Ist soziale Gerechtigkeit machbar?

Von Aristo
Es gibt verschiedene Definitionen für "soziale Gerechtigkeit", je nach politischer Denkschule. Ich verstehe unter sozialer Gerechtigkeit die weitgehend gleichmäßige Verteilung von Gütern und Leistungen, so wie den ungehinderten Zugang zu diesen unter Berücksichtigung der Menschenrechte und des Grundgesetzes. Soziale Gerechtigkeit ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaft.
Auf den Nachdenkseiten bin ich auf einen interessanten Beitrag von Wolfgang Lieb gestoßen, mit dem Titel „Erschreckendes und zugleich Ermutigendes über Margret Thatcher“.
In diesem weist Wolfgang Lieb auf einen Artikel im Guardian hin, der kurz und bündig darlegt, was Margaret Thatcher in ihrer 11-jährigen Amtszeit ihren Bürgern angetan hat. Wolfgang Lieb kommt über diesen Artikel zu einer interessanten Einschätzung. Er schreibt:
Die schlimmste Krisensituation seit der Großen Depression Ende der 30iger Jahre des letzten Jahrhunderts, in der wir uns derzeit befinden, brach weder durch einen Schicksalsschlag noch durch unausweichliche kapitalistische Gesetzmäßigkeiten über uns herein, sondern durch eine Ideologie, die u.a. mit dem Aushungern des Staates, mit Privatisierung, Deregulierung und vor allem mit der Ausschaltung gesamtwirtschaftlichen Denkens politisch herbeigeführt wurde.

Bei den kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten bin ich anderer Meinung. Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einige Systemfehler, die regelmäßig zu Krisen und bis zum Kollaps führen müßen. Ansonsten teile ich die Einschätzung. Aus obigem Zitat kommt Wolfgang Lieb zu einem interessanten Schluß, er schreibt:
Wenn es aber der Politik möglich war, den Karren in den Dreck zu fahren, dann müsste es ihr genauso gut auch möglich sein, wieder einen Weg daraus herauszufinden. Voraussetzung wäre, dass endlich überhaupt wahrgenommen würde, auf welchem Irrweg wir uns befinden. Darüber hinaus wäre es notwendig, dass politische Konzepte und Kräfte wieder die Oberhand gewönnen, die den Dogmen der zurückliegenden gut dreißig Jahren den Schleier ihrer angeblichen „Alternativlosigkeit“ wegziehen könnten und Konsequenzen aus deren permanentem Scheitern ziehen würden.

Das klingt fast schon etwas naiv. Ich bevorzuge jedoch eher den Begriff optimistisch. Natürlich wäre es der Politik möglich, den Karren aus dem Dreck zu fahren. Es wäre sogar möglich gewesen, diesen Karren erst gar nicht in den Dreck hinein zu fahren. Ich wage sogar die Behauptung, das DIE Politik sehr wohl wusste, das der Karren im Dreck landet. Aber für wen steckt die Karre im Dreck? Doch nicht für die Milliardäre und Millionäre in unserem Land. Im Gegenteil, diese haben doch davon profitiert. Die Karre steckt für Millionen Menschen in unserem Land im Dreck. Für die Rentner, Niedriglöhner, Minijobber, Hartz-IV Empfänger, Kinder, Jugendliche und Familien.
Und wer ist denn DIE Politik? Die Regierung? Nein, es sind die 612 Abgeordneten im Bundestag die maßgeblich die Politik bestimmen. Doch wenn man sich anschaut, wie diese arbeiten, kann einem Angst und Bange werden. Viele Vorentscheidungen fallen in Arbeitskreisen und Fachausschüßen. Diese Vorentscheidungen werden dann, dank Fraktionszwang, von den Abgeordneten nur noch durchgewunken. Dabei wird ein Teil dieser 612 „Volksvertreter“ permanent von Lobbyisten belagert. Nur so ist erklärbar, dass der von Wolfgang Lieb beklagte Irrweg, der seit 30 Jahren schon andauert, nicht verlassen wurde und ohne Druck von außen auch nicht verlassen werden wird.
Obwohl die BürgerInnen unseres Landes mehrheitlich gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist, wird der Bundestag am 26.01.2012 wohl eine Verlängerung des Einsatzes beschließen. So geht Demokratie heute. Eine Farce. Wissen Sie, wie die Abgeordneten in Ihrem Wahlkreis über wichtige Themen abgestimmt haben? Wohl kaum. Wie unsere Demokratie funktioniert, hat doch Jean Claude Juncker eindeutig erklärt.
Jean Claude Juncker brachte es doch auf den Punkt:
Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter.
– Jean Claude Juncker, Der SPIEGEL 52/1999, S. 136

Fangen wir doch mal an zu schreien. Die Occupy-Bewegung ist ein erster zaghafter Versuch. Bei diesem Versuch wird es aber nicht bleiben. Druck erzeugt Gegendruck. Und was passieren kann, hat uns doch die Entwicklung in Tunesien gezeigt. Um beim Thema soziale Gerechtigkeit zu bleiben. Wie sieht es denn damit in Deutschland aus? Übel. Die Bertelsmann-Stiftung hat für die OECD-Staaten dazu in 2011 ein Ranking erstellt. Ich bin weder ein Freund der Bertelsmann-Stiftung, noch ein Freund von Rankings. Gleichwohl können Rankings aufschlußreich sein, wenn man die dem Ranking zugrunde liegende Methodik kennt.
Von 31 Staaten belegt Deutschland nur Platz 15. Mittelmaß also. Beim Bildungszugang liegt Deutschland sogar nur auf Platz 22 hinter Chile. Weitere Einzelbewertungen, Methodik und Erläuterungen finden sie im
OECD Ländervergleich im PDF-Forma
Der Weg zu sozialer Gerechtigkeit ist nur mit bundesweiten Volksentscheiden realisierbar.
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