Israel gegen den Europarat

Logo der Kinderrechtskampagne, Foto: E. Frerk

Logo der Kinderrechtskampagne, Foto: E. Frerk

Vor weni­gen Tagen ver­ab­schie­dete der Europarat eine Resolution gegen die ritu­elle Beschneidung von Jungen. Es war von Anfang an klar, dass diese Nachricht den Befürwortern der Beschneidung nicht in den Kram pas­sen würde. Zudem darf man sie ruhi­gen Gewissens als “Ohrfeige gegen die Bundesregierung” wer­ten, die im ver­gan­ge­nen Jahr nicht Eiligeres zu tun hatte, als vor reli­giö­sen Gruppierungen zu Kreuze zu krie­chen (im wahrs­ten Sinne des Wortes).

Das Gesetz, dass am 12. Dezember 2012 beschlos­sen wurde, ist noch heute ein Meilenstein der Missachtung von Menschen- und Kinderrechten die­ses Landes. Seitdem ist die deut­sche Politik (und lei­der auch die Medien) still­schwei­gend davon aus­ge­gan­gen, dass das Thema sicher unter den Fransen des Teppichs ruht.

Allerdings gab es in den letz­ten Wochen immer wie­der Hinweise dar­auf, dass der Teppich ange­ho­ben wird.
Zuerst das Urteil aus Hamm – nach dem einer Mutter gericht­lich ver­bo­ten wurde, ihren Sohn zu beschnei­den. Das Urteil blieb genau in dem vom neuen Beschneidungsgesetz vor­ge­ge­ben Rahmen.

Dann for­der­ten vor weni­gen Tagen die skan­di­na­vi­schen Kinderbeauftragten ein Verbot von nicht-therapeutischen Beschneidungen min­der­jäh­ri­ger Jungen.

Und nun das: die wich­tigste Vereinigung für Menschenrechte – der Europarat - for­dert in einer Resolution, “die medi­zi­ni­schen, sani­tä­ren und sons­ti­gen Bedingungen klar zu defi­nie­ren um zu gewähr­leis­ten, dass Praktiken wie die nicht medi­zi­nisch begrün­dete Beschneidung von Jungen aus­ge­schlos­sen wird.”

Es war zu erwar­ten: Israel (und nicht deut­sche jüdi­sche oder mus­li­mi­sche Gemeinden!) läuft Sturm gegen diese Resolution. Verständlich, hat das Land doch vor einem Jahr viel Geld dafür aus­ge­ge­ben und harte Lobbyarbeit betrie­ben, um das Gesetz durch den Bundestag zu prü­geln. Nun scheint das Geld und die viele Mühe ver­ge­bens…

Ebenso zu erwar­ten war die Begründung, die das israe­li­sche Außenministerium von sich gab:

Die Beschneidung von männ­li­chen Kindern ist eine alte reli­giöse Tradition von zwei wich­ti­gen Religionen, Judentum und Islam. Behauptungen, dass die Beschneidung jun­ger Knaben deren Gesundheit und Körper schade, sind falsch und beru­hen nicht auf wis­sen­schaft­li­chen Beweisen.
Jüdische Allgemeine

Nun ist es müs­sig, sich mit reli­giö­sen Menschen über deren Glaubensinhalte ver­stän­di­gen zu wol­len – oder bes­ser: mit ver­nünf­ti­gen Gründen gegen reli­giöse Dogmen ange­hen zu wol­len.  - Wer sich aber tat­säch­lich über die “nicht wis­sen­schaft­li­chen Beweise” infor­mie­ren möchte; dem sei ein­fach noch ein­mal die FAQ zur Beschneidung auf der Seite der Kampagne gegen die Beschneidung zum Nachlesen emp­foh­len. Oder auch die Materialsammlung zu durch­stö­bern…

In der Jüdischen Allgemeinen heißt es wei­ter, dass das israe­li­sche Außenministerium beklagt, dass die Resolution eine “nicht zu tole­rie­rende Attacke” auf die reli­giöse Tradition sei. Der Beschluss för­dere “Hass und ras­sis­ti­sche Tendenzen in Europa” – sprich: die glei­che, alte (und des­halb nicht wah­rere) Leier, mit der vor einem Jahr gegen Aufklärungstendenzen Sturm gelau­fen wurde. Im Übri­gen auch gegen die eige­nen, libe­ra­len Gemeinden.

Ich jeden­falls hoffe sehr, dass die Resolution des Europarates die Diskussion neu anstößt. Und dass die­ses unsäg­lich men­schen­ver­ach­tende Gesetz gekippt wird, das unmün­dige Jungen zu den Opfern des Glaubens ihrer Eltern macht.

Nic

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