Ist die Atkins Diät Top oder Flop?

Von Vitalerstoffwechsel @IrisHeumann

In den 70er Jahren veröffentliche Robert Atkins sein legendäres Diätbuch. In einem völlig neuen Konzept propagierte er das sogenannte Low-Carb-Prinzip. Das „Carb“ steht für das englische Wort carbohydrates, Kohlehydrate. Laut Atkins könne man den Körper durch geringste Kohlehydratzufuhr dazu zwingen, das eigene Fett schneller zu verbrennen. Als Energielieferanten sind ausschließlich Fette und Proteine zugelassen.

In mehreren Phasen wird nach Atkins abgenommen. In der ersten Phase sind maximal 20 g Kohlehydrate pro Tag erlaubt. Auf diese Weise wird der Körper in einen Zustand gebracht, der Ketose genannt wird. Weiterhin sinkt der Blutzuckerspiegel ab. Sogenannte ketogene Körper werden unter anderem in der Leber gebildet, die die Aufspaltung des Körperfettes bewerkstelligen. Diese Phase dauert zwei Wochen.

In der zweiten Phase der Atkins-Diät werden jede Woche etwa 5 g mehr Kohlehydrate zugeführt, bis ein Maximalwert von 60 g pro Tag erreicht wird. In der dritten Phase ist die Gewichtsabnahme nahezu beendet und die Erhaltung beginnt. Nun wird die Kohlehydratmenge jede Woche um 10 g erhöht. Phase vier schließlich muss ein Leben lang gehalten werden. Weiterhin wird die Zufuhr von Kohlehydraten streng überwacht und darf einen bestimmten Wert nicht überschreiten.

Soweit die „Spielregeln“ der Atkins-Diät im Überblick. Der erwünschte Zustand der Ketose ist aus Sicht des Körpers sozusagen das letzte Aufgebot gegen das Verhungern. Auch, so geben Kritiker zu recht zu bedenken, ist das Abfallen des Blutzuckerspiegels schwer zu kontrollieren. Wird dieser Wert zu niedrig, fühlt sich der Betroffene schwindlig und müde, es kommt zu heftiger Übelkeit und Erbrechen, was den Wert noch weiter drückt. Alleine deswegen schon raten viele Fachleute dazu, die Atkins-Diät unter ärztlicher Aufsicht durchzuführen, wenn überhaupt.

Atkins-Diät erneut in die Kritik geraten

Bereits 2009 wurden Studien veröffentlicht, die die Atkins-Diät bedenklich erscheinen lassen. In der „Mount Sinai School Of Medicine“ in New York wurden verschiedene Mäuse genetisch verändert. Das Ziel dieses Versuches war eigentlich zu beweisen, dass eine eiweißreiche Kost sich positiv auf die Alzheimer-Krankheit auswirke. Jedoch zeigt sich, dass die Mäuse, die nach der Atkins-Diät ernährt wurden, am Ende der Versuchsphase ein um fünf Prozent leichteres Gehirn hatten, als vorher. Vor allem das Gehirnareal, dass für das Lernen und Erinnern zuständig ist, wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen.

Der erhebliche Einfluss der Diät ohe Kohlenhydrate auf die Hirnleistung wird auch von Anhängern der Diät immer wieder bestätigt. Der Grund mag sein, dass das Gehirn alleine durch Anwesenheit schon sehr viel Energie verbraucht. Wenn dann richtig Leistung gefragt ist, kann der Körper im Zustand der Ketose nicht mehr genügend Energie liefern. Das Gehirn passt sich also an, es schaltet Areale ab.

Gewebe, das im Körper nicht gebraucht wird, wird resorbiert, denn: Gewebe muss mit Energie versorgt werden so lange es da ist, nimmt also den wichtigen Strukturen sozusagen das Futter weg. Um sich selbst zu erhalten, baut der Körper das, aus seiner Sicht, überflüssige Gewebe ab. Daher sind bei den Funktionseinschränkungen des Gehirns unter der Atkins-Diät auch nur die sogenannten höheren, mentalen Funktionen betroffen.

Interessant ist, dass dieses Phänomen offenbar nicht bei allen Anwendern auftritt. Andere wiederum berichten über größere Ausgeglichenheit und können keinen Abfall der mentalen Leistung an sich feststellen. Vermutlich greift hier, wie so oft in Ernährungsfragen, die Individualität. Auch ist bekannt, dass Ausdauersportler, Marathon-Läufer etwa, unter Ketose erst in die Lage versetzt werden, die Ausdauer, die sie benötigen auch freizusetzen. Bezeichnenderweise gibt es ebenfalls Studien, die die Unbedenklichkeit, ja die Vorteile der Atkins-Diät untermauern, wie zum Beispiel eine groß angelegte Studie in den USA 2007.

Diät ohne Kohlenhydrate – Was stimmt den nun!?

Vermutlich liegt die Wahrheit, wie so oft in der Mitte. Die Atkins-Diät ist ein fraglos interessantes Ernährungskonzept, wenn auch nicht für jedermann geeignet. Entscheidend ist die individuelle Konstitution. Wenn Sie zum Beispiel zu Kopfschmerzen neigen, wird die Atkins-Diät eher unangenehm für Sie werden. Kopfschmerzen entstehen zum Beispiel, wenn das Gehirn überfordert ist. Unter der Diät kann diese Überforderung sehr viel schneller eintreten, weil das Gehirn nicht mehr so schnell und in solcher Menge Energie bekommt, wie es braucht.

Wenn Ihr Blutzucker ein Thema ist, also Sie Diabetes, Unterzucker oder sehr schwankende Werte haben, sollten Sie unbedingt einen Arzt um Rat fragen. Das Gleiche gilt, wenn Sie an der Schilddrüse behandelt werden. Es hat sich gezeigt, dass die Atkins-Diät einen erheblichen Einfluss auf die Schilddrüsenfunktion nimmt.

Bei allem Für und Wider muss auch bedacht werden, dass diese Diät eine Tendenz zur Einseitigkeit hat. Natürlich können Sie auch unter den vorgegebenen „Spielregeln“ abwechslungsreich und lecker essen. Doch wird Ihnen jeder Ernährungsberater sagen, dass Nährstoffe nie isoliert sondern immer im Zusammenhang betrachtet werden müssen. Lässt man einen weg oder reduziert ihn drastisch, stimmt das Gleichgewicht nicht mehr. Die Folge: Der Körper wird irgendwie versuchen, das Ungleichgewicht und dessen Folgen zu berichtigen. Gerade bei der Atkins-Diät sind diese Ausgleichsbewegungen sehr groß. Sie können erheblichen und auch dauerhaften Einfluss auf den Stoffwechsel nehmen. Die erfolgreiche Atkins-Diät muss ein Leben lang gehalten werden. Ob das wünschenswert ist, muss jeder selber wissen. Langzeitstudien über die Folgen liegen derzeit noch nicht vor.

Soweit der aktuelle Überblick. Habe ich etwas vergessen? Schreiben Sie mir gerne Ihre Ergänzungen und Ihre Erfahrungen zur Diät ohne Kohlenhydrate, der Atkins Diät.

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