06.11.2011 – Die Union fordert den Mindestlohn, Papandreou denkt laut über direkte Demokratie nach, das ZDF hilft der Wirtschaft auf die Sprünge, das Deutsche Atomforum investiert drei Millionen Euro in die öffentliche Meinung, Sigmar Gabriel lädt Michael Sommer zum Tanzen ein und der doppelte Hans-Peter erklärt uns die Vorratsdatenspeicherung.
Die Woche mit Jacob Jung.
Die Woche beginnt mit einem Kracher. Die Union flirtet plötzlich heftig mit dem bösen alten Mindestlohn. Und damit nicht jeder Trottel sofort merkt, dass bei den Banknachbarn im Parlament abgeschrieben wurde, erhält das Ding einen neuen Namen: „Gesetzliche Lohnuntergrenze“. Die CDU hält es mit ihrem großen Vorsitzenden Konrad Adenauer, der einmal gesagt haben soll „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“. Mich kümmert es und deshalb gibt es im Blog die besten Unions-Zitate der letzten Jahre zum Mindestlohn.
Am Dienstag meldet sich ein anderer aufrechter Demokrat zu Wort. Der griechische Regierungschef Papandreou kommt auf den absurden Gedanken, doch mal das Volk darüber zu befragen, was es von „Rettungsaktionen“ und „Hilfspaketen“ hält. Um die Pointe direkt vorwegzunehmen: Merkel und Sarkozy brauchen nur zwei Tage, um dem Griechen den Unsinn auszutreiben. Und ernst gemeint hat er seinen Vorschlag ohnehin nicht. Interessant waren aber die entsetzten Reaktionen deutscher und europäischer Funktionsträger auf so viel Demokratie.
Apropos Demokratie: Mitbestimmung setzt politische Bildung voraus und für die ist in Deutschland vor allem das öffentlich-rechtliche Fernsehen zuständig. Während sich Tausende Demonstranten in Nizza gegen G 20 versammeln, Liquidatoren in Kiew demonstrieren, die UNESCO Palästina als Vollmitglied anerkennen und syrische Regierungstruppen weiterhin auf Demonstranten schießen, informiert uns Petra Gerster bei den heute-Nachrichten im ZDF lieber über Schnäppchenpreise beim Neuwagenkauf, die EADS Beteiligung an einem chinesischen Weltraumprojekt und eine bahnbrechende Studie der privaten „Stiftung Lesen“.
Am Mittwoch ist es ruhig und so bleibt genug Zeit, sich einmal durch das 79-seitige Konzept einer Düsseldorfer PR-Agentur zu ackern, um herauszufinden, für was das Deutsche Atomforum 2008 und 2009 insgesamt rund drei Millionen Euro ausgegeben hat. Die Mission: „Bis zur Bundestagswahl 2009 eine Grundstimmung pro Laufzeitverlängerung herstellen“. Ach ja: Das Deutsche Atomforum ist ein Zusammenschluss von RWE, Vattenfall, Eon und EnBW. Und ohne Fukushima hätte das Ganze doch auch prima geklappt.
Am Freitag meldet sich Sigmar Gabriel mit einer tollen Idee zu Wort. Auf der Suche nach potenziellen Wählern sind ihm die rund sechs Millionen GewerkschafterInnen wieder eingefallen, die im DGB organisiert sind. In den letzten Jahren war der Kontakt ein wenig eingeschlafen. Über die Agenda 2010 hatten sich die „alten Freunde“ ebenso wenig gefreut, wie über die Rente mit 67. Also verkündet Gabriel, dass der jeweilige DGB-Chef doch künftig automatisch im SPD-Vorstand sitzen soll, um beim Wahlkampf zu helfen. Dumm nur, dass Michael Sommer dem Gabriel noch am gleichen Abend einen dicken Korb gibt.
Am Samstag wird dann noch ein lustiger Brief an die Kanzlerin bekannt. Eine Handvoll „CDU-Innenexperten“, angeführt von Niedersachsens Ministerpräsident Uwe Schünemann, schreiben Angela Merkel ihren dringlichen Wunsch nach einer sofortigen Wiedereinführung der Todesstrafe Vorratsdatenspeicherung ins Poesiealbum. Bei so etwas darf der doppelte Hans-Peter natürlich nicht fehlen. Als Uhl zählt er zu den Unterzeichnern des Bittbriefes und als Friedrich hat er letzte Woche in der ZEIT behauptet, die Vorratsdatenspeicherung beziehe sich doch nur auf Daten, die von den Kommunikations-Anbietern ohnehin gespeichert würden.