Ist RegTech “the next big thing” in 2017?

Der Begriff Fintech ist nun schon fast flächendeckend in der Finanzwelt angekommen. Auch Innovatoren anderer Wirtschaftszweige verstehen, was es damit auf sich hat. Seit einiger Zeit kommt in der Szene ein neuer Begriff auf: RegTech. Regtech ist, wie Fintech auch, ein Kofferwort aus den Begriffen Regulation und Technology. Es beschreibt im weitesten Sinne technologische Lösungen zur Bedienung regulatorischer Anforderungen sowie zur Unterstützung von Regulierten und Regulatoren.

Aktuell beziehen sich die Entwicklungen zwar weitgehend auf die Finanzbranche, streng genommen ist aber nicht nur die Finanzwelt stark reguliert. Das eröffnet den Lösungen, die in diesem Segment entwickelt werden, Potenziale, die sich auch in der Realwirtschaft oder dem Privatleben wiederfinden können. Die Ansätze, die die Akteure entwickeln, werden mittelfristig voraussichtlich mehr Bereiche des täglichen Lebens betreffen als derzeit vermutet wird. Vermutlich werden die RegTech-Entwicklungen zukünftig auch mehr Schnittstellen zu Legaltech und Insurtech als zu Fintech haben. Nichtsdestotrotz liegt der Entwicklungsfokus hauptsächlich auf der Finanzbranche.

Nun hat RegTech es Anfang Juni auch als Thema zu Between the Towers in Frankfurt geschafft. Grund genug, sich das ganze einmal anzusehen, da die Regulierung in der Finanzwelt wie eine unkalkulierbare Wetterlage so ziemlich jegliche Kreativität hemmt.

Abgesehen davon, dass der fesselndste Beitrag des Abends vom Getränkesponsor kam, wurde das Programm mit einem Vortrag von Dr. Florian Reul eröffnet, der nicht nur die Bedeutung des Themas für den Finanzsektor darstellte, sondern sich insbesondere auch dem widmete, was die gesamte Branche hemmt und Innovationen verhindert. Zu nennen sind an dieser Stelle insbesondere das sogenannte Regulation Lag und die Ideen für neue Geschäftsmodelle. Selbstredend wurden diese Probleme (Und nein, es sind für die Branche nicht einfach nur Herausforderungen, sondern echte Probleme!) branchenfreundlich formuliert und weniger provokant verpackt. Aber sie wurden auf fachlich fundierte und für das Thema durchaus unterhaltsame Weise thematisiert.

Die weiteren Vorträge des Abends waren zwar informativ und unterhaltsam, jedoch in Teilen am Thema vorbei. Wobei man der Fairness halber sagen muss, dass gerade das thematisch nicht unbedingt Elemente durchaus befruchtend sein können, wenn man sich etwas Neuem stellen soll.

Um auf die Frage zurückzukommen, die diesem Artikel als Überschrift dient, muss man sich zunächst im Klaren darüber sein, welche Interessen bzw. welche Stakeholder davon betroffen sind. In erster Linie betrifft RegTech die Regulierten sowie die Regulierer. Die Regulierer haben selbstredend ein Interesse daran, dass mögliche Report- und Überwachungsmöglichkeiten effizient, in echtzeit und möglichst prädiktiv funktionieren. Das gleiche gilt für die Regulierten. Weiterhin ist es für beide Seiten von Interesse, dass das ganze möglichst kostengünstig und effektiv passiert. In diesen Bereichen wird RegTech mit großer Sicherheit eines der nächsten großen Themen.

Ein wirklich richtiges „next big thing“ dürften die meisten Lösungen jedoch nicht werden. Die Erklärungen dafür lieferte u.a. Herr Reul im Rahmen seines Vortrages. Das regulation lag wurde oben bereits als Problem angeführt. Da der Großteil der Manager als angestellte Verwalter agieren, haben die meisten eigentlich kein Interesse daran, rechtliche Risiken einzugehen. Folglich dürften es sämtliche Innovationen schwer haben, die nicht zu 100 % als juristisch unbedenklich abgesegnet wurden. Diese Prozesse dürften selbst für vergleichsweise durchschaubare Angelegenheiten durchaus ihre Zeit andauern. Schließlich werden sich die Juristen, die derzeit von der manuellen Bearbeitung regulatorischer Fragestellungen profitieren, mit großer Sicherheit ihre Geschäfte nicht kanibalisieren.

Ein weiterer Grund, der „the next big thing“ verhindert, liegt in den Köpfen der Entscheider und vieler Unternehmensgründer. So werden in der Regel technologische Lösungen für bestehende Prozesse und Probleme entwickelt und angeboten. Das gleiche gilt für Geschäftsmodelle. Meist werden lediglich bestehende Produkte oder Dienstleistungen „in Technologie gegossen“ und als große Innovationen ausgelobt. Wirklich neue Geschäftsmodelle, die bestehenden Kundennutzen abseits der existierenden Regulierung generieren, sind derzeit praktisch keine in Sicht.

So wird RegTech zwar an Bedeutung gewinnen, sicherlich aber nicht der Megatrend der nächsten Jahre werden. Die wirklich geschaffenen Mehrwerte, dürften schnell ohne großes Aufsehen von den Branchenriesen aufgekauft oder werden. Alternativ werden sie ohne großen Medienrummel im Hintergrund existieren.

Insbesondere im Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen bleibt jedoch noch ein wichtiger Punkt offen. Dieser wurde auch bei Between the Towers nicht aufgegriffen. Und zwar sind das Geschäftsmodelle, die bestehende Regulierung überflüssig machen oder diese umgehen. Zwar schwebt über ihnen „der Makel des regulation lag“, streng genommen entsprechen aber nur diese Ansätze dem, was man unter einer disruptiven Innovation verstehen kann. Alles andere sind inkrementelle Innovationen, die der Entwicklung der technologischen Machbarkeit hinterherhinken.

Das Thema RegTech wird uns also zunehmend begleiten, im Vergleich zu Fintech oder Legal Tech aber nur einen Nebenkriegsschauplatz bei der Umwälzung der Finanzindustrie darstellen.


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