Eine wachsende Zahl von Israelis wird bei den anstehenden Knessetwahlen am 22. Januar 2013 ihr Stimmrecht an Palästinenser verleihen. Bislang durften 20 Millionen Palästinenser in Israel nicht an Wahlen teilnehmen. Dies soll sich künftig ändern
Sie sind eine lose Truppe von Friedensaktivisten in Israel und sie sind beschämt. Darüber, dass sie in einem Land leben, in dem es 2,5 Millionen Palästinenser ohne Wahlrecht gibt. Echte Demokratie sieht anders aus. Also entwarfen sie eine ebenso einfache wie geniale Idee. Shimri Zameret, Ofer Naiman, Moriel Rothman und viele andere gründeten gemeinsam die Facebook- Kampagne Real Democracy, auch zu finden unter dem Stichwort ‘Electoral Rebellion’. Alle Teilnehmer an dieser Aktion erklären sich öffentlich dazu bereit, bei den Wahlen am kommenden Dienstag zur Knessetversammlung ihre Stimme einem Palästinenser zu überlassen, bzw. gemäß seinen Vorgaben den eigenen Stimmzettel bei der Wahl einzusetzen. Um die Aktion erfolgreich umzusetzen, werben sie daher israelische Wähler und palästinensische Interessenten aus dem Gazastreifen, dem Westjordanland und Ostjerusalem.
Auf ihrer Facebookseite bewerben sie die Aktion auf Hebräisch, Arabisch und Englisch. Rund 1 600 Israelis haben sich dem Aufruf bereits angeschlossen und verbreiten ihn ihrerseits weiter. Insgesamt rechnen die Organisatoren mit einigen tausend Unterstützern. Mittlerweile sind bereits die ersten palästinensischen User an die Gruppe herangetreten und haben ihre eigenen Wahlvorschläge dort eingereicht. Dabei stimmten sie keineswegs nur für arabische Parteien, sondern auch für linksgerichtete israelische Fraktionen wie Avoda, die dortige Arbeiterpartei oder die Meretz. Wie einer der Initiatoren der Zeitung ‘Ma‘ariv’ gegenüber eingestand, geht es der Gruppe nicht darum, das Wahlergebnis zu verändern, sondern darum, Protest zu äußern. Die ganze Aktion sei daher eher ein symbolischer Akt.
„Solange sich noch Millionen Palästinenser unter israelischer Besatzung befinden, muss ihnen Israel das Recht erteilen, bei den Wahlen abzustimmen, oder es muss die Besatzung beenden oder zumindest sich selbst als nichtdemokratischen Staat bezeichnen,“ so heißt es in einer Erklärung und weiter: „Wir wissen, dass dies für gewisse Leute provokativ aussehen wird, aber es ist nicht unser Ziel, Ärger zu verursachen, sondern ein Nachdenken.“ Desweiteren hieß es: „Das einzige, was wir wollen, ist Gleichheit zwischen den Leuten – in Palästina und in Israel.“ Ein weiterer Initiator schlägt in diesselbe Kerbe: “[Dies sei] ein Akt des zivilen Ungehorsams gegen den undemokratischen Charakter der israelischen Wahlen, gegen die Wahl einer Regierung, die vier Millionen Palästinenser ohne Stimmrecht kontrolliert.” Dies wurde sogar im britischen Mediensturmgeschütz The Guardian so zitiert.
In einem Video bekennt Moriel Rothman, einer der Initiatoren, er sei beschämt darüber, wie die israelische Regierung die palästinensische Bevölkerung behandelt und schließt mit den deutlichen Worten: “I will vote the way you tell me to vote.” Auch Haim Barack Cohen, ein Rechtsanwalt aus Tel Aviv, forderte in seinem Beitrag, sämtliche Barrieren zu zerstören und das eigene Stimmrecht aufzugeben, so dass das palästinensische Volk endlich gleiche Rechte besitzt. Mittlerweile sind weitere Videos auf Englisch mit entsprechendem Inhalt bei Youtube aufgetaucht.
Beispielsweise dieses hier 34 sek
oder dieses hier 29 sek
Immer mehr Israelis sind unzufrieden mit den vorherrschenden Verhältnissen. Dies zeigte sich im März letzten Jahr, als Ronny Edry aus Tel Aviv die Kampagne We Will Never Bomb Your Country, We Love You lostrat, die binnen kürzester Zeit zehntausende Israelis zum Mitmachen inspirierte. Die jetzige Kampagne hat ein ähnliches Potential. Hoffen wir, dass die Zeit reicht, um genügend Mitstreiter zu aktivieren.
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