Aus gehabtem Schaden nichts gelernt: Wenn nicht ein Wunder geschieht und alle Umfragen komplett falsch liegen, werden die Isländer heute diejenigen Parteien in die Regierung wählen, die 2008 für den Finanzkollaps verantwortlich waren. Voraussichtlich bekommen die beiden konservativen Parteien 30 bzw. 27 Prozent und werden die Chefsessel im Parlament erneut übernehmen. “Ampel, Schwampel und Hampel” isländischer Prägung.
2008 hatte die Bevölkerung wütend “Genug!” gerufen und den Missbrauch der Banken angeklagt. Daraufhin gewannen die Sozialdemokraten und die Bewegung Links-Grün die Wahlen im Folgejahr. Erstmals wurde eine Frau als Regierungschefin gewählt: Johanna Sigurdardottir (69) trat an, um den Finanzsektor zu ordnen, Arbeitslosigkeit abzubauen und zum Wachstum zurückzukehren. Das funktionierte auch. Allerdings nicht genügend, wenn man von den Umfragen vor der heutigen Wahl ausgeht.
Obwohl Sigurdardottir das vom Internationalen Währungsfond (IWF) 2011 entworfene Programm erfüllte; trotzdem das Land wieder in die Wachstumszone kam (1,6% in 2012); obwohl die Arbeitslosenrate von 8% auf 5% reduziert werden konnte (vor der Krise traditionell bei zwei Prozent); obwohl die Premierministerin den Banken die Zähne zeigte und extra einen Staatsanwalt einsetzte, um die Verantworlichen der Krise zu verfolgen; trotz Haushaltskürzungen, die trotzdem nicht den Sozialstaat erwürgten – trotz alledem werden die Isländer heute wieder diejenigen beiden Parteien in die Verantwortung hieven, die das Land in die Krise geführt hatten.
Die Bevölkerung wird heute um die nächste “Rettung” betteln, um mehr “strukturelle” Sparauflagen von aussen (IWF). Die privaten Schulden der Familien und der Unternehmen strangulieren das Land, obwohl sich die Makroökonomie blendender Gesundheit erfreut. Genau darauf hatten sich die beiden konservativen Parteien gestürzt und ihren Populismus darüber ausgegossen: Partieller Schuldenerlass und sinkende Zinsen. Sie werden ziemlich sicher am Montag erneut mit der Regierungsverantwortung dafür belohnt, nachdem sie 2008 das Land komplett vor die Wand gefahren hatten. Weil jetzt wieder die anderen Katzen dran sind … ein unendlicher, anscheinend nicht zu durchbrechender Kreislauf menschlichen Irrsinns.
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