Zwei Anmerkungen aus der Provinz vorweg: Das Berliner Yorkschlösschen ist so ziemlich der einzige Grund, der mich die Berliner manchmal beneiden lässt. Was man dort an Blues, Soul und Jazz immer wieder zu hören bekommt, gibt es so kaum ein zweites Mal. Und: Warum eigentlich ist Jan Hirte noch nicht längst im ganzen Land als einer der besten Gitarristen bekannt?
Jan Hirte's Blue Ribbon gehört sicherlich mittlerweile zu den besten Live-Bands nicht nur der Berliner Blues-Szene. Das kann man wunderbar an "Singing The Blues" nachhören: Jan Hirte gehört nun gerade nicht zu den Gitarristen, die sich überall mit ihrer Fertigkeit in den Vordergrund schieben muss. Doch wenn er mal ein Solo spielt, dann ist es stimmig und einprägsam zu jedem Zeitpunkt. Ansonsten hält er mit seinem Instrument den Laden zusammen und treibt seine Kollegen voran. Hier merkt man die jahrelange Erfahrung als Begleitmusiker etwa von Tommy Schneller oder anderen Musikern. Und auch die Erfahrung der Band als solcher, die traditionsgemäß die Blues-Sessions im Yorkschlößchen eröffnen. Ein großer Teil des Programmes ist denn auch mit Klassikern gefüllt: "Hold On, I'm Coming" findet sich ebenso wie "Chain Of Fools" oder "My Babe". Die Band spielt wie aus einem Guss, gibt nicht etwa eine billige Blues-Brothers-Kopie sondern bringt immer in den Solos die eigenen Ideen in die Werke ein. Und dann gibt es immer Wieder Stücke, bei denen man sich verwundert fragt: Woher kenne ich diese Nummer eigentlich? Dabei kennt man sie wohl eher doch nicht. Denn sie stammen aus der Feder von Hirte ("I Always Will", "Barefootin' In The Sand") oder auch von Sanger/Bassist Uli Wagner ("Mr. Nice Guy"). Und da merkt man dann auch, dass Blue Ribbon eben auch eine gute Jazzband ist und keine reine Soul-/Blues-Band.
Wenn auf "Singing The Blues" etwas besonders heraussticht, dann ist das die unwahrscheinliche Stimme von Nayeli. Dass man von ihr außerhalb Berlins bislang noch wenig gehört hat (zumindest nicht im Raume Vorpommern), dann liegt das einfach daran, dass sie zur Zeit noch an ihrem ersten Album arbeitet. Wenn sie darauf ebensolche Gänsehaut fabrizieren kann wie bei "Jealous Girl" "All I Could Do Was Cry", dann steht da eine große Soulsängerin zur Entdeckung an.
Insgesamt ist "Singing The Blues" ein prima Live-Album aus hiesigen Landen voller Spielfreude und ohne Klischees.