Eski Imaret Moschee, ehemals Kirche des Christos Pantepoptes,
umgeben von alten osmanischen Holzhäusern
Dieses ist der zweite und letzte Teil meiner Wanderung. Den ersten Teil kann man hier lesen.
Nach dieser Erholung im Teegarten bei der Molla Zeyrek Moschee sind wir gewappnet für den Rest des Weges, der uns in ein Gewirr von Gassen führt. Für mich sind nicht so sehr die Sehenswürdigkeiten der Reiz, da diese meist nur vom geringen Besichtungswert sind, sondern der Reiz liegt einerseits darin, diese überhaupt erst zu finden, quasi wie eine kunsthistorische Schnitzeljagd, und andererseits die Viertel die man dabei sieht, und die kaum jemals ein Tourist betritt. Beispielsweise muss man schon genauer schauen, um einen mutmaßlichen Rest des Pantokrator Klosters (heutige Molla Zeyrek Moschee) zu erblicken, vielleicht eine Bibliothek oder eine Grabkapelle, die von den Einwohner unter dem Namen Şeyh Süleyman Mescidi bekannt ist. Unten besteht diese jetzige kleine Moschee aus einem Kubus, während die obere Hälfte ein Achteck ist, welches durch acht Fenster akzentuiert wird.
Şeyh Süleyman Mescidi, evtl. ehemalige Bibliothek des
Pantokrator Klosters
Noch ein Beispiel einer Sehenswürdigkeit, die nur einen geringen Schauwert bietet, ist die kleine Hacı Hasan Mescidi, errichtet vom Kazasker (Heeresrichter) Hacı Hasanzade Mehmet Efendi um 1500 herum. Einzig interessant an dieser Moschee mit holzgedecktem Flachdach ist das Minarett, welches von den Anwohnern Eğri Minare ( = Schiefes Minarett) genannt wurde. Früher war es wohl etwas schief, heute hab ich davon nichts mehr feststellen können. Interessant daran ist das versetzte Schachbrettmuster aus Ziegelstein und Haustein, eine Besonderheit in Istanbul, und das schöne Stalaktitenwerk beim Balkon mit seinem durchbrochenem Steinumgang. Vielleicht etwas zu ausladend für den schlanken Minarettschaft, aber schön. In der frühosmanischen Zeit experimentierten die Architekten immer wieder mit verspielten Elementen aus seldschukischer Zeit, so auch an der Prinzenmoschee. Also größere Farbigkeit und Ornamentik auch am Äußeren von Moscheen. In der klassischen Zeit osmanischer Architektur löste man sich aber von diesem persisch beeinflussten Geschmack, und ließ diese Verspieltheit zugunsten von klarerer Formensprache und Rhythmus der Bauteile fallen.
Schönes Minarett der Hacı Hasan Mescidi
Eski Imaret Moschee
Das nächste Gebäude ist nicht nach einer Suche zu finden, weil es imposant genug ist, um schon gleich aufzufallen, die Eski Imaret Moschee ( = Moschee der alten Armenküche), ehemalige Kirche des Christos Pantepoptes ( = Allsehender Heiland). Errichten ließ sie schon wieder eine Frau, nämlich Kaiserin Anna Delassena, zwischen 1085-1090. Sie war die Mutter des Alexios Komnenos, eines des Mitbegründers der mächtigen Komnenendynastie, die das byzantinische Reich nochmal auf einen Höhepunkt führte, bevor die Kreuzritter die Stadt eroberten und plünderten. Sie regierte das Reich neben ihrem Sohn fast zwanzig Jahre lang.
Eski Imaret Moschee, rechts die nach Osten gerichtete Apsis
Außen ist die Kirchenmoschee pittoresk von einigen restaurierten alten Holzhäusern im osmanischen Stil dicht umgeben. Noch vor 30 bis 40 Jahren bestand das halbe Viertel aus diesen Häusern, wurden aber durch Bauspekulation, mangelndem Bewusstsein für Denkmalschutz, Bränden, Verwahrlosung, und andere Gründe durch immer gleiche Betonhäuser ersetzt. Trotz der engen Bebauung um die Kirche, bietet sie mit ihrer ornamentalen Verwendung des Ziegelsteins von Außen einen großen Reiz. Man erkennt Mäander, Winkelkreuzmotive und rosettenartige Medaillons.
Blick auf die südliche Schildwand mit gerippter Kuppel auf Tambour
und vier Pendentifs. Darauf sind kalligraphisch die Namen der ersten
vier "rechtgeleiteten" Kalifen aufgemalt. Von oben nach unten und von
links nach rechts: Umar, Ali, Abu Bakr und Uthman
Treten wir ins Innere, sehen wir wieder den Viersäulen-Typus, mit drei Apsiden und doppelten Narthex. Einige schöne rote marmorne Türrahmen haben sich erhalten. Die Säulen wurden im Laufe der Jahrhunderte auch hier durch Pfeiler ersetzt, und die Fenster etwas verkleinert, damit das Mauerwerk durch Erdbeben weniger gefährdet wird. Über dem inneren Narthex verläuft die Empore, die durch eine reizvolle Triplearkade mit zwei rosa marmornen Säulen sich zum Hauptschiff öffnet. Heute ist diese Öffnung verglast, und dahinter vernahm ich Koranschüler, wie sie Suren in einem "Singsang" rezitierten (nicht pejorativ gemeint). Warum auf einer der Metallstreben über dem Raum eine Gebetskette (Tesbih) hängt, kann ich nicht sagen. Vielleicht hat jemand damit herumgeworfen, und sie blieb dort oben hängen?
Säulen wurden durch Pfeiler ersetzt
Blick nach Westen, in den Eingangsbereich, mit doppeltem Narthex, darüber
eine heute verglaste Frauenempore mit Säulen aus Rosengranit
Schauen wir etwas höher, erblicken wir eine 4,5 Meter breite Kuppel mit zwölf Fenstern, unterteilt durch zwölf Rippen, die sich unten auf ein Kranzgesims treffen, welches aus einem Mäanderornament aus Palmetten und Blumendekor besteht. Ohne den Hinweis in Reiseführern wären mir viele solche Details selten aufgefallen, da auch der Innenraum der Moschee gänzlich weiß getüncht wurde, und somit architektonische Bauelemente in der Ferne verschwimmen. Auffälliger sind da schon die marmornen Gesimse im Narthex.
Blick in den nördlichen Bereich mit der linken Apsis am Ende
Blick von der südlichen Apsis aus Richtung Narthex. Kranzgesimse mit
Ornamentik haben sich hier noch erhalten.
Die Seitenapsiden werden durch interessante Kreuzgewölbe überdeckt,
und durch byzantinische Kranzgesimse geschmückt
Die Tonnengewölbe unterhalb der Kuppel weiten den Raum
kreuzförmig aus
Detailansicht der Übergangszone der Kuppel mit dem Kranzgesims
Hier sehen wir beispielsweise ebenfalls meinen persönlichen Reiz solcher intensiven kunsthistorischer Spaziergänge. Es ist für mich nicht nur wie oben beschrieben spannend, wie in einer Schnitzeljagd halb verborgene Sehenswürdigkeiten zu finden, sondern auch die in kunsthistorischen Reiseführern beschriebenen Details zu entdecken. Das mäandrierende Kranzgesims unterhalb der Kuppel ist nun für mich nicht so das Top Aha-Erlebnis, versetzt mich nicht gerade in Ekstase eines künstlerischen Hochgenusses. es ist eher die Befriedigung, quasi wie in einem Bilderrätsel die in Texten beschriebenen Details auch vor Ort entdecken zu können. Vor allen Dingen nachvollziehen zu können, zum Beispiel architektonische Kniffe nachvollziehen zu können, Raumwirkungen verstehen zu können.
Die alte Spitze der Kuppel wird nach der Restaurierung in der Moschee
gezeigt
Geht man die hintere Treppe zur Frauengalerie hoch, bekommt man einen
Überblick über den heutigen Gebetsraum, mit der südöstlich ausgerichteten
Gebetsrichtung, weshalb dieses schief wirkt, da die Kirchen nach Osten
ausgerichtet ist. Schlichter Mihrab und Minbar.
In byzantinischer Zeit waren alle Wände mit figürlichen Goldgrundmosaiken
geschmückt, die in osmanischer Zeit aufgrund des sog. Bilderverbots in
Sakralbauten zerstört und zum Teil überdeckt wurden. Aber auch nicht immer
gleich nach der Eroberung Konstantinopels. Manchmal dauerte es bei einigen Kirchen
hunderte Jahre, bevor sich jemand daran störte, und
die menschlichen Abbildungen übertünchte.
Die Kaiserin Anna Delassena zog sich die letzten Lebensjahre in diese Kirche zurück, um asketisch den Lebensabend zu verbringen. Nach der Eroberung durch die Kreuzfahrer im 13. Jahrhundert, wurde das Gebäude als Benediktinerkloster genutzt, und behielt diese Funktion auch bis zur osmanischen Eroberung 1453, wo es als eines der ersten Gebäude der Stadt zu einer Moschee umgewidmet wurde. Auch hier sehen wir auf dem Gebetsteppich wieder schräg zu den Wänden verlaufende Linien, die die Gebetsrichtung nach Mekka markieren.
Marmoner Türrahmen vom Esonarthex (Vorhalle) in den Kirchenraum.
Jetzt führt hier eine Treppe zur Frauenempore, wo heutzutage wohl der Raum
zum Unterricht des Korans genutzt wird.
Blick vom Exonarthex (also der äußeren der beiden Vorhallen) in den
Esonarthex dahinter, und in den Moscheeraum bis hin zum Mihrab,
die die Gebetsrichtung Mekka weist. Dieser Türrahmen besteht aus
einem besonderen Gestein, es war so dunkel dort, dass ich ihn nicht
bestimmen konnte, vielleicht Porphyr, jedenfalls ist die zentrale
Achse damit akzentuiert worden - für die Kaiser.
Bevor wir rechts die Moschee wieder verlassen, noch ein Blick in den
Exonarthex mit Kreuzgewölbe und Kranzgesims. Hinter den Paravents beten
wohl die Frauen.
Man könnte nun noch einigen Gebäuden einen Besuch abstatten, unter anderem zwei Moscheen, dessen einziger Reiz vielleicht darin besteht, dass erstere in Googlemaps erst beim Heranzoomen von unter 10 Metern Erwähnung findet (so unbedeutend erscheint diese), und letztere Moschee die zweitälteste der Stadt ist. Wie gesagt, man könnte das jetzt überspringen, und beim Çinili Hamam weiter besichtigen. Na gut, machen wir die Schnitzeljagd ein wenig weiter, und besuchen mittels meinen Fotos die Aşık Paşa Moschee, eine Moschee, die ihren Namen vom legendären Dichter Sultan Orhan I. (~ 1281-1359) erhielt, als Bursa noch Hauptstadt des jungen osmanischen Reiches war. 1554 wurde sie von einem angeblichen Nachfahren des Dichters, Şeyh Ahmet Efendi, erbaut. Sie wird oder wurde jüngst restauriert, und man sieht sehr schön den Schichtwechsel von Hausteinen und Ziegeln, ein Motiv, dass uns den ganzen Tag schon begleitet. Gegenüber der Moschee befindet sich das Mausoleum des Stifters (Türbe) und nebenan ein früher errichtetes Derwischkloster.
Aşık Paşa Moschee. Leider kommt man nicht hinein, wieso wohl?
Wieder Restaurierung. ;)
Aşık Paşa Moschee und gegenüber die Türbe des Stifters
Wühlen wir uns weiter durch das Straßengewirr, kommen wir nun zur unscheinbaren Yarhisar Moschee ("Moschee des Geliebtenschlosses"), zweitälteste Moschee der Stadt nach der oben besichtigten Sagrıcılar Camii, und einem gleichen Bauschema folgend. 1461 von einem Richter der Stadt errichtet, Muslihettin Mustafa Efendi. Sie wurde mal im 20. Jahrhundert bei einer Restauration arg "verschlimmbessert". Später wurde sie dann erneut restauriert, und die Fehler ausgebessert, so dass sie uns heute so erscheint, wie auf dem Foto.
Yarhisar Moschee, mit zweijochiger Vorhalle, ganz hinten im Hintergrund, erkennt
man grün den gegenüber auf der anderen Seite des Goldenen Horns
befindlichen Zindan Arkası Friedhof
Unterwegs im Viertel kann man immer wieder alte osmanische Holzhäuser
sehen, die restauriert und vor dem Verfall gerettet wurden und sich zwischen
die Häuser aus Beton zwängen. Dieses hier ist schon eher eine Villa
mit westlichen Elementen und daher etwas untypisch im Aussehen
Wenn wir uns wieder Richtung Atatürk Boulevard wenden, und an der Molla Zeyrek Camii vorbeigehen, kommen wir zum Çinili Hamam ("Fayencen-Bad") an der Iftaiye Caddesi - Feuerwehrstraße. Ein frühes Werk von Sinan, ca. 1545 für den berühmt berüchtigten Admiral und Korsaren Barbaros Hayrettin Pascha (Barbarossa) erbaut. Es ist wie meistens ein Doppelbad, getrennt nach einer Abteilung für Männer und einer für Frauen, hier aber unüblicherweise mit den Eingängen auf derselben Fassadenseite gebaut. Beide Hälften des Bades sind architektonisch fast ein Spiegelbild mit Umkleidesaal, Kaltraum für den Übergang der Temperaturen, und dem eigentlichen Heißsaal, das man im Vordergrund des Fotos sieht. Leider wird dieses osmanische Bad restauriert und ist daher geschlossen, wie bestimmt ein Viertel aller Sehenswürdigkeiten bei meiner Reise. Innen könnte man Reste von jüngeren Fliesenfeldern entdecken, die leider nicht mehr das halten, was der Name des Hamams verspricht. Brände und Erdbeben, sowie Verfall und Verwahrlosung haben unwiderbringlichen Schaden angerichtet, bevor es Anfang der 1970er restauriert wurde und als Hamam daraufhin auch genutzt wurde.
Çinili Hamam
Gehen wir weiter Richtung Valens Aquädukt die "Feuerwehrstraße" entlang, kommen wir zu einer von doppelten Platanenreihen beschatteten langgezogenen Fußgängerzone, einem Marktviertel, welches noch einen altertümlichen Charme ausströmt und geschäftiges Treiben zeigt. Er ist bekannt unter dem Namen Kadınlar Pazarı (Frauen Basar) oder Siirt Pazarı. Auf winzigen Hockern sitzen überall Menschen, und schlürfen ihren Tee, wobei der Menschenschlag doch eher eine ländliche Herkunft zeigt, was auch den urtümlichen Charme ausmacht. Wir haben schon anhand des Namens des Basars eine Vorstellung davon, wieso dieser Markt einer sehr viel ländlichere Atmosphäre ausströmt, denn ich vermute, die vielen Spezialitäten aus Siirt, Adıyaman, Mardin, Diyarbakır, Bitlis, Muş und Umgebung, also aus dem Osten der Türkei, verweisen auch auf die Herkunft der überwiegenden Basarbesucher und Geschäftsinhaber, nämlich jene Einwanderer nach Istanbul, die in Wellen der Landflucht seit den 1950er Jahren dafür sorgten, dass sich Istanbuls Einwohnerzahl etwa verzehnfacht hatte. Sie fanden wohl Wohnraum im damals günstigen und teils verfallenen Stadtviertel Fatih, der hier an den Atatürk Boulevard heran reicht. Ist bestimmt nicht der schönste Marktplatz in Istanbul, aber hier findet sich nicht ein einziger Tourist und auch die Infos die man so im Internet auf die Schnelle findet, deuten doch eher auf einen "Geheimtipp" hin - für diejenigen, die noch einen Markt suchen, in dem vorwiegend Einheimische einkaufen und sich aufhalten.
hier fährt man mit seinem Auto in die "Waschstraße" quasi durch einen
Metzgerladen
ein Wagen einer religiösen Stiftung verteilt kostenlos türkische Süßigkeiten.
Rechts im Hintergrund das Çinili Hamam
in den Läden dieses Basarviertels lassen sich allerlei Spezialitäten entdecken,
hier Seifen in allen Regenbogenfarben und mit spezifischen Charakteristika
Nachdem wir vielleicht bei einer Süßigkeit und einer Tasse Tee die Atmosphäre des Platzes aufgesogen haben, betrachten wir nun etwas näher das Monument, welches wir schon lange von Weitem erblicken konnten. Der Aquädukt des römischen Kaiser Valens. Diese überirdische Wasserleitung wurde 375 n. Chr. erbaut, als die Wasserversorgung der erst kürzlich zur Hauptstadt des römischen Reiches ausgerufenen Stadt neu geregelt wurde. Das Wasser kam aus Seen und Flüsschen außerhalb der Stadt und wurde unterhalb der theodosianischen Landmauer in Höhe des Edirne Kapıs unter die Mauern durchgeleitet.Ungefähr an der Stelle, wo sich nun die Sultan Mehmet II. Fatih Moschee befindet, trat die Wasserleitung aus der Oberfläche heraus, und wurde über den tiefen Talabschnitt gegeleitet, das den Vierten vom Dritten Stadthügel trennt. Ursprünglich war es ca. 1000 Meter lang, heute sind noch ca. 800 davon erhalten. Die höchste Stelle erreicht das Aquädukt beim überspannen des Atatürk Boulevards mit etwa knapp 30 Metern. Auf dem Dritten Stadthügel etwa dort, wo sich heute der Beyazıtplatz erstreckt, stromte das Wasser dann in eine große Zisterne, von wo es aus in andere Stadtviertel verteilt wurde. Das Wasser floß dabei durch eine doppelte Wasserröhre mit einem Gefälle von 1:1000. Die römischen und byzantinischen Kaiser, ebenso wie die osmanischen Sultane, restaurierten bei Bedarf die Wasserleitung, Ende des 17. Jahrhunderts wurde dieses Netz zuletzt aufwändig instand gehalten, und noch in den 1970er Jahren bezeichneten die Anwohner das Wasser, was wohl vorrangig vom Terkos/Terkoz-See stammte (heute umbenannt in Durusu See), als "içilmez", als untrinkbar, womit sie den Wassergeschmack meinten, damals noch ungechlort, quasi die Provinenz, nicht die Wasserqualität.
Der mächtige Valens Aquädukt bildet fast das Ende unseres Spazierganges.
Im Schatten der Rundbögen lässt sich mit Blick auf den dahinter liegenden
Park bei einer Tasse Tee gut der Tag ausklingen
Bevor wir unter den mächtigen doppelten Arkaden des Valens Aquäduktes schreiten, können wir noch ein Blick auf eine kleine schöne Külliye richten, die sich unmittelbar an den Aquädukt anschmiegt: Die Medrese des Gazanfer Ağa ("Herr Löwenmut"). 1599 wurde diese kleine reizvolle Medrese, samt Türbe des Stifters (Mausoleum), sowie ein anmutiges Brunnenhaus mit reizvollen Gittern (Sebil) errichtet. Gazanfer Ağa war Chef der Weißen Eunuchen im Harem des Sultans Mehmet III. und der letzte auf seiner Position, der Einfluss auf die Politk des Serails hatte. Denn nach ihm eroberten die Oberen der Schwarzen Eunuchen im Intrigenspiel des Palastes diese einflussreiche Position. 1945 wurde der Stiftungskomplex restauriert, und diente in der zweiten Hälfte des 20. Jh. als kleines Stadtmuseum mit Exponaten der Stadtgeschichte, danach als Karikaturen Museum, bevor es dann im neuen 21. Jahrhundert geschlossen und in eine religiöse Stiftung und Kulturzentrum umgewandelt wurde. Wie so oft, geschlossen, aber immerhin kann man durch das Gitter einen Blick ins Innere der Anlage werfen, wenn auch nicht ins Innere der Medrese.
Medrese des Gazanfer Ağa, dahinter der Valens Aquädukt, links behängt mit
einem dieser riesigen Plakate, die in der ganzen Stadt hängen,
und die den Sieg der Nation über die Putschisten
Mitte des Jahres 2016 feiern sollen, und die Nation
mit ihren Sprüchen beschwören sollen
Monument zu Ehren von Sultan Mehmet II, Fatih, der Erober von
Konstantinopel und sein Gefolge im Fatih Anıt Park
Hinter dem Aquädukt erstreckt sich bis zur großen Kreuzung der sich schon seit der Spätantike kreuzenden Straßen, der Fatih Anıt Parkı, der Fatih Gedächtnis Park, mit einer modernen Skulptur die den Eroberer von Konstantinopel, Sultan Mehmet II. Fatih, (auf türkisch Fatih Sultan Mehmet, kurz Fatih) zusammen mit seiner Tuğra (Unterschrift, großherrschaftliches Siegel) heroisch darstellt. Früher lag hier wahrscheinlich das byzantinische Forum Amastrianum, ein Platz wo die Byzantiner öffentliche Hinrichtungen abhielten.
Da wir uns am Rande oder auch im erzkonservativen Viertel Fatih
befinden, laufen einem schon mal ein paar Türkinnen mit
dem iranischen Tschador über den Weg. Es sind aber doch nicht
so viele, wie vielleicht vorher gedacht. Hier an der großen Kreuzung
am Rathaus, sieht man im Hintergrund die Prinzenmoschee, die wir
im letzten Blogartikel schon mal von weitem in der Panoramasicht
erblicken konnten
Direkt an der Kreuzung sehen wir auf der einen Seite das Rathaus, 1953 von einem türkischen Architekten erbaut, mit moderner zu jener Zeit üblichen Formensprache, dezenten Anklängen an die osmanische Tradition durch ornamentaler Verwendung von Fliesen, sowie auffälligen Bögen auf dem Dach.
Das moderne Rathaus. Oben auf der Terrasse soll es auch ein Restaurant, bzw.
eine Kantine geben. Früher soll man da auch als Tourist mal reingelassen
worden sein. In der heutigen Türkei sieht man das aber nicht mehr so
locker wie früher, und man braucht für alles offizielle Genehmigungen,
zumindest dann, wenn man eine Spiegelreflexkamera um den Hals
baumeln hat.
Daneben, auf der anderen Straßenseite kommen wir dann zum letzten Punkt unserer Sehenswürdigkeiten, die Ruinen der byzantinischen Kirche des Heligen Polyeuktos.Diese verschüttete Kirchenreste wurde bei den Bauarbeiten dieser Kreuzung im letzten Jahrhundert freigelegt, von Byzantinisten und Archäologen erforscht und konserviert. Danach wurde die Kirchenruine in einem Saraçhane Arkeoloji Parkı genannten archäologischen Park der Öffentlichkeit übergeben. Dabei wurden die wertvollsten Stücke ins Archäologische Museum Istanbul gebracht und können dort heute noch bestaunt werden, und einen Einblick in die hohe Steinmetzkunst des spätrömischen Reiches geben. Heute bietet sich hier ein eher trostloser Anblick von Substruktionen der Kirche, der ähnlich war, wie vor zwanzig Jahren, nämlich als eine Mischung aus öffentlichen Pissoir und Müllhalde. Obwohl es eigentlich ein Park sein soll, der zudem nun durch einen hohen Zaun abgesperrt wird, bieten die vielen Nischen und Mauerreste wohl eine unwiderstehliche Versuchung mitten an einem Verkehrsknotenpunkt mal sich zu erleichtern oder seine Zeitung wegzuwerfen. Leider war ich wohl zu spät angekommen, denn der Park war schon geschlossen, aber die "Düfte" waberten mir dennoch in die Nase. Erstaunlicherweise war die Stifterin dieser sehr großen Kirche schon wieder eine Frau. Man könnte diesen Spaziergang durch Istanbul eigentlich auch unter dem Titel "Auf den Spuren der Frauen Istanbuls" bezeichnen. Die Kaisertochter Anicia Juliana ließ 524 bis 527 diese dem Märtyrer und Heiligen Polyeuktos gewidmete Kirche erbauen. Sie ist also eine der frühesten unter dem Kaiser Justinian errichteten Bauten. Dieser Polyeuktos soll der Legende nach im 3. Jahrhundert Götterstatuen zerstört haben, und dafür von den Römern gefoltert und enthauptet worden sein. Die Kirchenbasilika war gleich eine der sehr großen Kirchen der Stadt, mit 52 Meter im Geviert. Zur Veranschaulichung, die Sultan Süleyman Moschee hat 1000 Jahre später 58 Meter im Geviert. Im 11. Jahrhundert wurde diese Kirche aufgegeben. Einige wenige Reste des Bauschmucks sind noch vor Ort anzuschauen, das Wertvollste wie oben erwähnt im Archäologischen Museum, bis auf eine wunderschöne Säule: Die haben die venezianischen Kreuzritter beim Plündern das Stadt mit nach Venedig genommen (neben anderen Stücken dieser Kirche) und vor die Südseite der Kirche San Marco aufgestellt, wo sie heute noch bewundert werden kann, neben anderem Raubgut aus dem damaligen Konstantinopel,wie zum Beispiel die berühmte Quadriga.
Ruinen der Polyeuktos Kirche, leider schon geschlossen gewesen
Substruktionen der Polyeuktos Kirche
Das war ein Spaziergang durchs eher unbekannte Istanbul, der bestimmt einen halben Tag benötigt, wenn man viel fotografiert und vielleicht noch länger in den diversen Einkaufsstraßen schlendert auch einen ganzen Tag. Geprägt ist er nicht immer von weltberühmten allererste-Sahne-Sehenswürdigkeiten, aber dennoch bieten viele Bauwerke etwas besonderes, was man so woanders in der Stadt nicht finden kann. Und sei es auch nur, dass man hinterher in Deutschland damit angeben kann, dass man vielleicht zu Einem jener erlauchten zweistelligen Anzahl von Leuten hierzulande gehört, die viele der beschriebenen Gebäude jemals im Leben gesehen haben. ;) Außerdem vervollständigt man durch solche Spaziergänge die Kenntnisse der Geschichte der Stadt und seiner Reiche.
Den ersten Teil des Spazierganges mit meist interessanteren Sehenswürdigkeiten und entsprechenden Fotoinformationen kann man hier lesen.
wir kehren wieder dahin zurück, woher wir gestartet sind, nämlich zum
südlichen Kopf der Galatabrücke, wo wir uns nochmal das Kuppelgewirr
der Sultan Süleyman Moschee und Rüstem Pascha Moschee anschauen
Dort vor der am Ufer liegenden Yeni Moschee könnten wir uns den
Staub von den Schuhen putzen lassen
Da ich auf der asiatischen Seite wohnte, habe ich jeden Tag noch
das Highlight einer Bosporus Überquerung vor mir. Es sei denn,
man fährt mit der U-Bahn unter dem Bosporus hindurch, was
neuerdings möglich ist.
Am Kopf der Galatabrücke in Eminönü, mit der Yeni Moschee links
und der Sultan Süleyman I. Moschee rechts
letzter Blick zurück nach Europa, zur Galatabrücke, wo wir gestartet sind
hin zur rechts befindlichen Fatih Sultan Mehmet II. Moschee, wo wir
dieses Viertel durchstreift haben.