Islamische Republik Iran IGFM: „Wahl im Iran eine Farce“ - Wenig Hoffnung für Minderheiten – Tatsächliche Machtfaktoren stehen nicht zur Wahl

12.06.2013Politik & Gesellschaft erstellt von IGFM

Frankfurt am Main (12. Juni 2013) – Mit der Präsidentenwahl im Iran am kommenden Freitag wird sich die „desaströse“ Situation der Frauen und Minderheiten im Iran nicht ändern, erklärte die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am heutigen Mittwoch. Die tatsächlichen Machtfaktoren stünden nicht zur Wahl. Der mit Abstand mächtigste Mann im Iran sei nicht der Präsident, sondern der nicht demokratisch legitimierte geistliche „Führer“ Ayatollah Ali Khamenei, so die IGFM. „Das Gesicht des Präsidenten mag sich am Freitag ändern – das Gesicht der Islamischen Republik und die Herrschaft ultrakonservativer islamischer Geistlicher wird weiterbestehen, so lange der ‚Führer‘ Khamenei im Amt ist“, erläuterte Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM.

Islamische Republik Iran IGFM: „Wahl im Iran eine Farce“ - Wenig Hoffnung für Minderheiten – Tatsächliche Machtfaktoren stehen nicht zur Wahl

Shirin Ebadi bei der Jahreshauptversammlung der IGFM 2011

In der Islamischen Republik seien Frauen und religiöse Minderheiten wie Bahá’í und Christen Bürger zweiter Klasse. Bürgerrechtler, Kritiker des Regimes und Konvertiten würden verfolgt. Die IGFM unterstreicht daher, dass das öffentliche Interesse nicht nur der nuklearen Bedrohung durch den Iran gelten dürfe, sondern auch der Entrechtung seiner Bürger. Der Iran habe völkerrechtlich verbindliche Menschenrechtsverträge ratifiziert wie etwa den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten auch Deutschland gehört. Dennoch schweige Europa zu diesen Vertragsbrüchen weitgehend.

Die religiös begründete systematische Entrechtung von Frauen, Andersdenkenden und Minderheiten werde sich nicht allein durch einen Wechsel im Amt des Präsidenten ändern. Deutschland und Europa müssten den Fokus ihrer Aufmerksamkeit auf die Menschenrechte legen, so die IGFM weiter.

Hintergrund: Frauenrechte im Iran

Fünf Jahre Haft wegen fehlendem Kopftuch
Trotz massiver Repressalien, Einschüchterungen und Verhaftungen gäbe es im Iran noch immer eine Frauenrechtsbewegung, zu der auch einige männliche Aktivisten gehörten, so die IGFM. Die Islamische Republik sei aber in den vergangenen Jahren immer härter gegen die Frauenrechtsbewegung vorgegangen. Ein markantes Beispiel dafür ist die Rechtsanwältin Nasrin Sotoudeh, eine der exponiertesten Frauenrechtlerinnen des Iran. Neben anderen Strafen muss sie fünf Jahre Haft verbüßen – wegen "Verstoßes gegen die islamischen Kleidervorschriften“. Sie hatte in einer im Iran nie gezeigten Videobotschaft kein Kopftuch getragen.

Frauen sind durch die im Iran angewandte Scharia in fast allen Rechtsbereichen stark benachteiligt. Nach Angaben der IGFM verstoßen eine Reihe von Gesetzen der Islamischen Republik erheblich gegen völkerrechtlich bindende Menschenrechtsverträge, so z.B. die Nichtzulassung von Frauen zu verschiedenen Berufen wie dem Richteramt, die Benachteiligungen beim Zeugenrecht, beim Ehe- und Scheidungsrecht, beim Sorgerecht und anderen mehr. Auch beim sogenannten „Vergeltungsrecht“ haben Leben und Gesundheit von Frauen nur den halben Wert von dem eines Mannes.

"Recht" auf sexuellen Gehorsam der Ehefrau
Die IGFM kritisiert, dass im Iran nach dem islamischen Recht Ehemänner "das Recht" hätten, ihre Frauen auch mit Gewalt zum sexuellen Gehorsam zu zwingen. Nach dieser "Rechts"-Logik könne es Vergewaltigungen in der Ehe "nicht geben". Auch häusliche Gewalt werde im Iran mit Verweis auf den Koran und islamische Überlieferungen gerechtfertigt. Der Ehemann dürfe seine Frau schlagen - wenn er "Ungehorsam fürchte". Nach islamischem Recht stellten Schläge oder sexuelle Gewalt durch den Ehemann für die Frau auch keinen Scheidungsgrund dar. Gleichzeitig könnten muslimische Ehemänner jederzeit ihre Ehefrauen verstoßen. Komme es zum Rechtsstreit, so gelte - mit Verweis auf das islamische Recht - die Aussage einer Frau vor Gericht nur halb soviel wie die eines Mannes. In manchen Fällen werde die Aussage einer Frau überhaupt nicht zugelassen.

Sexuelle Gewalt durch Islamische Revolutionswächter und Beamte
Nach Informationen der IGFM werden Frauen in iranischen Gefängnissen häufig sexuell belästigt, erniedrigt und in manchen Fällen auch vergewaltigt. In einigen Fällen schlossen iranische Geistliche sogar "Zeitehen" zwischen den Pasdaran - sogenannten "Wächtern der Islamischen Revolution" - und weiblichen Gefangenen - gegen den ausdrücklichen Willen der Frauen. Auf diese Weise konnten Revolutionswächter "legal" die Gefangene vor ihrer Hinrichtung vergewaltigen. Die iranischen Behörden bestreiten, dass es in der Islamischen Republik Vergewaltigungen in der Haft gibt, obwohl selbst einige hohe iranische Politiker dies bestätigten.

De facto Freibrief für "Ehrenmorde"
Das iranische Strafrecht schreibt in Art. 220 vor, dass ein Vater oder Großvater nicht hingerichtet werden darf, wenn er die eigenen Nachkommen tötet. Dem Mörder droht höchstens ein "Blutgeld", wenn es von den Erben des Opfers gefordert werden sollte. Prozesse dieser Art werden oft durch Selbstanzeigen eröffnet. Sind alle der Beteiligten Familienangehörige, fordert niemand "Blutgeld" und der Täter gilt ganz offiziell als straffrei. Bei "Ehrenmorden" dieser Art wird von Seiten der Behörden in der Regel gar kein Prozess eingeleitet. Das "Blutgeld" für eine Frau ist ohnehin nur halb so hoch wie das für einen Mann.

Iranische Frauenrechtsbewegung
Nach Angaben der IGFM wurden und werden im Iran Frauen und Männer, die sich für eine rechtliche Gleichstellung der Frau einsetzen, verfolgt. Viele von ihnen wurden ohne offizielle Anklage inhaftiert oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Andere wurden erst nach Zahlung ruinöser Kautionen aus dem Gefängnis entlassen. Mehrere wurden misshandelt und gefoltert.

Im August 2006 gründeten Frauen und Männer im Iran die Bürgerrechtsbewegung "Eine Million Unterschriften Kampagne für Frauenrechte", eine Initiative für die gesetzliche Gleichstellung von Frauen im Iran. Die Idee dieser Kampagne entstand nach der gewalttätigen Niederschlagung eines Protestes für mehr Gleichberechtigung in Teheran am 12. Juni 2006. Eine Petition mit einer Million Unterschriften iranischer Bürger soll dem Gesetzgeber vorgelegt und dieser zur Änderung der Gesetze aufgefordert werden. Die Organisatoren wollen das Anliegen der Frauen in die Gesellschaft tragen und den Gedanken der Gleichberechtigung im öffentlichen Bewusstsein verankern.

Der "Führer" der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Ali Khamenei, und die iranische Regierung lehnen eine Gleichberechtigung von Frauen und Männern und jede rechtliche Änderungen in diese Richtung rigoros ab. Einige Mitglieder des Parlamentes und religiöse Führungspersönlichkeiten haben hingegen die Petition unterschrieben und regten Diskussionen über die Notwendigkeit einer Reform der Gesetze für Frauen an.

Zur Lage der Menschenrechte in Iran unter:
http://www.igfm.de/laender/iran/

Facebook-Seite der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte:
https://www.facebook.com/igfmdeutschland

Quelle: http://www.mehriran.de/artikel/datum///islamische-republik-iran-igfm-wahl-im-iran-eine-farce-wenig-hoffnung-fuer-minderheiten-ta/

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