Jake Gyllenhaal sieht doppelt - "Enemy"!


Jake Gyllenhaal sieht doppelt -

©Capelight Pictures

Dennis Villeneuve schreitet tief hinein, in die Psyche eines geplagten Mannes. Er offenbart dem Zuschauer in kryptischen Bildern sein tiefstes Inneres, all seine Unsicherheiten, Stärken und Schwächen. Das Bild der Spinne verfolgt den Protagonisten Adam Bell (Jake Gyllenhaal) wohin er sich auch wendet. Sie wird zum Sinnbild seiner Psychose, in der er sich mehr und mehr zu verirren droht. Ähnlich könnte es auch dem Zuschauer ergehen, der inmitten all der metaphorischen Hinweise förmlich erstickt. Jeder Dialog, jede Geste, jede Einstellung ist in diesem Spiel der Geschlechter von Bedeutung, die sich im Wesen Gyllenhaals festfahren, wie ein Insekt in einem Spinnennetz. 
Zwar wirkt „Enemy“ auf den ersten Blick wie ein wild zusammengewürfelter Haufen, doch seziert man einzelne Sequenzen in seine Einzelteile, offenbart sich ein zynischer Blick auf das angeblich starke Geschlecht. Angst vor der Zukunft, vor Verantwortung, Realitätsflucht und nichtgelebte Obsessionen. All das Themen, die „Enemy“ in seinen knappen 90 Minuten abhandelt und in einen Wirbelsturm der Realitäten seiner Charaktere gipfelt. Sein und Schein liegen nah beieinander, ebenso wie Unterwerfung und Kontrolle. Sex als letzte Instanz der Intimität zweier Menschen wirkt nicht mehr, kommt keiner Zuflucht gleich. Was einst ein Akt der Liebe war, ist nur noch Befriedigung einer Obsession. Oder? Regisseur Villeneuve beweist wieder einmal seinen ungemein frischen Blick auf zwischenmenschliche Details, weswegen man den Film schon gesehen haben sollte. 
„Enemy“ ist ungemein faszinierender als Villeneuves (und Gyllenhaals) letzter Hit „Prisoners“. Verlässt er sich dort noch auf gängige Thriller-Konventionen, verschränkt er davor nun die Arme. „Enemy“ gleicht wohl kaum einem anderen Film in seinem Genre, das sich nicht einmal völlig festmachen lässt. Teils Thriller, Drama, (Anti-)Liebesfilm und doch voller Zuneigung der Figuren zueinander. Ein wildes Karussell der Gefühle, das lohnt entdeckt zu werden. Selbst wenn „Enemy“ zuerst noch willkürlich und schwer verständlich erscheint, was er im Endeffekt gar nicht ist. Wenn der Zuschauer nämlich Spaß am Enträtseln hat, wird auch „Enemy“ innerhalb all seiner dünnen Fäden einem Spinnennetz gleich ein Muster offenbaren. Man muss nur Geduld haben und sich diesem faszinierenden Film, diesem speziellen Rhythmus, hingeben. Ganz so, wie die Figur Bell seinen Kampf von innen nach außen trägt und den (männlichen) Zuschauer zur Selbstreflexion seines eigenen Selbst einlädt. 

Jake Gyllenhaal sieht doppelt -

©Capelight Pictures

 BEWERTUNG: 08/10Titel: EnemyLaufzeit: 90 MinutenFSK: ab 16 freigegebenErscheinungsjahr: 2014Genre: Thriller, DramaRegisseur/Autor: Denis VilleneuveDarsteller: Jake Gyllenhaal, Sarah Gadon, Melanie Laurent, Isabella Rossellini

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