Ist fett der sechste Geschmackssinn?

Geschmackssinn

    Sehr wahrscheinlich!

    Eline vom Küchentanz wies mich anlässlich der Sonntagsfrage “Was ist Geschmack?” darauf hin, dass es neben den bekannten fünf (süß – salzig – sauer – bitter – umami) einen weiteren Geschmackssinn gebe: fett.

    Nachdem diese Erkenntnis für mich, das muss ich zugeben, so neu wie überraschend war, habe ich mich auf die Suche begeben.

    Zu den Fakten:

    Bis vor wenigen Jahren war sich die Fachwelt über drei Erkenntnisse bezüglich Fett sehr sicher:

    • Fett wird im Wesentlichen als Aroma, das heißt über die Nase sowie retronasal – quasi von hinten durch die Brust ins Auge bzw. durch den Mund in die Nase – wahrgenommen.
    • Die meisten Aromen sind vorwiegend fettlöslich . Geschmäcker sind vorwiegend wasserlöslich.
    • Fett “entlässt” Aromen langsamer als Wasser. Das heißt: je fetthaltiger etwas ist, desto langsamer werden die Aromen im Mund abgegeben.

    Die erste Erkenntnis scheint, nach aktueller Lage, falsch zu sein. Zumindestens deutet viel darauf hin.

    Auch der gesunde Menschenverstand lässt die, vergleichsweise neue, “Geschmackstheorie” naheliegend erscheinen. Denn: der Geschmackssinn ist evolutorisch vor allem für das Überleben zuständig. Süß und umami stehen für überlebensnotwendige Energie, salzig für “notwendig aber nicht zuviel davon”, sauer und bitter für “vorsicht”. Dass “fett” als Energielieferant in dieser Gruppe mitspielt, ist somit nicht abwegig.

    2005 wurde dann an der Universität Dijon nachgewiesen, dass “normale” Mäuse einen Vorliebe für Fett haben. Mutierte Mäuse, bei denen ein bestimmter Fettrezeptor fehlt, haben diese Vorliebe nicht. D.h.: die “normalen” Mäuse bevorzugten bei freier Auswahl das fettreiche Futter, die Mäuse ohne Fettrezeptor machten keinen Unterschied zwischen unterschiedlich fetthaltigem Futter.

    2011 wurden analoge Rezeptoren beim Menschen nachgewiesen (inkl. der für die Aufspaltung notwendigen Enzyme).

    Soweit – so gut.

    Offen ist jedoch noch einiges:

    • Reagieren Menschen unterschiedlich sensibel auf Fett?
    • Tritt bei ständiger Zufuhr eine Art “Gewöhnung” ein?
    • Sowie: ein niet-und-nagelfester Beweis für den sechsten Geschmackssinn. Denn bisher steht der Nachweis noch aus, dass die Fettrezeptoren auf der Zunge ihre Nachrichten auch wirklich direkt ans Gehirn weiterleiten.

    Es gibt also noch einiges zu forschen.

    Und was heißt das jetzt konkret?

    • Die Erkenntnisse bestätigen die Grundeinstellung der meisten guten Ernährungsberater: Fett ist gut! Aber – wie alles – in Maßen. Das bedeutet: fettreduzierte Lebensmittel sind unnatürlicher, manipulierter Kokolores. Das gilt auch für Tiere, denen man das Fett weg gezüchtet hat. Wenn Fett, dann richtig. Aber nicht so häufig.
    • Fett bewusst einsetzen. In einem schönen Menu ist Butter durch nichts zu schlagen, erst Recht nicht durch Margarine.

    Weiterführende Links:

    Ein aktueller Artikel zum Thema aus der NZZ.

     Für die ganz Harten die Studie im Volltext.

    Alle Sonntagsfragen im Überblick.


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