dann im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr „namenlos“.
Denn die „namenslose Angst“ ist die schlimmste Angst.
Das Zweite ist, dass wir uns der Angst stellen.
Wenn wir vor der Angst weglaufen, wird sie immer größer.
Eine Angst kann man nur besiegen, indem man sich ihr stellt oder ihr entgegengeht.
Sie verschwindet zwar nicht ganz, wird aber beherrschbar.
Man kann mit ihr dann wie mit einem Haustier leben.
Das Dritte ist, dass wir uns vorstellen, unser Leben sei ein großer Raum.
Ein Raum ist immer mit etwas angefüllt. Wenn wir nichts dagegen unternehmen, dann nimmt die Angst den ganzen Raum unseres Lebens ein und dann nimmt sie uns die Luft zum Atmen.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass unser Lebensraum mit vielen anderen guten Dingen angefüllt ist: Mit Liebe, mit Zuversicht, mit Hoffnung, vor allem mit Freude.
Und je mehr wir von diesen wundervollen Dingen in unser Leben hineinlassen, desto weniger Platz ist für Angst in unserem Leben. Man kann Angst also auch dadurch besiegen, dass man ihr keinen Platz mehr im eigenen Leben einräumt.
Das Vierte ist, dass wir uns einen Menschen suchen, einen vertrauten Menschen, das kann Vater oder Mutter sein, das kann der Partner oder die Partnerin sein, das kann ein guter Freund, eine gute Freundin sein. Wenn wir Angst verspüren, ist es wichtig, sich einem vertrauten Menschen zu öffnen und mit ihm über unsere Angst zu sprechen.
Ein solcher vertrauter Mensch ist wichtig für uns, bei ihm fühlen wir uns geborgen und geliebt und unsere Angst wird dadurch kleiner.
Ihr Lieben,
ich wünsche Euch, dass Ihr möglichst wenig Angst habt und dass Ihr lernt, mit Eurer Angst umzugehen und mit ihr zu leben.
Ich wünsche Euch von Herzen viel Freude in Euer Herz, ganz viel Hoffnung und Zuversicht und einen ganzen Waggon Liebe.
Ich wünsche Euch außerdem einen fröhlichen Sonntag und grüße Euch herzlich vom Weserstrand
Euer heiterer Werner
Quelle: Karin Heringshausen