Vielleicht hätte Regisseur Ang Lee gut daran getan, seinen neuen Film Die Irre Heldentour des Billy Lynn mit ein paar Football-Bildern zu bewerben, anstatt auf die Anti-Kriegs-Message zu setzen. Gerade jetzt, kurz vor dem Superbowl, hätte der Film vielleicht ein paar mehr Zuschauer anlocken können. Stattdessen ist Billy Lynn ganz schön gefloppt.
Das mag aber auch an seiner Story liegen. Der junge Billy Lynn kehrt aus dem Irak-Krieg zurück und findet sich in der amerikanischen Medienmaschinerie wieder. Gemeinsam mit seinen Kameraden wird Billy quasie herumgereicht. Ihm gratulieren zahlreiche unbekannte Menschen, es soll ein Film mit Hilary Swank in der Hauptrolle entstehen und die Truppe soll in der Halbzeitpause eines Footballspiels bei einem Auftritt der Girlband Destiny’s Child auf der Bühne stehen, während rundherum Feuerwerks-Raketen gezündet werden.
Die irre Heldentour des Billy Lynn
" data-orig-size="1000,666" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Absurde Heldenverehrung in „Die irre Heldentour des Billy Lynn“
Bei Ang Lee trifft der posttraumatische Stress auf die US-Heldenvermarktung. Die Nachbarn und die Familie von Billy sind ja ach so stolz auf den Kriegs-Rückkehrer. Stars aus Film und Sport umschwirren die Soldaten, die so heldenhaft für ihr Land eingetreten sind. Allerdings können die Männer durch all die Aufmerksamkeit gar keinen Abstand zu den Grausamkeiten gewinnen, die sie im Krieg erlebt haben.
Oder wie Billy es ausdrückt: “Wir werden für die schrecklichsten Tage unseres Leben geehrt”. Nur Kristen Stewart, die Billys Schwester spielt, scheint sich wirklich Sorgen zu machen. “Du hast für dein Land getötet, bist aber immer noch Jungfrau. Ich mache mir Sorgen um dich, Billy”. Sie kontaktiert einen Arzt, der sich um ihren Bruder kümmern soll. Aber sie ist auch das schwarze Schaf der texanischen Familie. Sie fährt eine Anti-Kriegs-Haltung am Essenstisch auf, was niemanden so richtig gefallen mag.
Dabei geht es weniger um die Sorge nach Billys Sexleben und mehr darum, dass dieser junge Mann fern der Normalität gelebt hat. Und immer noch tut. Denn jetzt steht er dort bei Destiny’s Child, die fröhlich-poppig ihren “Soldier”-Song trällern. Dazu wird buntes Feuerwerk in die Luft geschossen und wir als Zuschauer versetzen uns in dieselbe melancholische Stimmung wie Billy. Zugleich müssen wir aber auch lachen, wie absurd dieses Szenario wirkt.
Die irre Heldentour des Billy Lynn
" data-orig-size="1000,666" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Billy Lynn (Joe Alwyn) mit seinem Mentor Shroom (Vin Diesel) im Irak-Krieg
Wenn Billy und sein Vorgesetzter Dime (Garrett Hedlund) dann auch noch in den “War Room” des Football-Spiels eingeladen werden, verfällt man – ob man es will oder nicht – in lautes Gelächter. Noch nie hat uns ein Regisseur so gut verstehen lassen, wie es ist, als Soldat aus einer fremden Welt in eine noch viel größere Fremde heimzukehren.
Außerdem gelingt es Ang Lee mit all seinen Darstellern hervorragend zusammen zu arbeiten. Da überzeugt sogar ein Vin Diesel in einer höchst undramatisch-ruhigen Mentorenrolle. Da spielt Steve Martin mit ernster Miene und Chris Tucker schnattert mal nicht im Schnelldurchlauf durch sein Schauspiel.
Die irre Heldentour des Billy Lynn ist weitaus besser als Clint Eastwoods American Sniper oder Mel Gibsons Hacksaw Ridge, weil der Regisseur von extremen Sentimental-Darstellungen ablässt. Er verzichtet auf Pathos und prangert diesen lieber an. Er zeigt durchaus harte Bilder, bleibt aber auf einer wesentlich menschlicheren Ebene und erzeugt hierdurch ein viel realeres Erlebnis.