Es birgt schon eine ordentliches Stück Ironie in sich selbst, wenn James Franco für The Disaster Artist in Eigenregie in die Rolle von Tommy Wiseau schlüpft. Der skurrile und mysteriöse Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller hat mit seinem The Room – nicht Room – in 2003 den als grausamsten geltenden, aber zum Trash-Kult gewordenen Film Hollywoods abgeliefert. James Franco zeigt uns ganz ohne Veralberung oder Urteil über diesen “Best Worst Film Ever Made” eine Hommage an die Leidenschaft und das Durchhaltevermögen eines Mannes, dem einfach nur Respekt gezollt werden soll.
Wir schreiben das Jahr 1998. In San Francisco trifft der 19 Jahre junge Greg Sestero (Dave Franco) beim Schauspielunterricht auf Tommy Wiseau (James Franco) und ist sofort von dessen mutigen Darstellungskünsten fasziniert. Die beiden freunden sich an und gehen zusammen nach Los Angeles, um dort ihren Karrieren einen Kickstart zu geben. Allerdings tingeln sie von Vorsprechen zu Vorsprechen ohne jemals ein Erfolgserlebnis zu haben. Zu frustriert von den ständigen Niederlagen beschließt Tommy einen eigenen Film zu drehen, in dem Greg und er die Hauptrollen spielen werden.
The Disaster Artist
" data-orig-size="1000,620" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />James (rechts) und Dave (links) Franco in THE DISASTER ARTIST
So schreibt Tommy das Drehbuch zu The Room, castet eine hübsche Darstellerin (Ari Graynor) und engagiert eine Filmcrew, darunter Kameramann Raphael Smadja (Paul Scheer) und Script Supervisor Sandy Schklair (ein großartiger Seth Rogen), die sich schon bald erschrocken über die talentfreie Produktion zeigen, aber dank gedeckter Schecks dem Projekt treu bleiben, auch wenn sie immer wieder mit Tommy anecken. Derweil verliebt sich Greg in Amber (Alison Brie), die ihn immer mehr in Richtung professionelle Karriere treibt, statt seine Zeit für die Dreharbeiten mit Tommy zu vergeuden.
Mit The Disaster Artist ist James Franco ein amüsanter Einblick in Hollywoods Treiben gelungen, wie es den maximalen Irrsinn wiederspiegeln kann, der hier dennoch in gewisser Form zum Erfolg führen soll. Tommy Wiseau, von dem man bis heute nicht weiß woher er kommt und weshalb er über unermesslich viel Geld verfügt, gelingt es seine finanziellen Möglichkeiten dafür einzusetzen, sein Ego und seine Exzentrik durch die Dreharbeiten bis hin zur Filmpremiere zu tragen.
Wiseau mag schlicht sein – oder von James Franco schlicht gespielt werden – aber er verfolgt seinen Traum, er glaubt an sein Projekt, er will nicht aufgeben, ganz gleich wie viele Stimmen sich gegen ihn erheben. Wir merken den starken Kontrast zwischen denjenigen, die nur auf Geld aus sind, hierfür ihre Seele an diesen Film verkaufen – und denjenigen, die ein wenig Herz beweisen um das zu tun, woran sie Spaß haben und womit sie sich verwirklichen wollen.
Dazu gehört nicht nur Tommy, sondern auch die Alt-Darstellerin Carolyn Minnott (Jacki Weaver), die in einer Drehpause gefragt wird, weshalb sie sich in ihrem Alter diesem ganzen Wahnsinn aussetzen würde? Weshalb sie eine Rolle spielt, die aus dem Nichts eine Brustkrebs-Enthüllung machen muss, die dann nie wieder zur Sprache kommen wird. Ihre Antwort, dass sie Schauspielerin mit Leib und Seele sei und ein Filmset – ganz gleich wie miserabel die Bedingungen – immer ihr Zuhause sein wird, erwirkt ein sentimental-freudiges Lächeln. Solche Momente geben dem Film einen ruhigen Unterton, der die Menschlichkeit der Dinge aufzeigt.
James Franco wandelt den schmalen Grat zwischen Persiflage und realer Person. Er hat es nicht leicht, ist Wiseau doch selbst schon eine Karikatur seiner selbst. Aber James Franco ist großartig. Er spielt sich durch den Film wie durch eine Aneinanderreihung von Sketchen, die sich erst am Ende leicht totzulaufen drohen.
The Disaster Artist
" data-orig-size="1000,556" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Die Filmcrew von „The Room“ ist verzweifelt.
Darüber hinaus hat er Gut daran getan seinen Bruder Dave Franco in die Rolle des besten Freundes von Tommy Wiseau zu casten. So braucht der Film nicht lange um die Bruderliebe der beiden Darsteller als innige Freundschaft ihrer Filmfiguren umzufunktionieren und uns glaubhaft ihr Miteinander zu verkaufen.
Dann wäre da noch Seth Rogen, der den größten Skeptiker von The Room spielt, da er derjenige ist, der als Script Supervisor den Überblick über die katastrophale Handlung behalten soll und schon bald eher als Regisseur mit “Mir ist alles egal, solange das Geld stimmt”-Haltung fungiert, während wir Josh Hutcherson (Die Tribute von Panem) und Zac Efron (Bad Neighbors) in Nebenrollen sehen, die überaus amüsant sind, vor allem wenn die beiden gemeinsam eine Choleriker vs. Angsthase-Szene spielen dürfen.
James Francos Film funktioniert auch, wenn man The Room nicht gesehen hat. Es bleibt dennoch ein überaus lustiger Film mit überraschend sentimentalen Momenten. Es ist eine Liebeserklärung an Freundschaften, ans Filmemachen und den Glauben an seine eigenen Träume – und ähnlich wie La La Land, auch an James Deans …denn sie wissen nicht, was sie tun, ein perfekter, alternativer Filmtitel für The Disaster Artist