Ist die DDR am NSU-TERROR schuld?

Im Mai wurde im Blog der Antifaschistischen Aktionsgruppe Dresden ein Artikel von Harry Waibel unter dem Titel „Verleugnende Verdrängung – Rassisten in der DDR und die Folgen bis heute" veröffentlicht. Gleichzeitig ist er auch bei anderen Gruppen und in verschiedenen Kleinzeitungen (So z.B. in der Mai-Ausgabe der Cottbuser Kulturzeitung "Blicklicht") erschienen. Dieser Artikel kann nicht unwidersprochen bleiben; es gibt genug Grund dafür.
Die Kernthese seines Artikels ist, dass die DDR letztendlich am NSU-Terror Schuld sei, weil die DDR viele Nazis in den Staatsdienst übernommen, sich deren Rassismus angeeignet und praktiziert habe. So sollen eben auch die wenigen Juristen und Polizisten aus der DDR, die heute noch im Staatsdienst sind, schuld daran sein, dass der Terror von Rechts nie bekämpft wurde. Komischerweise kamen aber die Funktionseliten der Verfassungsschutzämter, die bekanntlich den NSU auf verschiedene Weise unterstützt haben, nicht aus der DDR.
Harry Waibel spricht davon, dass die DDR ihren Frieden mit Nazis gemacht und viele in den Staatsdienst übernommen hätte. Angeblich habe man die Funktionseliten gebraucht. Ebendieses ist für die BRD nachgewiesen, aber für die DDR?
Er hat darüber ein Buch „Diener vieler Herren" geschrieben. Von der Bundeszentrale für Politische Bildung wird es als fleißige Arbeit beschrieben. Dennoch weist die Bundeszentrale auf Schwachstellen hin, die es für den wissenschaftlichen Diskurs unbrauchbar machen. So heißt auf der Seite der Bundeszentrale:
„Die insgesamt erfassten fast 1 500 Personen lassen sich in sieben Rubriken aufteilen: Wissenschaft (500), Kultur (290), Politik (250), Medizin (160), Medien (120), Manager (120) und Militär (50). Sie waren "sowohl für Nazi-Deutschland als auch in der SBZ/DDR aktiv" (12). In manchen Fällen erschließt sich die Bedeutung der NS-Aktivitäten und des SED-Engagements nicht ohne Weiteres, wie am Beispiel von Max Elten hinterfragt werden soll. Dieser Mann gehörte seit 1935 der NSDAP an und war von 1934 bis 1970 Chefbühnenbildner an der Städtischen Oper in Leipzig, "Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg" und in britischer Kriegsgefangenschaft. Einen möglichen Widerspruch zu der bereits genannten Information wirft die Aussage auf: "Nach 1945 war er an der Leipziger Oper als Bühnenbildner und Maler tätig." (79) Es ist unklar, welche Funktion Elten in der NS-Zeit bekleidete, ob er Bühnenbildner oder Chefbühnenbildner war, welche Funktion er im Krieg ausübte und welchen Stellenwert seine SED-Mitgliedschaft hatte."

So kommt es, dass er Personen unterstellt, sie seien ihr Leben lang Rassisten, weil sie mit 18 Jahren in die NSDAP eingetreten sind. Dabei lässt er offen, ob sie bewusst eingetreten sind oder nicht, ob die Personen verblendet waren oder nicht.
So finden wir Ruth Kraft in seinem Personenkatalog. Sie ist mit 18 Jahren in die NSDAP eingetreten. Laut Waibel war sie eine NS-Funktionärin, obwohl sie in Peenemünde nur als Assistentin tätig war. Nach dem Krieg hat sie den Roman „Insel ohne Leuchtfeuer" geschrieben, in dem sie mit ihrer Zeit in Peenemünde kritisch abrechnete.
So finden wir auch in diesem Personenkatalog Richard Lange. Er war Nationalsozialist, nach 1945 Präsident der Thüringischen Landesversammlung und nach 1949 ging er nach Westberlin. Dennoch rechnet Waibel ihn zu den Personen, die den Rassismus in der DDR verursacht haben.
Wir finden viele Beispiele, die für eine jugendliche Verblendung stehen, die sich aber von diesen Ansichten abkehrten. Wollen wir es diesen Menschen auf ewig zum Vorwurf machen, dass sie durch ein Schulsystem erzogen wurden, was den Rassismus predigte? Dass sich viele davon emanzipieren konnten, sollte ihnen eigentlich angerechnet werden.
Es soll gar nicht in Abrede gestellt werden, dass es auch in der DDR zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen gekommen ist. Und wahrscheinlich haben es mache Stellen des DDR-Apparates versucht, sie unter den Teppich zu kehren. Waibel selbst bringt aber Beispiele dafür, dass damals die Staatsorgane eingeschritten sind.
Wenn Waibel darauf hinaus will, was die DDR noch hätte tun können, so muss zurück gefragt werden, was sie getan hat. Konnte sie denn den Antifaschismus mehr an die Person bringen als durch Kulturprodukte? Wie hätte sie Antisemitismus besser verurteilen können? Mit vielen hundert Filmen, Theaterstücken oder anderen Kulturprodukten hat sie in diese Richtung gearbeitet. Indem sie Aufklärung mit Strafsanktionen kombiniert hat, hat sie nicht anderes getan, als die heutige Regierung. Ebenso Kampf gegen Rassismus, indem über fremde Kulturen aufgeklärt wurde.
Es scheint aber so, als habe die Verklärung der DDR-Vergangenheit bei Harry Waibel Methode. So weist er in seinem Artikel aber auch bei anderer Gelegenheit auf sein Buch „Rassisten in Deutschland" hin. Weil die DDR angeblich so wenig gegen Rassismus getan habe, mussten nach 1990 rund 250 Menschen sterben. Komisch nur, dass er auch Vorfälle aus Westdeutschland auflistet, die keineswegs der DDR untergeschoben werden können. 
Seriöse Aufarbeitung der Geschichte sieht anders aus. Waibel hätte sehr wohl darauf hinweisen können, was andere Historiker nach der Wende bestätigt haben: Das Bildungssystem, die Sicherheitsorgane und das Justizsystem wurden in der DDR von Nazis gesäubert. Dagegen haben ehemalige Nazis in der BRD durch Adenauer eine Jobgarantie bekommen und konnten fast nahtlos wieder ihre alte Position besetzen.

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