Jamie XX – In Colour

Ohne das Wort „Mastermind“ wieder einmal überzustrapazieren zu wollen, muss man ihn wohl so nennen: Der junge Produzent und Genius hinter dem Projekt The XX Jamie Smith legt nun, nach sechs Jahren des Bastelns, Produzierens und Überarbeitens sein erstes Soloalbum vor.

Die Wellen schlugen ja schon im Vorfeld einigermaßen hoch – und mit den Singleauskoppelungen hat er die Erwartungen in beinahe unerreichbare Höhen schnalzen lassen. Hier liegt, gleich gesagt, auch der Fehler des Albums – wenn es denn einer ist – begraben. Man kannte die besten Tracks einfach schon. „Girl“ war wie der perfekte, dezent benebelte Begleiter, der schnell ein Hineinrutschen in psychodelische Gedankenausflüge durchgehen ließ – und im Club genauso gut funktioniert hat. Darauf folgte das schlichtweg wunderschöne „Loud Places“, wofür er sich Bandkollegin Romys Stimme ausgeliehen hat. Kürzlich erschien dann der von vielen schon als Sommerhit 2015 gehypte Track I Know There’s Gonna Be (Good Times), featuring Young Thug und Popcaan, der mit karibischer Unterlage stark in die Ecke Soul hineinspielt.

Schon vor der Veröffentlichung also bereitet Jamie XX die Palette dessen, was er alles fähig ist, aus dem Hut zu zaubern, vor dem Publikum aus. Dass das Album dann nur mehr wenige Überraschungen birgt, wird schnell klar. Schon der Opener „Gosh“ kommt doch ein wenig flach daher, gerade als Einstieg des erstens Debütalbums hätte man sich wohl eher einen Kracher erwartet. Schön sind aber neben den genannten Hits vor allem auch das introvertierte Stranger in a room, das die düstere Stimmung der Lyrics in bedachter Ambient-Landschaft ausufern lässt.

Dass dieses Album im Sommer erscheint, ist natürlich ein feiner Marketinggag, über den man gar nicht länger streiten muss. Schnell ist klar, wo dieses Album laufen wird: am Strand, oder zumindest an anderen sonnigen, lauen Plätzchen. Ein leichtes Kopfnicken, das vielleicht ein bisschen ins Nachdenkliche rutscht, sich aber immer noch am Ruder reißen kann, begleitet diese 11 Stücke umfassende Platte. An mancher Stelle wirkt das Album vielleicht gar ein bisschen zu brav. Jamie XX hat die Kanten so abgeschliffen, dass sich wirklich niemand daran stoßen wird. Die Fans werden glücklich sein, die pingeligen Hörer sich wohl ein bisschen höheren Durchschnittsstandard der einzelnen Stücke wünschen, der einfach nur dankbare XX-Fan wird es auf ever repeat durchlaufen lassen. Unterm Strich hat Jamie XX ein Album veröffentlicht, das ohne Probleme auf der Strandparty wie auch im Kinderzimmer laufen kann. Und das ist eigentlich durchaus positiv.

Jamie XX – In Colour, Young Turks/XL/Beggars, www.jamiexx.com


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