Terry Pratchett und mein Kollege sind sich einig: "Genial!" ist Jasper Fforde, von dem ich bislang noch nichts gehört hatte. Bei solchen Gefühlsausbrüchen wurde auch ich neugierig, also ging es dem Fall Jane Eyre direkt nach der Lektüre derselbigen an die Seiten.
Leider dauert es etwas, bis die Besagte endlich auftaucht, und leider nur zu kurz, viel mehr Gewicht wird auf Edward Rochester gelegt. Das ist einer der wenigen Wehrmutstropfen an meiner neuen Buchentdeckung.
Doch zuerst zur Geschichte:
Thursday Next ist Agentin, und zwar der hinterletzten Special Operations-Einheit, den Literaturagenten (SpecOp-27). Normalerweise drücken diese meist nur den Drehstuhl, um Originalfälschungen zu überprüfen, was, bei aller Liebe zur Literatur, doch gewaltig an das gähnend-langweilige, deutsche Beamtentum erinnert. In den höheren Rängen steppt jedoch der Bär und genau in einen solchen (SpecOp-5) verschlägt es unsere Heldin, als sie zu hochbrisanten Ermittlungen hinzugezogen wird.
Der Grund: Sie ist die einzige Person, die den grundlos Bösen Archeros Hades jemals zu Gesicht bekommen hat, der zur Zeit sein Unwesen im Britischen Königreich treibt. Um ihn identifizieren zu können, wird sie nun bei den Überwachungseinsätzen mitgeschleppt und prompt läuft ihnen der Schuft über den Weg, der gerade erst das Originalmanuskript von Dickens Martin Chuzzlewit entwendet hat und damit die Regierung selbst erpresst.
Und Klappe! würde J.J. Abrams schreien, denn jetzt geht es richtig los. Der heißblütigen Thursday sind Vorschriften nämlich reichlich egal, anstatt Verstärtkung abzuwarten, ergreift sie die Gelegenheit und will den Oberschurken stellen. Doch Literaturfeind Nummer 1 macht es ihr alles andere als leicht und ehe sie sich versieht, hat sie zwei tote Kollegen und von Hades keine Spur.
So alt wie das geschriebene Wort, ist schließlich auch die Vorstellung eines gottgleichen Autors, dessen Werk tatsächlich so eine schöpferische Kraft besitzt, dass die Figuren in unserer Welt auftauchen. Oder wir in ihrer.
Deshalb verwundert es wenig, dass Hades sich die Helden aus der literarischen Klassik zur Geisel nimmt und damit das beste Druckmittel in dieser Gesellschaft hat. Natürlich vergreift er sich an keiner Geringeren als Jane Eyre.
Jasper greift gekonnt eine tatsächlich seltsam anmutende Stelle aus Brontës Werk heraus und nutzt sie, um dem Plot eine neue Wendung zu geben (so wie wir sie nun kennen).
So fragt man sich tatsächlich einen kleinen Moment, ob die ganze, irrwitzige Geschichte nicht tatsächlich wahr sein könnte. Für diese Meisterleistung verneige ich mich um ganze 42 Grad, mein lieber Herr Fforde!
Ich wurde nicht gerade von Lachkrämpfen geschüttelt wie bei Douglas Adams, wenn die dussligen Vogonen poetisch werden oder der manisch-depressive Roboter Marvin mal wieder in eine Sinnkrise stürzt. Trotzdem musste ich immer häufiger schmunzeln und auch meine Augenbrauen hatten einen amüsierten Wellengang.
Zeitsprünge, schwarze Löcher und Laserguns vollenden das Raum-Zeit-Kontinuum des absurd-komödiantischen Science-Fiction-Romans.
Wer Bücher mag, wird dieses Buch lieben. Schließlich sind sie hier das hehre Gut, um das sich ganze Generationen prügeln. So entstehen z.B. bibliophile Sekten, die sich ausschließlich mit der Streitfrage um die wahre Autorenschraft der Shakespeare-Werke beschäftigen (hier gibt es übrigens zum Schluss eine süffisant-komische Erklärung).
Vergessen wir die Impressionisten, hier spielt nur noch die Literatur eine Rolle!
Ist euch eigentlich schonmal aufgefallen, dass Zukunftsromane immer entweder in das unendlich Düstere oder aber gar ins schultzerzuckend Lächerliche abdriften?
Wenn die Apokalypse naht, kann man sich wohl nur auf eine eindeutige Gemütsseite schlagen. Anders erträgt man das Drama ja nicht. Das dürfen wir dieses Jahr dann bis zum 21. Dezember fleißig üben.
Ich für meinen Teil halte mich an Douglas Adams: Macht's gut und danke für den Fisch!