Veröffentlicht am 1. Oktober 2014 | von Karin Gasch
0It Follows
It Follows Karin GaschWertung
Summary: stimmungsvoll-mitreißendes Horrorkino mit unverbrauchtem Cast und simpler aber sehr wirkungsvoller Story
4.5
Horror
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Vorortidylle, Teenager in der Blüte ihres Lebens und der todbringende Sex vor der Ehe – aus alten Mustern kann manchmal auch Neues erwachsen. Die Zeit des Erwachsenwerdens ist eine der großen Freiheit aber auch der großen Verantwortung. Nicht nur die Sorge für und über das eigene Leben wird zu einem drängenden Thema, sondern auch die Konfrontation mit dem Tod und der eigenen Sterblichkeit. Nicht von ungefähr gibt es ein eigenes Horrofilmgenre, das sich mit Teenagertoden und den vielen Möglichkeiten, sie herbeizuführen, beschäftigt – meist auf recht effekthascherische, blutige Art und Weise. Der junge Regisseur David Robert Mitchell schlägt mit seinem Teeniehorror It Follows eine andere, fast völlig blutleere, Richtung ein und zeigt, wie simpel wirkungsvolles Alptraumkino sein kann.
Jay (Maika Monroe) führt ein ganz normales Teenagerleben in der Vorstadt. Sie ist hübsch, beliebt, hat einen kleinen aber treuen Freundeskreis und ist in einen stattlichen jungen Mann verliebt, mit dem sie ihr erstes Mal erleben möchte. Doch der Sex auf der Wagenrückbank hat schreckliche Auswirkungen für die junge Frau, denn über den vermeintlichen Liebesakt wurde ein Fluch auf Jay übertragen und nun wird sie von einem Wesen bedroht, das verschiedene menschliche Gestalten annehmen kann und sie auf Schritt und Tritt verfolgt. Überleben kann sie nur, wenn sie schneller ist und immer in Bewegung bleibt. Die einzige Möglichkeit, dauerhaft von dem Fluch befreit zu werden, ist, ihn an jemand anderen weiterzugeben.
Das Entkommen vor einem Fluch mittels Weitergabe und eine sich fatal auswirkende Teenagerlibido sind wahrhaft alte Hüte im Horrorgenre. Die bekannten Muster werden von Mitchell aber in ein erfrischend neues Gewand gehüllt, das den Geruch von langen Sommernächten, Weltschmerz und anderen, generationenüberspannend fest mit der Adoleszenz verwurzelten, Stimmungen in sich trägt. Seine ProtagonistInnen wohnen in etwas heruntergekommenen Vorortsiedlungen, träumen von der großen Liebe und möglicherweise einer strahlenden Zukunft irgendwo weit weg, leben ganz in ihrer eigenen Welt und bleiben doch auf dem Boden der Tatsachen und mit ihrer Umgebung fest verhaftet – ganz normale Teenager mit ganz normalen Problemen eben. Erwachsene spielen in ihrer Realität eine untergeordnete Rolle und kommen demenstprechend im Film auch kaum vor. Doch dann bricht das Grauen in die Normalität ein und die jungen Erwachsenen sind auf sich alleine gestellt im Kampf gegen einen heimtückischen Fluch, der sie, frei nach dem Motto „you can run but you can’t hide“, jederzeit einholen kann.
Mit dieser recht simplen Prämisse lässt Mitchell langsam und sehr wirkungsvoll den Terror auf seine ProtagonistInnen und die ZuschauerInnen los. It Follows beschreibt die Tragik, wenn aus großer Intimität und ungeheurem Vertrauensbruch Distanz und die Angst vor jedem weiteren menschlichen Kontakt erwachsen und entlädt in effektvoll platzierten Schockelementen die zuvor aufgebaute Spannung. Lähmende Paranoia und die gleichzeitige Furcht vor dem Stillstand, der den Tod bedeuten könnte – das alles sind Emotionen, die sowohl vom Drehbuch als auch von den DarstellerInnen eindringlich und glaubwürdig transportiert werden. Mitchell bleibt immer nah bei seinen Figuren und schafft mit ihnen eine Stimmung der Verunsicherung, die sich auch aufs Publikum überträgt – das unangenehme Gefühl verfolgt zu werden, wird in der einen oder anderen Form schließlich fast jeder bzw. jedem bekannt sein.
It Follows weckt Reminiszenzen an das Horrorkino der späten 70er und frühen 80er Jahre, als der Horror in die Vororte Einzug hielt und die scheinbare Idylle des Eigenheims in der ruhigen Reihenhaussiedlung von Filmen wie Poltergeist, Halloween oder A Nightmare on Elm Street als trügerisch entlarvt wurde. Tatsächlich erinnert die Synthiesounduntermalung im Film stark an John Carpenters frühe Erfolge und ebenso wie in der Elm Street kann es auch hier fatal enden, unachtsam zu sein und einzuschlafen. Nur dass in diesem Fall keine Rasiermesser schwingende Alptraumgestalt Teenagern nach dem Leben trachtet. In It Follows ist das Grauen wandelbar, kommt in vielen, oft alltäglichen, Gestalten und ist einem immer auf den Fersen – es sei denn, man ist bereit dazu, den Fluch weiterzugeben und sich damit etwas mehr Zeit zu erkaufen. Aber, so viel steht fest, ganz sicher wird man nie mehr sein, denn der Tod hat viele Gesichter und früher oder später holt er jede/n ein.
Regie und Drehbuch: David Robert Mitchell
Darsteller: Maika Monroe, Lili Sepe, Keir Gilchrist, Jake Weary, Daniel Zovatto, Olivia Luccardi
Filmlänge: 107 Minuten, gezeigt im Rahmen des /slash Filmfestivals 2014
Tags:4.5 von 5David Robert MitchellHorrorLili SepeMaika MonroeSlash Filmfestival
Über den Autor
Karin Gasch Aufgabenbereich selbst definiert als: Zwielichtaufsuchende mit Twilight-Phobie. Findet "Ours is a culture and a time immensely rich in trash as it is in treasures" (Ray Bradbury) zeitlos zutreffend.