Israel zeigt der Welt seine Entschlossenheit zum Krieg gegenüber dem Iran. Ein “Präventivschlag” gegn die persischen Atomanlagen wird für dieses Jahr immer warscheinlicher. Die Welt schaut aber einfach nur zu, und ist weit davon entfernt den wahnsinnigen Aggressor Einhalt zu gebieten. Noch hindern die innenpolitischen Verhältnisse Netanjahu daran, sofort loszuschlagen; aber seine Politik der Angst und Hetze zeigt bereits im Lande Wirkung, und es ist nur noch eine Frage der (relativ kurzen) Zeit, bevor mal wieder vom israelischen Boden Gewalt ausgeht; und der Nah Ost Konflikt auf Jahre angeheizt wird. Nein, die ultra konservativen Falken und die religiös-nationalen Fanatiker in der Knesset wollen keinen Frieden, sie suchen den Kriegsvorwand.
Zivilschutz-Minister Matan Vilnai erläuterte in einem bemerkenswerten Interview wie das Kriegs-Szenario aussehen könnte. Demnach würde eine entsprechende Attacke in einen einmonatigen Konflikt münden. “Die Analysen deuten auf einen Krieg an mehreren Fronten hin, der 30 Tage dauern würde”, sagte er der Zeitung “Maariv”. Vilnainai teilt darin die Einschätzung von Verteidigungsminister Ehud Barak, wonach etwa 500 Israelis sterben dürften, wenn jeden Tag Hunderte Raketen auf die Städte des Landes niedergingen. “Es gibt keinen Anlass zur Hysterie”, sagte Vilnainai! Der Zivilschutz sei so gut vorbereitet wie nie zuvor. In der Tat gibt es landesweit Schutzröhren aus massiven Stahl – Beton. Diese mobile Einheiten werden quasi in Fliessbandarbeit in Massen vorgefertigt, und können schnell mit herkömmlichen Transportfahrzeugen des Militärs und des Zivilschutzes an den Einsatzort verbracht und dort aufgestellt werden. Ein akkustisches Signal mit Ansage warnt die Bevölkerung vor anfliegenden Raketen. Die Bevölkerung ist darauf trainiert dann umgehend die Schutzräume in Kellern oder eben in den Röhren aufzusuchen.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Barak befürworten einem Zeitungsbericht vom Freitag zufolge einen Schlag gegen Iran noch vor der US-Präsidentenwahl im November! Allerdings fehlten bislang beiden Politikern dazu die entscheidende Unterstützung sowohl im Militär als auch im Sicherheitskabinett. Natürlich ist klar: Im Falle eines Angriffs drohen Vergeltungsangriffe mit Raketen aus Iran, von Islamisten in den Palästinensergebieten und von der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon – das wäre ein massiver Mehrfrontenkrieg, auf die die israelische Militärdoktrin aber bestens vorbereitet ist. In strategischen und taktischen Plnspielen gehen die Militärs immer vom schlimmsten aus. Sollten konventionelle Methoden nicht ausreichen, droht der Einsatz von Atomwaffen.
Aktuell wird davon ausgegangen, dass die Palästinenser im Gaza-Streifen über 10.000 und die Hisbollah über 50.000 selbst gebastelte Raketen verfügen, die auch Tel Aviv erreichen könnten. Die Raketen Eigenentwicklungen, die anfänglich mehr einem laxen Provisorium glichen, sind mittlerweile zu sprengstarken und zielgenauen Kurzstreckenwaffen weiter entwickelt worden. Der israelische Raketenschild dürfte nur einen Teil davon abwehren. Das Risiko grosser Verluste ist seit 10 Jahren merklich gestiegen.
Die internationalen Bemühungen einen Krieg zu verhindern entpuppen sich schnell als Farce, die wohl nur dazu dienen soll, zu zeigen, dass man es ja zumindest mal versucht hat. Die USA bemühen sich mehr oder weniger redlich, Israel von einem Angriff auf den Iran abzuhalten. US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte doch tatsächlich, die israelische Regierung habe nach seinem Eindruck noch keine Entscheidung über einen Angriff getroffen. doch, sie hat die entscheidung längst getroffen. Es gebe “noch Raum zum Aushandeln” einer diplomatischen Lösung, zeigte Panetta sich in Washington überzeugt. Er unterstrich aber auch zugleich, Israel sei ein “unabhängiger Staat”, der letztlich “sein nationales Interesse” verteidigen werde.
Recht auf nationale Verteidigung. In dieses Horn stösst auch die Bundesregierung.
Das Bundeskabinett setzt laut einem Sprecher des Auswärtigen Amts weiter auf eine diplomatische Lösung. Man beobachte die Situation im Nahen und Mittleren Osten sehr aufmerksam, beteilige sich aber nicht an Spekulationen, was im Klartext heisst: wir reden den Israelis nichts aus und unterstützen sie bedingungslos in ihren Kriegsvorbereitungen. Um einen Präventivschlag ofiziell zu legetimieren, wird weiter ausgeführt: Die Spannungen, die sich aus den offenen Fragen um das Atomprogramm Irans ergäben, stellten eine Gefahr für die regionale wie auch die internationale Sicherheit dar.
Damit wird die Sache zur deutschen Staatsräson. Deswegen: ist die Bundesregierung zwar gemeinsam mit ihren Partnern bemüht, zusammen mit Iran die Fragen zu klären und das Land dazu zu bringen, “die berechtigten Zweifel der internationalen Staatengemeinschaft zur Natur seines Atomprogramms auszuräumen”. In den Gesprächen gehe es inzwischen um die “Substanz der Fragestellung”, was ein Fortschritt sei. Aber das Recht auf Selbstverteidigung steht unangefochten vor aller oberflächlicher Diplomatie. Die Geduld hat bald ein Ende. Zeit wird als ultimatives Druckmittel eingesetzt.
Das Schachtfeld wird bereits vorbereitet. Die USA hatten erst Ende Juli ihre Sanktionen gegen Iran weiter verschärft, um den Ölhandel des Landes zu behindern. Iran verfügt nur über unzureichende Rafinerie Kapazitäten. Rohöl gibt es genug. Verarbeitets Benzin oder Kerosin hingegen kaum. Zwei Banken aus dem Irak und China, die Geschäfte mit Iran abgewickelt hatten, dürfen seither nicht mehr in den USA operieren. Hinzu kommt eine weitere delikate Situation in der amerikanischen Innenpolitik: US-Präsident Barack Obama gerät im Israel-Iran-Konflikt deshalb unter Druck, weil sein ultra konservativer Gegenspeiler Mitt Romney angekündigt hat, im Falle seines Wahlsiegs im November einen israelischen Angriff auf Iran zu tolerieren. Oder sollte man besser sagen: freigeben?
Der Zeichen stehen auf Sturm. Die Kriegstreiber im Westen und in Israel bekommen langsam Überwasser. Ein Angriff steht bevor. Er wird noch dieses Jahr stattfinden, wenn nicht wider Erwarten noch ein Nuklear Kontroll Abkommen mit dem Iran abgeschlossen werden kann. Übrigens: das Recht auf Selbstverteidigung muss auch Iran zugestanden werden. Ein Präventivschlag ist eine Tat der Agression. Israel wäre der Angreifer, der Aggressor, nicht der Iran.
viele Grüsse René Brandstädter – humanicum