“Je mehr im Hirn drin ist, desto mehr passt hinein”

Der führende deutsche Hirnforscher Manfred Spitzer hat bei der Industriellenvereinigung Salzburg über Lernen von jungen und älteren  Mitarbeitern gesprochen.

SN: Herr Professor Spitzer, älteren Arbeitnehmern wird ständig gesagt, irgendwann werde die Wirtschaft sie dringend benötigen. In Wirklichkeit werden sie in die Frühpension geschickt.

Spitzer: Wir gehen mit der Erfahrung der Älteren ganz schlecht um. Denn die Unternehmen werden diese Erfahrung brauchen. Man kann die Älteren auch nicht bitten, schreibt doch alles auf, was ihr wisst. Erfahrung ist oft nicht in Worte zu fassen, sondern der Mitarbeiter sagt: Ich habe das Gefühl, das machen wir besser so . . .

Jemand, der jahrelang eine Maschine steuert, kennt sie in- und auswendig. Der hört einfach, wenn irgendetwas nicht richtig läuft. Er weiß sofort, was er tun muss, aber er kann das nicht in eine Erfahrungsdatenbank seines Unternehmens eingeben.

Das Einzige, was dieses Wissen erhält, ist, dass man dem Älteren einen Jüngeren an die Seite stellt, der lang genug Zeit hat, sich dieses Wissen genauso anzueignen. Das geht beim Jüngeren schneller, daher wird er den Älteren irgendwann eingeholt haben. Aber er wird es begierig lernen und der Ältere wird es ihm gern weitergeben, weil er sich wertgeschätzt fühlt: Die nehmen mein Wissen ernst und sie sorgen dafür, dass ich es weitergeben kann.

SN: Innovationsprozesse müssen aber heute schneller gehen. Heißt das nicht, dass die Unternehmen tatsächlich mehr Junge brauchen?

Spitzer: Da gilt, was Alexander von Humboldt für die Universität gesagt hat: Junge Menschen haben wenig Erfahrung, sind aber schnell im Kopf. Ältere haben viel Erfahrung, sind aber ein wenig langsamer im Kopf. Wenn Sie sich Problemlösungen anschauen von einer Gruppe von jungen Leuten, dann haben die sehr schnell eine Lösung; ob sie taugt, ist eine andere Frage. Ältere Menschen brauchen länger für die Lösung, die ist vielleicht nicht so innovativ, aber sie taugt in jedem Fall etwas.

Jemand, der jahrelang eine Maschine steuert, kennt sie in- und auswendig. Der hört einfach, wenn irgendetwas nicht richtig läuft. Er weiß sofort, was er tun muss, aber er kann das nicht in eine Erfahrungsdatenbank seines Unternehmens eingeben.

Wir müssen also Ältere und Jüngere zusammentun, wie an der Universität: Die jungen Studenten haben viele Ideen, der alte Professor weiß, was tauglich ist.

SN: Bleibt das Faktum, dass die Jüngeren schneller sind. Das zählt heute am meisten.

Spitzer: Junge Menschen lernen anders als ältere. Junge lernen alles von Anfang an, sie können ihr Hirn schnell verändern, daher lernen sie alles neu. Ältere Menschen – damit meine ich alle über 18 oder über 20 – krempeln beim Lernen nicht ihr ganzes Hirn um, sondern sie lernen, indem sie an Bekanntes etwas anhängen. Wer schon fünf Sprachen kann, lernt die sechste schnell. Wer schon fünf Maschinen gesteuert hat, lernt das bei der sechsten schnell.

(Salburger Nachrichten, 6.2.2014)



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