England, 1901
Nach Abschluss des Studiums in Dresden beschließt der gebürtige Norweger Sverre seine Brüder und die ihm vorbestimmte Zukunft als Ingenieur zurückzulassen und seinem Herzen und Albert nach England zu folgen.
Bei ihrer Ankunft ist die Überraschung jedoch groß, denn der Bauernhof entpuppt sich als Landgut und Albert als Lord. Doch die finanzielle Unabhängigkeit ermöglicht es den Männern auch ein eigenes Ingenieurbüro zu gründen und Sverre kann sich seiner anderen Leidenschaft, der Kunst, widmen. Aber auch England ist nicht sicher vor weltpolitischen Ereignissen und dem Krieg und so steht Sverre bald Schweres bevor.
Als ich "Die Brüder" vom schwedischen Autor Jan Guillou begonnen habe, wusste ich nicht, dass es sich hier um eine Fortsetzung handelt. Mich hatte einfach nur die Inhaltsbeschreibung angesprochen und aus dieser ging für mich nicht deutlich hervor, dass "Die Brückenbauer" und "Die Brüder" zusammen gehören.
Aber letztendlich hat sich das auch als unwichtig erwiesen, denn "Die Brüder" knüpft nicht gänzlich an die Ereignisse in "Die Brückenbauer" an, sondern erzählt zeitlich parallel die Ereignisse rund um den jüngsten Bruder Sverre in den Jahren 1901 - 1919. Die Vorgeschichte der Jahre bis 1901 wird ausreichend erwähnt, so dass der Leser keine große Wissenslücke hat, wenn er den Vorgänger nicht gelesen hat.
Historisch gesehen fand ich die Handlung sehr interessant. Sverre verschlägt es mit seinem Geliebten Albert nach England und beide treffen auf die Bloomsbury Gruppe, der bedeutende Künstler und Literaten (z.B. Virginia Woolf und Roger Fry) dieser Zeit angehörten. Autor Jan Guillou ist es hervorragend gelungen die Stimmung innerhalb der Gruppe wiederzugeben, den Wunsch nach Selbstbestimmung und Freiheit und dem "Bohème" Lebensstil.
Ganz im Mittelpunkt der Ereignisse steht jedoch Sverre und seine Liebe zu Albert und der Kunst. Beide Männer sind Ingenieure und ahnen welche Entwicklung die Technik nehmen wird. Interessant ist es auch zu lesen, wie sich die Stimmung gegenüber anderen Nationen in England innerhalb nur weniger Jahre ändert. Zunächst als besonders friedliebend geltende Nationen sind plötzlich der kriegstreibende Feind und der bisher geringgeschätzte Nachbar wird zum Verbündeten, alles wunderbar kritisch in seine Einzelteile zerlegt durch die Bloomsbury Gruppe.
Was die Jahrhundertwind-Trilogie von Autorin Petra Durst-Benning für die Frauen ist, ist "Die Brüder" von Jan Guillou für mich für die Männer. Es zeigt einen ganz besonderen Zeitgeist, der detailliert und bildhaft geschildert ist und für mich den Eindruck historischer Authentizität erweckt, auch wenn es sich nur um Romane mit größtenteils fiktiven Figuren handelt.
Empfehlen kann ich "Die Brüder" daher unbedingt an alle Leser die sich für das beginnende 20. Jahrhundert und die Rolle Englands im ersten Weltkrieg (ohne die Schilderung direkter Kampfhandlungen) interessieren. Bald wird "Die Brückenbauer" auch als Taschenbuch erscheinen, vielleicht möchte sich der eine oder andere Leser auch noch über die beiden älteren Brüder und ihren Werdegang informieren, sofern nicht sowieso dieses Buch vorher gelesen wurde.
Sollte es eine weitere Fortsetzung rund um die Brüder Lauritzen geben, so würde ich auch diese gerne lesen.
So habe ich bewertet:
Und hier kann man das Buch kaufen: Jan Guillou: Die Brüder
Weitere Informationen zum Buch und zum Autor finden sich auf der Homepage des Heyne Verlages.