Das jährliche Deutsch-Japanische Forum, in dem ich für die Fraktion DIE LINKE Mitglied bin, tagte in der vergangenen Woche in Tokio. Gemeinsam mit Vertretern von Wissenschaft, Medien, Wirtschaft und Politik diskutierten wir die Entwicklungen der vergangenen zwölf Monate in unseren Ländern. Der Schwerpunkt lag auf der Bewältigung der Folgen des 11. März 2011, also dem Tag, an dem ein Erdbeben und ein Tsunami zehntausende Menschen das Leben, die Wohnung, die Arbeit kostete. Hinzu kamen die Super-GAUs im Atomkraftwerk Fukushima, mit dramatischen Konsequenzen für die ganze Welt.
Tokyo Tower
In Japan gibt es inzwischen eine wachsende Bereitschaft, sich kritisch mit der Atomkraft zur Energieerzeugung auseinanderzusetzen. Für japanische Verhältnisse sensationelle 60.000 Menschen demonstrierten im September dagegen. Die beiden großen Parteien DPJ (Demokratische Partei) und LDP (Liberaldemokratische Partei) sind allerdings noch nicht so weit. Ich formulierte daran sowie an der Öffentlichkeitsarbeit der japanischen Regierung und des Energiekonzerns Tepco im Umgang mit der Atomkatastrophe Kritik, ermunterte aber gleichzeitig die japanischen Kollegen, sich offensiv für erneuerbare Energien einzusetzen. Ich räumte Fehler beim Umgang mit "3/11" in Deutschland ein, da durch die Fokussierung der Debatte auf den Ausstieg aus der Atomenergie die vielen Opfer des Tsunamis in den Hintergrund traten.Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) referierte über die deutsche Energiewende und die Entscheidung, mittelfristig aus der Atomkraft auszusteigen. Bei der Darstellung eines Bundestagskollegen, dass vier von fünf Fraktionen im Bundestag zugestimmt haben, stellte ich klar, dass auch DIE LINKE für den Ausstieg ist, wir aber als einzige Fraktion die Fragen der Besitzverhältnisse an den Leitungsnetzen und der Oligopolstruktur in der deutschen Energiewirtschaft aufgeworfen haben. Dies war auch für die japanischen Gesprächspartner interessant.
Weiteres zentrales Thema u.a. bei einem Treffen mit dem neuen Außenminister Kōichirō Gemba war die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise. Hierzu sagte der neue Premierminister Noda bei einem Gespräch mit unserer Delegation, Japan sei sich bewusst sei, dass die Eurokrise "kein Feuer auf dem anderen Ufer des Flusses" sei und die japanische Regierung zur Lösung beitragen werde.