Jason Segel ist “Jeff, der noch zu Hause lebt”

Erstellt am 9. Juli 2012 von Denis Sasse @filmtogo

© Paramount Pictures / Jason Segel als Jeff (links) und Ed Helms als Pat (rechts) in “Jeff, der noch zu Hause lebt”

Sollte es bei den Regiebrüdern Mark und Jay Duplass ähnlich emotional verarmt zugehen wie zwischen Jeff und Pat, den Hauptfiguren in ihrem neuesten Film „Jeff, der noch zu Hause lebt“, muss man sich Sorgen um die Beiden machen. Aber vielleicht haben sie auch irgendwann eine seelische Reise gemacht, sind kleinen Zeichen durchs Leben gefolgt um brüderlich zueinander zu finden. Das klingt gar nicht mal so lustig, ist es größtenteils auch nicht. Bereits mit „Cyrus“ entwarfen die Duplass-Brüder einen Film, der Komödiendarsteller mit melodramatischen Situationen konfrontierte. So bleiben auch Jason Segel („Die Muppets“) und Ed Helms („Hangover“) dieses Mal relativ zahm, was allerdings nicht als schlechtes Vorzeichen gewertet werden muss.

Aber eines bleibt gleich: Jason Segel spielt erneut den charmanten Herumtreiber, der sich lieber volldröhnt als dem Ernst des Lebens zu verfallen. Er ist Jeff, er ist arbeitslos und er lebt mit 30 Jahren immer noch bei seiner Mutter – weiter hat er es im Leben noch nicht geschafft. Auch seiner besorgten Mutter Sharon (Susan Sarandon) gehen langsam die Ideen aus, wie sie ihren trägen Sohn dazu bringen könnte, endlich seinen eigenen Weg zu gehen und auszuziehen. Fern von der Verwirklichung ihrer eigenen Träume, bleibt ihr nur noch tagtäglich die Hoffnung, dass Jeff zumindest die kleinen Aufgaben im Haushalt erledigt hat, bevor sie abends von der Arbeit nach Hause kommt. Aber für Jeff ist das Leben alles andere als einfach.

Ed Helms als Pat (rechts) und Film-Ehefrau Linda, gespielt von Judy Greer (links)

Denn, so steht es zu Beginn als Zitat von Jeff geschrieben, jeder und alles ist in diesem Universum miteinander vernetzt. Wenn du ein reines Herz behältst, wirst du die Zeichen deuten können. Und wenn du dann diesen Zeichen folgst, wirst du dein Schicksal erfahren. Und so beginnt Jeffs Reise, als ihm ein Teleshopping-Verkäufer erzählt, dass er sofort zum Telefonhörer greifen soll und das Telefon just in diesem Moment auch beginnt zu klingeln. Eine erzürnt klingende Stimme fragt nach einem Kevin, der in diesem Haus allerdings gänzlich unbekannt ist. Somit steht für Jeff fest, dass sein weiteres Schicksal in den Händen eines Kevins liegen wird. Immerhin hat Jeff damit ein konkretes Ziel. Natürlich dürfen sein Bruder und seine Mutter, mit ihren festen Jobs, über den Nichtsnutz lästern oder sich Sorgen machen, aber im Endeffekt sind ihre Leben keinen Deut besser. Pat ist ein egoistisches Arschloch, der seiner Frau schon lange keine Beachtung mehr schenkt, viel mehr auf sein neuestes Glanzstück – einen Porsche – fixiert ist. Ganz gleich welches Schicksal dem Vehikel auch wiederfährt, Pat sieht in dem Wagen sein ein und alles. Und Mutter Sharon, selbst davon überzeugt bereits alt und hässlich zu sein, lässt sich auf der Arbeit von einem heimlichen Verehrer bezirzen. Und schon hat auch sie ihr zu verfolgendes Ziel: Sie will herausfinden wer der Geheimniskrämer ist um die Ernsthaftigkeit seiner Absichten auf die Probe zu stellen.

Susan Sarandon als Mutter Sharon

Somit driften alle drei Familienmitglieder durchs Leben. Der Bruch war der Tod des Vaters und Ehemanns, der die Mutter mit den beiden Söhnen allein gelassen hat. Wenn Jeff und Pat sich auf dem Friedhof, vor dem Grab ihres Vaters, über gemeinsame Träume unterhalten und fast schon wieder zueinander finden, dann aber in einen Streit verfallen und beginnen sich zu raufen, dann kommt auch gleich die Bandbreite der schauspielerischen Leistungen zum Vorschein. Sowohl von Jason Segel als auch von Ed Helms hätte man zwar ein solches Können erwartet, aber beide Darsteller durften es bisher nicht in dieser Form zeigen. So treffen Segels naive Leichtigkeit und Helms‘ bissiger Zynismus aufeinander, nur um danach in emotionaler Gemeinsamkeit ineinander über zu gehen. Dabei wirkt der Film der Duplass-Brüder niemals kitschig, sondern bleibt einer möglichst realitätsnahen Gefühlsebene treu. Es kommt ihnen sicherlich zu Gute, selbst als Brüderpaar für die Inszenierung und das Drehbuch verantwortlich gewesen zu sein. Vielleicht ist es auch ihr eigenes gutes Verhältnis zueinander, welches es unmöglich gemacht hat, den Film böse enden zu lassen. Schon in den ersten Minuten wird klar, dass die zerrüttete Familie wieder zueinander finden muss. Aber so vorhersehbar das Ende auch sein mag, so gut wird es und der Weg dorthin erzählt.

Insofern ist „Jeff, der noch zu Hause lebt“ eine positive Überraschung. Lässt der Titel noch darauf schließen, dass es hier um einen erfolglosen Herumtreiber geht, der seine Zeit unter dem Dach seiner Mutter verbringt, zeigt sich der Film als komödiantisch-melodramatische Erzählung einer Familie, bei der jedes Mitglied immer wieder kleinen Zeichen folgt um zu einem neuen Lebensweg zu finden. Die Kamera fängt diese Momente immer wieder ganz nah ein, lässt die Zuschauer ins tiefste Innere der Figuren blicken, mit denen man schnell eine Bindung eingeht. So freut man sich wenn die Brüder gemeinsame Momente teilen, aber auch wenn die Mutter sich in ein für sie ungewöhnliches Abenteuer stürzt.

Denis Sasse


“Jeff, der noch zu Hause lebt“