Istanbul, du Schöne!
Schon lange himmle ich Dich an, doch nie hat es mit uns geklappt. Drei Flirtversuche habe ich unternommen, die jäh vereitelt wurden. Krankheit, Schwangerschaft, eine Flugplanänderung. Nun hast du mich endlich erhört und mir eine Chance gegeben, uns näher kennenzulernen und zu beschnuppern.
Ich hatte so viel mit Dir vor, wenn auch nur wenig Zeit. Ich wollte in die Vollen gehen, wollte auf Deinen zahlreichen Dachterrassen speisen, auf Kelim Kissen am Bosporus Shisha mit Dir rauchen, im Park gegrillten Maiskolben und Maronen kosten, mich in Deinen Gassen verlaufen, Deine Energie und den Aufbruch spüren, Dondurma (türkisches Eis) bei Sonnenschein genießen und über die immer gleichen Späße des Verkäufers lachen.An der mondänen Strandpromenade in Bebek flanieren, mit Händlern bei Apfeltee auf Deinen Märkten feilschen (und trotzdem überhöhte Preise zahlen). Auf den Prinzessinneninseln die Zehen ins Wasser stecken, auf einer Bosporus-Tour Seeluft schnuppern.
Dann das! Du zierst Dich. Machst es mir nicht gerade leicht. Lässt mich stundenlang an der Immigration warten, im Stau stehen, im Regen warten, Schlange stehen. Du brüllst laut und hektisch, zeigst Dich grau, düster, schlecht gelaunt. Und mir die kalte Schulter. Deine Aufmerksamkeit muss ich mit Tausenden teilen, die alle einen Blick auf Deine Schönheit werfen, und von Deiner bewegten Vergangenheit hören wollen.
Ich gebe mir ernsthaft Mühe, spule mein Programm ab, trotz besseren Wissens, dass ich sowieso nicht alles abharken kann. Bemühe mich ernsthaft mit Dir auszukommen, schließlich müssen wir weitere drei Tage miteinander aushalten.
Doch ab jetzt mache ich mehr mein Ding, lasse Deine Pracht links liegen und mich nicht mehr von Dir hetzen.
Ich schenke dem Kellner mein Ohr und lasse mich auf ein Schwätzchen mit dem Teppichverkäufer ein, der längst weiß, dass ich nichts kaufen werde, höre auf die Tipps des Lobby-Boys und nicht auf den Reiseführer, lasse mich vom Taxifahrer irgendwo absetzen und erlaufe mir den Rest.
Und siehe da, Du öffnest Dich, wirst zugänglicher, zeigst mir Deine leise, Deine urbane Seite und schenkst mir von Zeit zu Zeit sogar ein sonniges Lächeln. Nimmst mich an die Hand und ich bin mitgegangen.
Wohin?
- Ins „bohème“ Cihangir zum Flanieren zwischen Antiquitätenläden, Galerien und den neusten Szenekneipen (z. B. Journey )
- Zur Süleymaniye Moschee, die beindruckend schlicht und beeindruckend schön ist. Zudem eine Oase der Ruhe. Auf den simplen alternativen Dachterrassen Cafés im Fatih Viertel genießt man nicht nur einen Wahnsinns-Blick aufs goldene Horn, man kann auch bei Gözleme, Tee und Shisha prima chillen. Schwindelfreie marschieren auf der Stadtmauer. Danke für den Tipp, liebe Weltwunderer.
- Nach Nisantasi zum Staunen wie Schickimicki und Edelboutique-Hopping im Orient funktioniert.
- Zum Fischmarkt und auch ein Schwätzchen mit den Fischern auf der Brücke nach Galata (Karaköy)
- Einmal mondän Abendessen in Besiktas/Bebek mit tollem Setting und sensationellen Blick auf die Bosporusbrücke (Fischliebhaber werden z.B. das Restaurant Rumelihisarı Iskele lieben. Für mich „Vegantarier“ war es essenstechnisch leider enttäuschend)
- Auf die Fähre, um wenigstens einmal in Asien vom Schiff zu steigen und in Üsküdar ein Café aufsuchen (z.B. Beltur Pasalimani mit Kaffee und Kuchen am Wasser)
Bilder: ©Privateigentum Hidden Gem