Eigentlich ist die bisherige Position Obamas relativ einfach zu umreißen, und das ganz ohne einen einzigen Berater zu kennen: Geldschöpfungspolitik der Fed, schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme, mittelfristige Innovations- und Strukturwandelprogramme. Dazu kommt ein kompromissbereiter Kurs mit der Wallstreet. Die letzten Monate der US-Innenpolitik standen im Zeichen des Budgetstreits, denn die Republikaner, die mittlerweile das Repräsentantenhaus kontrollieren, wollen einer Aufweichung der Schuldenobergrenze und damit weiteren staatlichen Investitionen nicht zustimmen. Sie sind für eine harte Sparpolitik; wer hätte auch damit gerechnet. Einige wirtschaftliche Berater Obamas sind abgesprungen, einige hat er selbst ausgewechselt; beides ist verständlich, wenn man sich die Realitäten ansieht, innerhalb derer er gerade Wirtschaftspolitik betreiben muss. Das Land ist politisch schwer gespalten, seit die Tea-Party-Bewegung äußerst aggressiv, gestützt von einem konservativen Mediennetzwerk wie dem von FOX News, gegen den Präsidenten vorgeht. Anstatt den Fehdehandschuh aufzunehmen, hat Obama seine eigene Taktik mit bemerkenswerter Hartnäckigkeit weiterverfolgt. Diese Taktik müssen wir in einem kurzen Exkurs unter die Lupe nehmen.
Wenn 2012 dann über Wirtschaftsthemen gesprochen wird, kann Obama beim TV-Duell am Rednerpult stehen und mit sonorer Stimme auf all die Programme und Vorschläge verweisen, die von ihm ausgingen, und er muss nicht einmal mehr betonen, dass die Republikaner Knüppel zwischen die Beine warfen. Wenn er es geschickt anstellt - und geschickt ist er ohne Zweifel - kann ein Teil des Desasters, das die Finanzkrisenpolitik zweifellos ist, an den Republikanern hängen bleiben. Schließlich befürworten die Amerikaner mehrheitlich Repressionen gegen die Wallstreet. Oftmals dringen die Informationen, wer eigentlich dieselben verhindert, gar nicht richtig durch. Der Schlüssel zum Sieg Obamas 2012 ist, ihn als vernünftigte, moderate und erfahrene Alternative zu den radikalen, aggressiven und unverantwortlichen Tea-Party-Jüngern zu präsentieren, und ich gehe davon aus, dass er genau das tun und damit erfolgreich sein wird. Die Wirtschaftslage wird deswegen weniger 2012 entscheidend sein als 2014: wenn Obama Glück hat, sind die Effekte seiner mittelfristigen Programme bis dahin spürbar geworden. Dann könnte er die Midterms für sich entscheiden (dass die Demokraten 2012 das Repräsentantenhaus zurückgewinnen werden ist unwahrscheinlich, dass sie den Senat verlieren möglich; split government wird also weiter Realität für die Obama-Administration bleiben). Mit einem solchen Erfolg im Rücken wäre es dann vielleicht sogar möglich, einige Reformfäden wieder aufzunehmen, die die Republikaner ihm zerschnitten haben.
Bildnachweise: Porträt - Pete Souza (gemeinfrei)Mit Ted Kennedy - Sage Ross (GNU 1.2)Five Presidents - Joyce N. Boghosian (gemeinfrei)