Italien: klebrige Sonnenstube

Von Der Muger @derMuger
Es ist ein nebligtrüb hier im Tessin; 6 Grad und Regen. Irgendwie habe ich mir die Sonnenstube der Schweiz anders vorgestellt. Wenigstens blässt mir aus der Heizung ein wenig Karibik entgegen. Hinter Chiasso sind die Berge und die Schweiz zu Ende. Und die Regenwolken auch. Sonne und blauer Himmel.
Die Autobahn zieht pfeilgerade gegen Süden. Auf einmal lauern quer über die Fahrbahn diese gläsernen Kassenhäuschen. Darin hocken übellaunige Geldknechte, die sich ein Vergnügen daraus machen, Sprachunkundige mit unflätigen Schimpfwörtern eindecken. Aber ich hab dich verstanden – du Aff.
Wie immer, mein erster Halt beim „Autogrill“. 50-er Jahre Architektur; ein Tempel des Automobilverkehrs. Sinnlos schön. Innen eine Orgie aus braun, orange und hässlich. Ich stelle mich an den Tresen und trinke einen Caffè aus einer winzigen Tasse. Der Kaffee ist stark und der Tresen leicht klebrig.
Ich mag diese Gegend. Die Landschaft ist langweilig flach, und von hier bis Mailand überbaut mit einfältigen Mietskasernen, Industriehallen und Handlungen aller Art. Ein Siedlungsbrei, planlos hingekotzt. Dann fahre ich weg von der Autobahn und über Land. Unter einem grossen Werbeschild mit einem lachenden Sofa steht eine, für die Jahreszeit erstaunlich leichtbekleidete, Gunstgewerblerin. Sie zeigt mir ihre prallen Drüsen, ich nicke anerkennend. Häuser so weit mein Auge reicht; Aglo von Milano. Touristenfreie Zone. Auf einer Kreuzung haben sich zwei Autos getroffen; Totalschaden. Die Insassen stehen bleich am Strassenrand; scheint ihnen peinlich zu sein. Die Autobrösel bedecken die ganze Strasse. Es knirscht beim drüber fahren.
Die Bäume leuchten bunt in der Abendsonne. Wie in einem Fellini-Film. Manchmal gefällt mir Italien.
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