Jakobsweg: Losgehen. Wie ich meine Angst überwunden habe

Von Christoph @ChrisErkens

Heute vor 2 Jahren war es soweit. Meine erste Pilgerreise. Zudem alleine. Nur ich und dieser anfangs noch zu schwere Rucksack.

Leicht war es nicht. Die ersten Schritte sind oft die schwersten. Ich hatte die Hosen ziemlich voll, da habe ich hier schon einmal drüber geschrieben.

Trotzdem habe ich es getan.

Zum Glück.

Denn es hat sich gelohnt.

Doch wie habe ich es geschafft, meine Ängste zu überwinden und mich auf eine fast vierwöchige Reise alleine durch ein fremdes Land aufzumachen?

Darüber möchte ich jetzt schreiben.

Und vielleicht hilft es dem ein oder anderen ein wenig.

Was mir letztlich geholfen hat:

  • Hoher Leidensdruck: Der Leidensdruck war so groß geworden, dass ich etwas tun musste. Etwas in meinem Leben ändern musste. Das habe ich deutlich gespürt. Denn ich war alles anderes als zufrieden und fühlte mich unfrei. Zudem hatte ich das Gefühl, ich brauche einen größeren Schritt. Ein Gefühl, dass die Alltagsfesseln und Routinen so stark sind, dass ich sie nicht durchbrechen kann. Manchmal braucht es wirklich die Krise, bis man bereit ist, etwas zu ändern. Jemand sagte mal: „Die Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“. Heute bin ich dankbar für diese Krise. Denn sie war der Motor für eine starke Veränderung in meinem Leben und den Sprung auf den Jakobsweg.
  • Selbstverantwortung übernehmen: Wie ein Mantra, habe ich mir damals immer wieder vorgelesen und aufgesagt, dass ich alleine derjenige bin, der für mein Leben verantwortlich ist. Niemand anderes wird kommen und etwas für mich ändern oder bewegen. Nur ich allein kann das tun. Diese Sätze hatte ich irgendwo gefunden und sie mir groß an den Schrank gehängt. Wie eine Aufforderung und Warnung zugleich. Ein heilsamer Arschtritt.

Ein heilsamer Arschtritt.”

  • Leben ist immer nur hier und jetzt: Ich habe mir klargemacht, dass wir eigentlich immer nur diesen einen Moment haben. Und ich habe mich gefragt: Was wäre, wenn es jetzt vorbei wäre? Ich entdeckte, dass ich dann tot unglücklich gewesen wäre. Ich hatte gelernt, meine Träume immer für später aufzuschieben, mein Geld für später aufzubewahren und zu leben, als hätte ich ewig Zeit. Die Sicherheit hatte Vorrang. Mir immer wieder klarzumachen, dass dieses Denken unglücklich macht und zudem naiv ist, hat mir geholfen. Wer weiß denn überhaupt, ob es ein Morgen gibt? Und was würde es mir bringen, alt zu werden, aber niemals das getan zu haben, was ich wirklich wollte?
  • Ein Coach: Ich hatte das Glück, dass ich jemanden fand, der meine Herzenswünsche unterstützte und mir half, gegen meine alten Glaubenssätze („man sollte aber“, „man darf doch nicht“) zu argumentieren.

Indem ich den steigenden Leidensdruck spürte, mir die Selbstverantwortung und das Hier und Jetzt immer wieder klarmachte, ehrlich Zwischenbilanz zog und mir Unterstützung holte, schaffte ich den großen Sprung.

In meinem Fall war er sogar noch größer, als eine fünfwöchige Auszeit auf dem Jakobsweg. Denn ich hatte sogar meinen Job gekündigt und ging dann pilgern. Was ich auch nicht jedem und nicht sofort unreflektiert empfehlen würde, denn da hängt eine Menge dran. Jedenfalls habe ich es getan.

Glücklicherweise.

Denn dieser Sprung hat mich unheimlich wachsen lassen. Doch das ist eine andere Geschichte.

Ich wünsche dir, dass du auch die Kraft findest, wenn du an einem ähnlichen Punkt stehen solltest und mit der Angst ringst.

Buen Camino, Christoph

Falls du meine Unterstützung für solch einen Prozess möchtest, schreib mir gerne an christoph.kuestenweg(at)gmail.com