Das Team hinter dem 2015er MacBeth ließ große Hoffnungen aufkommen, als man gemeinschaftlich das Videogame Filmgenre retten wollte. Regisseur Justin Kurzel holte sich seinen Kameramann Adam Arkapaw zurück, schnappte sich Macbeth und Lady Macbeth Darsteller Michael Fassbender und Marion Cotillard und übernahm die Verantwortung für die Adaption der Ubisoft-Reihe Assassin’s Creed.
Der Film spielt zwar im selben Universum wie die Games, erzählt aber eine gänzlich eigenständige Story. Fassbender ist Callum Lynch, der erst zum Tode verurteilt wird, nur um nach der Vollstreckung der Strafe in der Abstergo Industries Anlage wieder aufzuwachen. Hier macht er Bekanntschaft mit Sofia (Cotillard), die ihn in den Animus stecken will um den legendären Eden Apfel zu finden. Dies soll er durch Erinnerungen an seinen Vorfahren und Assassinen Aguilar während der spanischen Inquisition im Jahre 1492 machen. Mit großen Interesse wird sein Bestreben derweil von Sofias Vater Rikkin (Jeremy Irons) beobachtet, ein Anhänger der Templer.
Marion Cotillard & Michael Fassbender in „Assassin’s Creed“
Assassin’s Creed leidet unter einem furchtbaren Drehbuch von Michael Lesslie, Adam Cooper und Bill Collage. Vor allem bei dem Duo Cooper/Collage fragt man sich, weshalb sie als Schreiber von inhaltslosen Schrott wie The Transporter Refueld und Die Bestimmung: Allegiant (dessen Misserfolg dazu führte, dass der nächste und letzte Teil ein Fernsehfilm werden soll) engagiert worden sind, um das Videospielfilm-Genre zu retten?
Dabei ist es ganz gleich ob wir uns Assassin’s Creed aus Fan- oder Nicht-Fan-Perspektive ansehen. Wo Warcraft schlimmes Kino war, weil er eigentlich nur Fan Service betrieben hat, fehlt bei Assassin’s Creed jegliche Aura und Gespür für die zahlreichen Vorlagen. Ja, ganz gleich ob Buch, Comic, Graphic Novel oder auch Videospiel – gerne dürfen sich Filmemacher so weit wie möglich von einer Vorlage entfernen, wenn sie damit einen Film schaffen können, der sich im Geiste wie seine Vorlage anfühlt.
Nur weil bei den Der Herr der Ringe-Filmen reichlich Auslassung betrieben worden ist, fühlen sie sich nicht weniger nach Der Herr der Ringe an. Bei Assassin’s Creed allerdings spürt man nichts von Assassin’s Creed, außer man lässt sich von den Eckpunkten blenden, dass es die Abstergo Industries gibt, dass Michael Fassbender wie frisch aus dem Videospiel entsprungen ausschaut (obwohl er eine gänzlich neue Figur spielt) oder es einen Animus gibt, wenn auch in äußerst stylischer Neuinterpretation. Trotzdem fehlt es dem Gesamtwerk an dem richtigen Feeling für die Figuren, für die Welten, für die richtige Mischung aus Gegenwarts Sci-Fi und Animus Flashbacks in die Vergangenheit.
Denn diese Mischung wurde vom Drehbuch ordentlich vergeigt. Während wir uns gerade einmal 15 Minuten im Animus aufhalten, besteht der Rest des Films aus langweiligen Expositionsgerede zwischen Cotillard und Fassbender. Immer wenn der Film uns wieder aufwecken möchte, geht es für eine kurze Actionsequenz in den Animus, wo wir aber überhaupt nichts über die weitaus interessanteren Figuren des Aguilar und seiner Gefährtin Maria (Ariane Labed) erfahren.
Im Animus wird Michael Fassbender zur Assassine
Stattdessen müssen wir uns zusätzlich zu den Animus-Erinnungssprüngen auch noch Flashbacks in Callum Lynchs Vergangenheit ansehen, die weder interessant noch relevant für die Geschichte erscheinen. Die beste Dialogzeile des Drehbuchs hat man Jeremy Irons gegeben, der an einer Stelle anmerkt: “Er muss zurück in den Animus. Sofort!” Man möchte aufstehen, applaudieren und den Drehbuchautoren die Frage stellen, weshalb sie sich nicht an ihren eigenen Worten orientiert haben?
Man muss Assassin’s Creed aber lassen, dass es vermutlich die Videospiele-Verfilmung mit den besten Darstellern ist. Allesamt spielen überzeugend und großartig, sind nur eben Sklaven des Drehbuchs. Jeremy Irons hat vermutlich einen ganzen Drehtag damit verbracht, still in einem Raum zu stehen und grimmig zu starren, so dass die Kamera seine diabolische Beobachtungsgabe gleich mehrfach einfangen konnte. Cotillard scheint es wenig zu stören, dass das Drehbuch aus ihrer Figur eine äußerst sprunghafte Gesellin gemacht hat, die nicht zu wissen scheint, ob sie Templer oder Assassinen-Sympathisantin sein möchte.
Trotz des großartigen Period-Pieces MacBeth konnte das Team hinter dem Film also ebenfalls keine Rettung für das Genre der Videospiel-Verfilmungen bringen. Viel zu wenig durften sie ihre Stärken ausspielen, die ganz klar im Animus-Zeitalter der spanischen Inquisition lagen, nicht aber in der Gegenwart bei der Abstergo Industries Organisation. Natürlich lässt sich der Film ein Hintertürchen für eine Fortsetzung offen, während Michael Fassbender bereits von einer Trilogie gesprochen hat. Nunja, erinnert sich jemand an Der Goldene Kompass? An Beautiful Creatures? An die Filmversion zu den Chroniken der Unterwelt? Diese waren allesamt als Franchises geplant, die es allerdings trotz Cliffhangern nie über einen ersten Teil hinaus geschafft haben.