Japanischer Pop (Fundstück)

Früher riss ich meine Post, die vor allem aus Werbesendungen besteht und überhaupt nicht aus Liebesbriefen, mit meinen Fingern auf. Das sah hässlich aus. Auf der Suche nach einem geeigneten Brieföffner fand ich im Internet-Auktionshaus Ebay ein kleines Samurai-Schwertlein. Inzwischen thront es auf meinem Fernseher. Manchmal vergesse ich freilich, es zu benutzen. Made in China steht darauf und: Stainless Steel. Ich übte, das etwa zwölf Zentimeter lange Schwert blitzschnell aus seiner Scheide zu ziehen und elegant dorthin zurückzustecken. Mit martialischen Schreien und grausamem Gesichtsausdruck stampfte ich – das Schwertlein schwingend – in meinem Zimmer umher und dachte an den toten Toshiro Mifune und den toten Akira Kurosawa. Von ihrem lebenden Landsmann, Tomoyasu Hotei, dem Rocksänger, habe ich mir über CD Japan im Internet eine Platte bestellt. CD Japan ist schlau und schreibt Gift auf die Päckchen, weswegen der Zoll enttäuscht ist, wenn keines sich darin befindet und er mich auch sonst nicht weiter abrippen kann. So kam Hoteis Livekonzert mit ein paar Remixen bei mir an, das Booklet fast ganz auf Japanisch. Erstaunlich, wie makellos immer alle Sendungen aus Japan verpackt sind. 
Viel besser klingt übrigens Chara, die habe ich danach bestellt, und sie müsste unbedingt im Westen entdeckt werden, macht sie doch so zauberhaft modernen Pop. Sie hat eine süße Mädchenstimme voller Ich blas dir wann immer du willst einen und kuschel mich an dir zu Tode-Sex.  Vielleicht haben Sie eine japanische Videothek in Ihrer Nähe, da könnten Sie dann mal hinlaufen und versuchen, sich einen Film mit ihr zu leihen oder eine Musiksendung mit ihren Titeln. Meine dritte CD aus Japan ist von Hinano Yoshikawa, die so lecker schmecken dürfte wie mein mit Kandiszucker versehener Jasmintee, wenn er warm ist. Hinanos Debütscheibe heißt I am pink. Auch sie in einer festen Papphülle um die Kunstoffbox mit der CD herum, und die ist schön pink mit einem Herzen drauf. Im Booklet malt sich Hinano die Augenbrauen an, isst Spaghetti und trägt dieses Kleid, das aussieht, als wäre es aus deutschen Geschirrspültüchern gemacht, diesen Fummel, den wohl 80 Prozent der Japanerinnen lieben und der doch wahrhaftig an ihnen auch sexy ist. Hinano ist eine Kindfrau. Weil gute Frauen irgendwie niedlich sein müssen, gibt es in Deutschland so wenige.

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