Jack

Von Pressplay Magazin @pressplayAT

Jack

7Drama

Manchmal sehe ich dich. Um den Baum geschlungen. Ein Stück Rinde. Unnahbar. Du kleines totes Mädchen. Teil eines ewigen Albtraums“, tippt Jack auf seiner Schreibmaschine. Das Instrument, das seinen Weg in die Freiheit ebnen wird. Filmemacherin Scharang versucht sich an der Verfilmung einer medienwirksamen österreichischen Kriminalgeschichte und Untertitelt Jack treffend mit: Poet. Liebhaber. Mörder.

In einer Winternacht stirbt ein Mädchen, brutal zugerichtet und an einen Baum gefesselt erfriert sie. Der Täter Jack Unterweger (Johannes Krisch) wird für diesen Mord zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Gefängnis entdeckt er die Liebe zum Schreiben, seine dunklen Gedanken hält er in literarischen Texten und zuletzt einem Roman fest. Auch sind es die geschriebenen Worte, die ihm den Anschluss an die Welt vor den Gefängnismauern sichern, durch die Briefkorrespondenz mit zahlreichen Frauen, die er in seinen Bann zieht. Eine besondere unter ihnen ist die Architektin Susanne (Corinna Harfouch), die Jack nach seiner frühzeitigen Haftentlassung nach 15 Jahren kräftig unter die Arme greift. Schnell avanciert der Literat zum Frauenschwarm und Fixstern der Wiener Society. Rigoros wird er als „Häfenpoet“ gefeiert. Doch die astreine Fassade bekommt bald erste Risse. Zweifel kommen auf, ob sich der einstige Frauenmörder tatsächlich grundlegend ändern kann.

Jack ist die zweite große Spielfilmproduktion von Elisabeth Scharang, die schon mit der TV-Produktion Franz Fuchs – Ein Patriot Aufsehen erregte. Diese porträtierte das Leben des, so von den Medien getauften, Briefbombenmörders. Auch in Jack inszeniert sie eine Geschichte mit kriminalhistorischen Hintergrund und wandelt somit auf gewohntem Terrain. Der in den 1990er Jahren für Furore sorgende Jack Unterweger wurde nach seiner Haftentlassung für weitere elf Morde an Frauen angeklagt und für neun von diesen für schuldig befunden.

Dennoch wurde das Urteil nie rechtskräftig, da sich der vermeintliche Mörder nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung in seiner Zelle erhängte. Scharang erzählt in ihrer Verfilmung eine fiktive Geschichte, die sich nur an wichtigen Punkten an dem Fall Jack Unterweger orientiert. Das Endprodukt ist ein düsteres Psychogramm, erschütternd und nicht weniger spannend. Antrieb findet die Verfilmung durch die Ungewissheit der tatsächlichen Schuld des „Häfenpoeten“. So verbietet sich der Film eine klare Stellung zur Verurteilung seines Protagonisten, sondern konzentriert sich auf die Zeichnung eines einzigartigen Charakters, dem alles zuzutrauen ist – auch seine Unschuld.

Eindringlich ist Jack vor allem wegen seines Hauptdarstellers Johannes Krisch, der viele Fassetten des Literaten und Frauenmörders authentisch zur Schau stellt. Auch das restliche Ensemble glänzt. Sei es die elegante Corinna Harfouch, deren Rolle an die Frau eines österreichischen Industriellen angelehnt ist, die Unterwegers heimliche Geliebte war, oder Birgit Minichmayr, die eine erfolgsorientierte Journalistin mimt, die ebenso auf einem realen Vorbild fußt. Selbst Sarah Viktoria Frick hinterlässt als Mittäterin im ersten Mordfall Unterwegers bleibenden Eindruck.

Neben dem Cast und dessen Inszenierung stimmt vor allem die musikalische Untermalung und in Kombination mit den langen Einstellungen, die den Zusehern ein Gefühl des Unwohlseins vermitteln, gelingt eine verwegene Grundstimmung im Film. Hinzu kommen die blassen Bilder, die zur Story passend zumeist wenig ausgeleuchtet sind, etwas karg wenn nicht gar lieblos wirken. Ebenso werten die Zitate Unterwegers, die aus dem Off von Krisch eingesprochen und die Handlung einer Szene untermalend präsentiert werden, die Verfilmung auf und geben gleichsam Auskunft über den schriftlichen Ausdruck des „Häfenpoeten“.

Regie und Drehbuch: Elisabeth Scharang, Darsteller: Johannes Krisch, Corinna Harfouch, Birgit Minichmayr, Paulus Manker, Filmlänge: 98 Minuten, Kinostart: 11.09.2015


Autor

Bianca Hofbauer

Aufgabenbereich selbst definiert als: verträumte Laufbild-Analystin. Findet, dass „Don’t let’s ask for the moon. We have the stars.“ (Now, Voyager) eine unterschätzte Anleitung zum Glücklichsein ist.


 
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