Italiens Ministerpräsident Mario Monti hat auf dem Gipfel in Brüssel wohl einen katastrophalen Pyrrhussieg errungen. Ökonomendebatte bringt Deutsche endlich gegen ESM und Bankenunion auf


Es ist umstritten, ob Angela Merkel auf dem jüngsten Gipfeltreffen der EU-Staaten in Brüssel (bzw. genauer: auf der an dieses Treffen anschließenden Sitzung der Eurozonenländer) dem Druck des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti nachgegeben und Zugeständnisse gemacht hat, oder nicht.
Zu dieser Frage nimmt der  Artikel "Fakten-Check. Wer hat beim Euro-Deal gesiegt?" heute in der Wirtschaftswoche Stellung und kommt zu dem Schluss, dass sie (nur) in zwei Punkten nachgegeben habe:
  • Bei den Konditionalitäten, also den Auflagen, die Schuldenländer erfüllen müssen, um Hilfe vom ESM zu erhalten. 
  • Beim Abrücken vom vereinbarten bevorzugten Gläubigerstatus für den ESM (d. h. die Rückzahlung der europäischen Hilfsgelder wäre nicht mehr vorrangig gegenüber den von Privaten gehaltenen Staatsanleihen.
Unter dem Zwischentitel "Kein Geld aus den EU-Rettungsschirmen an die Banken" schreibt das Blatt (meine Hervorhebung):
"Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte bislang direkte Banken- hilfen aus den Rettungsschirmen EFSF und ESM ab. Auf dem EU-Gipfel vorletzte Woche gab sie Italiens Regierungschef Mario Monti in dieser Frage nach. Doch ob und wann die Institute an Geld kommen, ist noch ungewiss. Bevor solche Hilfen möglich sind, muss erst eine wirksame einheitliche europäische Bankenaufsicht installiert sein – unter Einbeziehung der Europäischen Zentral-bank (EZB). Einer solchen Aufsicht müssen aber alle 27 EU-Staaten zustimmen, was noch schwierige Verhandlungen bedeutet. Ein Scheitern der Bemühungen ist nicht ausgeschlossen.
Fazit: Merkel hat zwar ein Zugeständnis gemacht, aber erst einmal ohne konkrete Folgen."
Trotzdem war es natürlich absolut gerechtfertigt, dass mittlerweile mehr als 200 Ökonomen um die Professoren Hans-Werner Sinn und Walter Krämer vor einer Bankenunion gewarnt haben ("Protestaufruf. Der offene Brief der Ökonomen im Wortlaut", FAZ 05.07.12). Hinterher "warnen" nützt schließlich nichts.
Mittlerweile hat sich die Debatte zu einem regelrechten "Ökonomenstreit" ausgeweitet, über den z. B. der Blogger "Wirtschaftsphilosoph" informiert (sowie hier über zwei Gegenaufrufe). Natürlich beteiligen sich auch Laien wacker an der Debatte. Immerhin geht es ja um unsere Steuergelder (und um weitere steuerähnliche Belastungen).
Ehrensache, dass bei der munteren Rauferei auch unser Blogger Cangrande dabei: "15 Voodoo-Ökonomen umtanzen die 'Schuldenkrise' der Eurozone".
Die Professoren um Walter Krämer und Hans-Werner Sinn erhalten vielfältige Unterstützung. Aus der Kreisen der Mausdemonstranten (zum Begriff vgl. hier) sowieso, aber ebenso von Fachgenossen.
Besonders bemerkenswert z. B. dieser Beitrag (Text auch hier) aus der Schweiz. (Dieser Beitrag zeichnet sich auch dadurch aus, dass er sich im Gegensatz zu den anderen nicht auf die Frage 'Haftungsunion ja/nein' beschränkt, sondern - ähnlich wie ich in meinem o. a. Blott - auf die realwirtschaftliche Dimension der Eurozonenkrise hinweist.)
Sehr ausführlich und mit umfangreichen Links versehen ist der (allerdings englischsprachige) Beitrag des Aachener Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Rüdiger Bachmann in seinem Blog "The Lumpy Economist – Der Lumpenökonom" vom 08.07.12 u. d. T. "The New Ökonomenstreit in Germany"
Unter der Überschrift "Ökonomen-Aufruf. Die Risiken der Rettungspolitik" antworten heute in der FAZ in einem 4. Debattenbeitrag Walter Krämer und Hans-Werner Sinn auf ihre Kritiker.
Der Text gipfelt in einem brillant formulierten 'finale furioso' (meine Hervorhebung):
"Die vorläufige Begrenzung des ESM-Volumens ist kein Schutz gegenüber zusätzlichen Lasten, denn der Mechanismus zur Ausweitung der Haftungssummen ist im ESM-Vertrag bereits eingebaut. Die strukturelle Mehrheit der Schuldenländer in den Eurogremien wird sich sämtlicher Töpfe des ESM bedienen, die aufgestellt werden, und bei einer drohenden Leerung so lange drängeln, bis sie wieder aufgefüllt werden. Da nützen die schönsten Regeln nicht. Die Geschichte des Euro ist eine Geschichte fortwährender Vertragsverletzungen und selbst gesetzter Regeln, vom Bruch der No-bail-out-Klausel bis hin zum Verzicht auf die Konditionalität bei den Hilfskrediten des ESM. Der Ablauf ist immer der gleiche: Erst werden wir mit dem Placebo der politischen Schranken und Verhaltensmaßregeln bewogen, das Portemonnaie zu zücken, und wenn das Portemonnaie erst einmal auf dem Tisch liegt, werden wir bedrängt, auf die politischen Schranken zu verzichten. Das Spiel hat sich mittlerweile so häufig wiederholt, dass wir nicht verstehen, woher die deutsche Regierung und einige unserer Kollegen die Hoffnung nehmen, dieses Mal könnte alles anders sein."
Es ist zu hoffen, dass sich nun endlich in unserem Volk etwas regt - nicht nur auf der Tastatur, sondern auch auf Straßen und Plätzen.
"Fürchtet euer eigenes Volk mehr als die Finanzmärkte": DAS sollen unsere Politiker endlich lernen.
Und vielleicht werden sie es angesichts der jetzt von Sinn und Krämer angestoßenen Debatte jetzt tatsächlich lernen (müssen).
Notfalls muss das Bundesverfassungsgericht den Verfassungsfeinden in Berlin Respekt vor der Demokratie beibringen.
Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass es der "Sieg" des italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti auf dem letzten Brüsseler Gipfel war, der zum (1.) Aufruf der Mehrheitsökonomen geführt hat, und jetzt sieht, welche Debatte daraus erwachsen ist, dann könnte es sich am Ende herausstellen, dass Monti einen katastrophalen Pyrrhussieg erlitten hat!
ceterum censeoLagerinsassen der Euro-Zone: Befreit euch aus dem EZ des Kapitalsozialismus! Verjagt die Berliner Politwärter des Euronen-EntZiehungslagers (und ihre medialen Schläferhunde)!
Textstand vom 09.07.2012. Gesamtübersicht der Blog-Einträge (Blotts) auf meiner Webseite http://www.beltwild.de/drusenreich_eins.htm. Hinweis für Paperblog-Leser: Die Original-Artikel in meinem Blog werden teilweise aktualisiert (manchmal auch geändert).

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