Now that the dust has settled…
Whoa – welch ein Rennen die diesjährigen IRONMAN-Weltmeisterschaften auf Hawai’i waren! Wieder einmal bewies uns das Rennen aller Rennen im Triathlon, dass es nur schwer vorherzusagen ist. Wieder einmal überraschten „Kona-Rookies“ wie beispielsweise eine Lucy Charles auf voller Linie, während andere, äußerst erfahrene und etablierte Athleten strauchelten (Sebi & Frodo). Dann gibt es noch die Sportler, die trotz eines schwachen Tages sich irgendwie durchkämpften und ihr Ziel (und die öffentliche Erwartung an sie) erreichten (Daniela Ryf). Wieder andere bestätigten, dass sie keine Eintagsfliege sind und auch mit suboptimaler Vorbereitung und schlechten pre-race Ergebnissen auf den Tag genau fit sind und das Ding ganz souverän nach Hause reiten (Patrick Lange).
Da fällt mir dieses lustige Zitat ein (leider erinnere ich mich nicht mehr, von wem es stammt und kann es in Google nicht finden):
„Robert de Niro once told me never to name-drop.“
Aber Name-dropping wäre es ja nur, wenn ich behaupten würde, alle diese Stars persönlich zu kennen – was einfach mal nicht der Fall ist.
Kona hat dieses Jahr aus meiner Sicht ein neues Niveau in der öffentlichen Aufmerksamkeit erlangt. Vorberichte im öffentlichen Fernsehen, Interviews aller Orten, genervte Pro-Athleten…auch wenn wir noch eine der kleinen Randsportarten sind – es tut sich was und wir gehen unaufhaltsam in Richtung Fußball (just kidding).
Die Entwicklung gefällt natürlich noch lange nicht Jedem. Ich kenne in meiner Generation jede Menge Leute, die sich „die guten, alten Zeiten“ herbeisehnen. „Da war halt die Welt noch in Ordnung“! Früher musste man sich meist gar nicht so große Gedanken um manch heikles Thema machen. Wie das Wort Doping geschrieben wurde, konnten die Meisten nicht beantworten. Und die Windschattenproblematik war aufgrund kleinerer Starter-Felder oft auch kein echtes Thema.
Die Erwartungen an das Rennen
Meine persönlichen Erwartungen an das Rennen wurden voll erfüllt. Bei den Männern war es spannend bis zur fast letzten Minute und bei den Mädels hat es Daniela auch erstaunlich lange offen gelassen, ob sie nur keinen Bock hatte, ganz allein vorne zu fahren (wie üblich), oder eben einen rabenschwarzen Tag hatte und nicht mehr ging. Letzteres traf dann offenbar zu. Das konnte sie aber dennoch nicht davon abhalten, souverän das Rennen für sich zu entscheiden. Das unterscheidet dann am Ende das Tages auch die Eintagsfliegen von den großen Champions.
Wie in einem meiner Vorberichte befürchtet, schlug Lionel Sanders‘ große Stunde. Er kassierte zwar eine Menge Zeit bei der Auftakt-Disziplin, hatte aber den (fast ein wenig erwarteten) Vorteil mit Sebi, Cam Wurf und Boris Stein drei weitere Radkanonen im Swim Pack zu haben. Und dann rauschte nicht nur der Lionel & Sebi-Express, sondern die beiden eben genannten gesellten sich dazu und so ein Vierer-Mannschaftszeitfahren (alles selbstverständlich mit legalen Abständen) ist dann halt schon eine ernstzunehmende Bedrohung für den Rest des Feldes. Und eben auch für Frodo. Während sich Lionel keinen Moment versteckte und das Rennen volles Risiko und gemäß seinem Naturell mit voller Leidenschaft und Hingabe von vorne gestaltete, teilten sich einige andere Protagonisten ihre Körner etwas defensiver ein. Am besten gelang das offenbar Patrick, der dem entsprechend das Rennen auch gewinnen konnte. Aber auch er brauchte einen weiteren 2:39er-Marathon, um es tatsächlich zu schaffen. Allzu viel Luft war da dann doch nicht.
Ein sehr, sehr geiles Rennen – und ebenfalls von vorne – bestritt die junge Britin Lucy Charles. Man traute ihr im Vorfeld zwar schon einiges zu, aber so eine Nummer? Respekt! Dass sie als ehemalige Spitzenschwimmerin (800 im Pool & 10k Open Water Olympic Trials) gleich eine Gap reissen und mächtig Zeit auf ihre Verfolgerinnen und ernsthaften Sieganwärterinnen gutmachen würde, war schon noch im Bereich des Vorstellbaren. Dass sie aber allein von der Spitze fast die gesamte Radstrecke bestimmen würde, das hätte vorher vermutlich niemand so erwartet. Und schließlich gab ihr solch ein Rennverlauf offenbar auch das nötige Selbstvertrauen und die Energie, ihren besten Marathon darauf zu laufen und direkt hinter der z.Z. fast unschlagbaren Daniela Ryf auf dem 2. Platz zu landen. Nochmal meine tiefe Verbeugung!
Was mich etwas erschreckte: Die Bilder vom Zieleinlauf der Führenden zeigten, wie entsetzlich wenig Zuschauer dort im Zielbereich standen. Da hat jeder Dorf-Triathlon in Deutschland mehr Publikum! Folgerichtig kommentierte dann auch mein Freund Michael von Hawaii:
„Fantastic. Was the Ironman this past weekend? I wouldn’t know unless you are here to compete in it! Aloha, M“
In den Vereinigten Staaten hat das Thema nicht annähernd die breite Öffentlichkeit wie bei uns. Und vielleicht ist das ja auch ein Grund, warum wir so viel dominanter sind auf der Langdistanz…