18.12.2011 – Die Woche stand vor allem im Zeichen der Kredit-Affäre um Christian Wulff. Während der Bundespräsident seinem Vorgänger Johannes Rau im Jahr 2000 in einer ähnlichen Situation den Rücktritt empfahl, zeigt er sich in Bezug auf seine eigene Person deutlich weniger entschieden.
Karl-Theodor zu Guttenberg taucht unerwartet in Brüssel auf. Von der ebenso umstrittenen und konservativen EU-Kommissarin Neelie Kroes lässt er sich zurück auf das politische Parkett führen. Innenminister Hans-Peter Friedrich eröffnet in Berlin das „Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus“ (GAR), um unter anderem das Problem zu lösen, dass die Polizei in Deutschland „alles machen, aber nicht alles wissen darf“ und dass der Verfassungsschutz zwar „alles wissen, aber nicht alles tun“ darf.
Außerdem gibt es schon jetzt den politischen Jahresrückblick mit Jacob Jung: „Wir sind Deutschland“.
Guttenberg goes EU
In Brüssel hat Guttenberg heute die zweite Stufe seiner Comeback-Kampagne gezündet. Anlässlich einer gut besuchten Pressekonferenz ließ er sich von der EU-Kommissarin Neelie Kroes als neuer Berater in Sachen Internetfreiheit vorstellen. Die konservative holländische Politikern beeilte sich zu beteuern, sie suche „Talente, keine Heiligen“.
Der Ex-Minister erzeugt Bilder, die ihn wieder in angestammter Politikerpose zeigen und erfährt die anerkennende Wirkung der EU. Und Neelie Kroes erhält für ihr Projekt weit mehr öffentliches Interesse, als es ohne den prominenten Plagiator der Fall gewesen wäre. Der gemeinsame Wunsch nach „Grenzen“ in Bezug auf die Freiheit im Internet, dürfte beide noch stärker verbinden.
Wulff im Schafspelz
Ein Bundespräsident muss eine unangreifbare moralische Instanz sein. Wird er zu unrecht Opfer von Verleumdungen, dann ist es die Aufgabe des Staates, ihn hiervor zu schützen.
Bieten jedoch sein persönlicher Lebenswandel und seine mangelnde Distanz zu einflussreichen Vertretern der Wirtschaft den Anlass für Zweifel an seiner Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit, dann muss bei allem Respekt vor dem höchsten Amt des Staates die Frage gestellt werden, ob es sich bei ihm um die geeignete Besetzung für diese Position handelt.
GAR: Der politische Wille
Ohne den ernsthaften politischen Willen zur Bekämpfung von Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft werden die jetzt ergriffenen Maßnahmen ergebnislos bleiben. Einmal durchgesetzt und installiert, lassen sich die neuen Befugnisse und Strukturen allerdings auch gegen jede andere Bevölkerungsgruppe einsetzen.
Grund genug, die Maßnahmen kritisch zu bewerten und sich vor die Frage zu stellen, ob nicht die bestehenden Instrumente zur Gefahrenabwehr und Strafverfolgung bereits seit Jahren ausgereicht hätten, wenn nur der politische Wille zum Kampf gegen Rechts vorhanden wäre.
Wir sind Deutschland
In Deutschland ist fast alles verboten. Nur die NPD ist erlaubt. Die Polizei schützt Nazi-Aufmärsche und verfolgt demokratische Gegendemonstranten. Der Rassismus ist salonfähig. Das Buch „Deutschland schafft sich ab“ sprengt alle Verkaufsrekorde und der Autor darf weiterhin im Namen der SPD agieren. Der Innenminister hetzt gegen den Islam und Innenpolitiker der CSU ermutigen Bürger zur Fremdenfeindlichkeit.
Dabei müssten wir unseren Politikern und ihren Auftraggebern nur einmal deutlich sagen: „Das ist unser Haus. Wir sind Deutschland„.