“Jack and the Giants” von Bryan Singer

©  Warner Bros. Pictures Germany / Prinzessin Isabelle in den Fängen von General Fallon

© Warner Bros. Pictures Germany / Prinzessin Isabelle in den Fängen von General Fallon.

Die letzte große grüne Bohnenranke des Kinos erklomm der Gestiefelte Kater in dem Spin-Off und zugleich Märchenmix mit dem besagten Kätzchen als Titelhelden, entsprungen der DreamWorks Animationsmaschinerie um die Märchen karikierende Reihe mit dem ebenso Bohnenranken-grünen Oger Shrek. Doch die eigentliche Geschichte reicht viel weiter zurück als die Oscar-nominierte 2011er Verfilmung. In Deutschland unter dem Titel „Hans und die Bohnenranke“ bekannt, lässt sich das sprießende Unkraut im englischsprachigen Original („Jack and the Beanstalk“) bis in das Jahr 1807 zurück verfolgen, wo sich die erste zu Papier gebrachte Version des britischen Autors Benjamin Tabart verorten lässt. Die Geschichte durchlief jedoch so viele Änderungen, dass die Versionen inzwischen zahlreich daherkommen. Die am meisten verbreitetste entstammt der Veröffentlichung „Englische Märchen“ von Joseph Jacobs aus dem Jahr 1890. Zahlreiche Verfilmungen, Anspielungen und Fernsehserien basieren auf diesem klassischen Märchen, dass nun von Warner Bros. in ein 3D-Abenteuer verwandelt wurde, bei dem man sich fragen mag, ob die Axt wirklich nur an die Bohnenranke angelegt wurde, oder aber gleich auch an das Drehbuch zu „Jack and the Giants“.

Mit dem Film meldet sich sogleich Regisseur Bryan Singer zurück, der sich weder mit seinem 2008er Geschichtsausflug „Operation Walküre“ noch mit dem Wiederbelebungsversuch„Superman Returns“ (2006) mit Ruhm bekleckert hat. Einzig seine Ausflüge in das Marvel-Comicuniversum („X-Men“ und „X-Men 2“) zeugten bisher von seiner Erzählkunst. Hier jedoch scheitert er an einer Riesen Geschichte, die auf Fernsehniveau zusammengeschrumpft wurde. Man entführt die Zuschauer in das Königreich Cloister, wo der junge Farmerssohn Jack (Nicholas Hoult) sich fasziniert den Legenden um Erik hingibt, einem König aus alten Zeiten, der einst die Riesen von der Erde vertreiben konnte. Von dieser Legende ist auch Isabelle (Eleanor Tomlinson), die Prinzessin besessen. Sie ist fasziniert von diesem Abenteuer, möchte selbst in die Welt hinausziehen, nicht eingepfercht in ihren königlichen Gemächern leben. Durch Zufälle, die nur das Schicksal parat halten kann, gelangt Jack in den Besitz von magischen Bohnen, während zugleich Isabelle einen Streit mit ihrem Vater König Brahmwell (Ian McShane) beginnt, nur um anschließend aus dem Schloss zu flüchten. Sie landet bei Jack, die Bohnen finden ihren Weg auf fruchtbare Erde, ein Regenschauer erübrigt den Rest. Jack kann dem nun folgenden Desaster entkommen, Isabelle wird von der sprießenden Bohnenranke in die Lüfte gehoben. Gemeinsam mit Roderick (Stanley Tucci), dem Mann dem Isabelles Hand versprochen ist, sowie dem königlichen Ritter Elmont (Ewan McGregor) und seinen Gefolgsleuten macht sich Jack auf den Weg die Bohnenstange zu erklimmen. Oben angekommen wird klar, dass all die Legenden des Königreichs wahr sind. Denn hier leben die wenig friedsamen Riesen und dürsten nach Rache.

 

Nicholas Hoult

Nicholas Hoult

Wenn man sich nun schon den Trailer zum Film zu Gemüte geführt hat, dürfte der stärkste Moment von „Jack and the Giants“bereits bekannt sein: Die Riesen klettern die Ranke hinab, eine Invasion auf das Königreich, mit viel Feuer, zertrümmerten Felswänden, einer Schlacht um die Zugbrücke des Schlosses von Cloister. Auf diese letzten Minuten wird die Tricktechnik gebündelt, die zuvor nur sehr schwer zu überzeugen weiß. Schon die Animationen zu Beginn des Films, die dem Zuschauer die besagte Legende um den Helden Erik und die Vertreibung der Riesen von der Erde erläutern sollen, zeigen dass man nicht einmal mit den State of the Art Computertechniken der Videospielbranche mithalten kann. Unweigerlich fühlt man sich fünf bis zehn Jahre in der Zeit zurück versetzt, betrachtet man die höchst rudimentär gestalteten Figuren, die in der Eingangssequenz als animierte Märchenerzählung dargestellt werden. Kein Gedanke darf hier an „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ verschwendet werden, wo die Geschichte dreier Brüder in einer eindrucksvollen Animationsarbeit des Schweizers Ben Hibon dargestellt wird. Oder aber an so ziemlich jeden neu entwickelten Animationsfilm der Pixar Animation Studios, die zuletzt Prinzessin Merida kunstvoll eine rot-feurige Haarpracht verliehen, die ihresgleichen sucht. Fraglich, wieso nun das fast 200 Mio. Dollar Budget von „Jack and the Giants“ nicht ausreicht, um eine ebenbürtige Animation zu erschaffen. Aber bei der Eingangssequenz alleine bleibt es nicht, denn auch bei den Riesen selbst waren nicht unbedingt die ambitioniertesten Animationstechniker am Werk. An Haare hat man sich größtenteils gar nicht erst herangewagt, meistens werden die dumpf-dämlichen Giganten mit glatzköpfiger Kopfpracht gezeigt, nur einige ihrer Schädel können simple Frisuren vorweisen. Ansonsten scheint man sich auf die Animation des Nasenschnodders konzentriert zu haben.

In der heutigen Zeit muss sich ein solcher Fantasyfilm, angesiedelt im Mittelalter oder in phantastischen Königreichen auf der Kinoebene immer mit „Der Herr der Ringe“ messen, oftmals aufgrund großen Unterschieden im verwendeten Budget ungerechtfertigt. Nun schafft man es hier aber nicht einmal an die – zugegebenermaßen ebenfalls hochwertig produzierte – Fernsehserie „Game of Thrones“ heran zu kommen, die nicht einmal mit sonderlich vielen Spezialeffekten aufwarten kann. „Jack and the Giants“ erinnert im Direktvergleich dann vielmehr an „Dinotopia“, eine 2002er Fernsehminiserie. Aber selbst dies gilt nur visuell, denn so trashig „Dinotopia“ inszeniert wurde, bot sie immer noch einen gewissen Unterhaltungswert. Auch „Jack and the Giants“ hätte vermutlich als kostengünstig produzierter und halbherzig inszenierter Fernseh-Zweiteiler mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt als auf der großen Kinoleinwand.

 

Ewan McGregor mit Eddie Marsan

Ewan McGregor mit Eddie Marsan

So sehr die Bilder unzureichend wirken, so lückenhaft ist auch das Drehbuch konzipiert, obgleich einer von drei Drehbuchautoren Christopher McQuarrie ist, der 1995 mit „Die üblichen Verdächtigen“ punkten konnte, zuletzt aber sowohl mit „The Tourist“ wie auch „Jack Reacher“auf die falsche Bahn geriet. In„Jack and the Giants“ macht er Stanley Tuccis Roderick zu einem Bösewicht, der die Hand der Königstochter bereits versprochen bekommen hat und somit seinen Fuß im Königreich und auf dem Thron hat, dann aber diesen legalen Weg fallen lässt um mit den Riesen gemeinsame Sache zu machen, sie als Anführer in die Schlacht gegen Cloister leiten zu wollen, natürlich mit unlauteren Eroberungsgedanken im Hinterkopf. Wieso er sich von Prinzessin Isabelle abwendet, dafür den kriegerischen Weg wählt, obgleich er zuvor wie ein Wiesel hinterhältige Taktiken bevorzugte, bleibt eine offene Frage. Darüber hinaus wirkt es vermehrt so, als hätte man Filmsequenzen einfach ausgespart und aus der Handlung entfernt um den Film schneller erzählen zu können. So gestaltet sich die Suche nach der Prinzessin relativ kurz, da der Zuschauer immer wieder durchs Hörensagen erfährt, wo diese sich denn nicht aufhalten würde, da man an diversen Stellen bereits nachgesehen habe, was jedoch der Leinwand gänzlich entgeht. Dementsprechend kurz angebunden ist auch die Liebesgeschichte zwischen Jack und Isabelle. Die beiden Jungdarsteller Hoult und Tomlinson würden rein visuell sicherlich ein nettes Paar abgeben, rein menschlich eint sich aber nicht mehr als ein gewisser Legenden-Drang und mehreren Nah-Tod-Erlebnisse.

Dennoch ist „Jack and the Giants“ für Eleanor Tomlinson vermutlich ein Ausweg aus ihrer bisherigen Fernsehkarriere, auch Nicholas Hoults Dasein im Filmgeschäft dürfte durch diesen Auftritt wenig angekratzt sein. Aber zumindest bei Ewan McGregor, Stanley Tucci und auch Ian McShane muss man sich doch fragen, wie dieser schauspielerische Ausflug in Gefilde unterhalb der Mittelmäßigkeit zu rechtfertigen ist?

 


Jack and the Giants_Hauptplakat

“Jack and the Giants“

Originaltitel: Jack the Giant Slayer
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2012
Länge: ca. 114 Minuten
Regie: Bryan Singer
Darsteller: Nicholas Hoult, Eleanor Tomlinson, Ewan McGregor, Stanley Tucci, Ian McShane, Eddie Marsan, Ewen Bremner

Deutschlandstart: 14. März 2013
Im Netz: warnerbros.de/jackthegiantslayer


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