Ist eine verhaltensbedingte Kündigung gegenüber einer Schwangeren z.B. bei Diebstahl möglich?

Schwangere Arbeitnehmerinnen werden vom Gesetz stark geschützt. Es gilt hier der besondere Kündigungsschutz nach § 9 Mutterschutzgesetz.

Diese Vorschrift regelt in Abs. 1:

 § 9 Kündigungsverbot

(1) Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Die Vorschrift des Satzes 1 gilt für Frauen, die den in Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt sind, nur, wenn sich die Gleichstellung auch auf den Neunten Abschnitt – Kündigung – des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 (BGBl. I S. 191) erstreckt.

absolutes Kündigungsverbot (mit Erlaubnisvorbehalt)

Es handelt sich dabei um ein so genanntes absolutes Kündigungsverbot. Dieses Kündigungsverbot gilt unabhängig vom Kündigungsschutzgesetz, von daher spricht man vom so genannten besonderen Kündigungsschutz. D.h., dass sich das Kündigungsverbot auch Kündigungen gegenüber der Schwangeren während der Probezeit und auch im Kleinbetriebe erstreckt.

Wichtig! Das beste Kündigungsverbot nützt nichts, wenn die Schwangere keine Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung einreicht (ggfs. nochmals Anzeige der Schwangerschaft). Macht die Schwangere dies nicht, dass wird die Wirksamkeit der Kündigung nach § 7 KSchG fingiert!

 Für welche Kündigungsgründe gilt das Kündigungsverbot?

Das Kündigungsverbot gilt umfassend für alle Kündigungen des Arbeitgebers.

Beispielsweise:

  • Kündigungen im Kleinbetrieb
  • Kündigungen während der Probezeit
  • Massenentlassungen
  • Kündigungen während Insolvenz
  • Änderungskündigungen
  • betriebs-, personenbedingte- und verhaltensbedingte Kündigungen

Gilt das Kündigungsverbot auch für verhaltensbedingte Kündigungen, also zum Beispiel beim Diebstahl durch die Schwangere?

 Auch hier gilt – also bei verhaltensbedingten Kündigungen – grundsätzlich das absolute Kündigungsverbot, allerdings ist dies durch ein so genannten Erlaubnisvorbehalt ausgestattet.

Dazu Folgendes:

Wie oben bereits ausgeführt, gilt das Kündigungsverbot nach § 9 Mutterschutzgesetz auch für verhaltensbedingte Kündigungen des Arbeitgebers. Die Vorschrift spricht nämlich hier von der „ Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung“ und unterscheidet nicht nach der Art der Kündigung. Von daher sind grundsätzlich alle Kündigung gegenüber der Schwangeren verboten. In § 9 Abs.3 des Mutterschutzgesetzes ist allerdings ein so genannter Erlaubnisvorbehalt geregelt.

§ 9 Abs. 3 MuSchG lautet:

(3) Die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären. Die Kündigung bedarf der schriftlichen Form und sie muss den zulässigen Kündigungsgrund angeben.

Zulässigkeit der Kündigung erforderlich

Von daher regelt der Paragraph neun des Mutterschutzgesetzes ein absolutes Kündigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Faktisch heißt dies, dass eine Kündigung grundsätzlich verboten ist, allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit hat die Erlaubnis eine Kündigung von der obersten Landesbehörde (in Berlin ist dies z.B.  das Landesamt für Arbeitsschutz,Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin – Turmstrasse 21) zu bekommen und in diesem Fall wäre eine Kündigung möglich.

Diebstahl während der Schwangerschaft

Von daher wäre denkbar, wenn zum Beispiel die Schwangere während des bestehenden Arbeitsverhältnisses und während der Schwangerschaft das Vertrauen des Arbeitgebers sehr stark schädigt, zum Beispiel durch den Diebstahl von Arbeitsmitteln von erheblichen Wert in einer Vertrauensstellung gegebenfalls dadurch noch eine erhebliche Schädigung des Arbeitgebers herbeiführt, dass der Arbeitgeber hier die Zustimmung der obersten Landesbehörde einholt und wenn diese erteilt wird, dann das Arbeitsverhältnis mit der Schwangeren durch Kündigung beendet.

Zulässigkeitserklärung (“Genehmigung” zur Kündigung) – Anforderungen

Die Anforderungen eine solche Zulässigkeitserklärung (häufig wir der Begriff “Genehmigung” verwendet, was falsch ist, da eine Genehmigung eine nachträgliche Zustimmung darstellt)  sind recht hoch.

Um beim Beispielsfall zu bleiben; selbst im“ normalen Arbeitsverhältnis“ ist ein Diebstahl oder eine Straftat gegenüber dem Arbeitgeber nicht automatisch immer eine Kündigung (zum Beispiel beim Bestehen des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetzes) ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Es gibt keine absoluten Kündigungsgründe. Von daher müssen erhebliche Gründe, die über den Normalfall hinaus eine Kündigung rechtfertigen würden, vorliegen, um eine Genehmigung zur Kündigung einer Schwangeren zu rechtfertigen.

Besonders gewichtiges Arbeitgeberinteresse ohne Zusammenhang zur Schwangerschaft erforderlich

Erforderlich ist generell ein besonders gewichtiges Arbeitgeberinteresse, dass nicht mit der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin zusammenhängt. Weiter muss die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit der Schwangeren dem Arbeitgeber unzumutbar sein.

formale Anforderungen an die Kündigung des Arbeitgebers

Auch die formalen Anforderungen an die Kündigung gegenüber einer Schwangeren sind recht hoch.

Zulässigkeitserklärung muss zum Zeitpunkt der Kündigung vorliegen

Der Arbeitgeber muss die so genannte Zulässigkeitserklärung, also die “Einwilligung/Genehmigung” der obersten Landesbehörde, vor dem Ausspruch der Kündigung einholen. Die Zulässigkeitserklärung muss zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorliegen, ansonsten ist die Kündigung nichtig, da diese gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB i.V.m. § 9 Mutterschutzgesetz) verstößt.

Kündigungsgrund / Kündigungsgründe sind in der Kündigung gegenüber der Schwangeren zwingend anzugeben

Weiter muss der Arbeitgeber in der Kündigung, die wie alle anderen Kündigungen im Arbeitsrecht aus schriftlich zu erfolgen hat, auch den Kündigungsgrund angeben. Dies ist zwingend. Bei einer “normalen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses” ist dies nicht erforderlich. Nach § 9 Abs. 3 MuSchG ist dies aber notwendig.

Kündigungsschutzklage

Die Schwangere hat natürlich – weiterhin – die Möglichkeit sich gegen die Kündigung mittels Kündigungsschutzklage zu wehren und dann wäre vom Arbeitsgericht zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Kündigung vorliegen oder nicht. Dies muss auch nicht – also z.B. auch beim Vorliegen der Zustimmungserklärung – aussichtslos sein, denn die Kündigung kann formale Mängel haben; die Kündigungsfrist kann falsch angegeben sein oder der Arbeitgeber hat z.B. unrichtige Kündigungsgründe geben über der Landesbehörde angegeben bzw. diese nicht ausreichend oder nicht vollständig informiert, was dann im Arbeitsgerichtsprozess zu klären wäre.

Rechtsanwalt A. Martin – Arbeitsrecht Berlin (Marzahn) – Zweigstelle



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