IRONMAN Hawaii 2016

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Nun, da der Staub sich etwas gelegt hat, nehme ich mir die Zeit, ein paar Gedanken zur diesjährigen IRONMAN World Championship in Kona, Hawai’i niederzuschreiben.

No Surprises

Auf der einen Seite war es ein langweiliges Rennen, denn es gab nur wenige Überraschungen. Bei den Jungs Frodo vor Sebi, bei den Mädels Dani vor Rinny. So weit, so gut. Und dass wir Deutschen gerade bei den Männern gut aufgestellt waren, dass war irgendwie auch schon vorher klar. Es ging eher um die Frage, ob mein Aufschrei nach einem deutschen Podium erhört und umgesetzt würde oder nicht.

Frodeno und Kienle das Maß aller Dinge

Wenn man einmal das ganze übliche Blabla in diversen (meist schwach gestalteten) Interviws vorab abzieht, bleibt die gute alte non-verbale Kommunikation, die Körpersprache. Die lügt praktisch nie (außer man ist ein exzellenter Schauspieler á la Jack Nicholsen oder Kevin Spacey). Und dafür sind die vielen kleinen Video-Clips gut, die man im Vorfeld des Rennens online serviert bekommt. Mein professionelles Interesse ist dann immer geweckt. Wenn man mal so viele Gesprächssituationen auf Video (oder direkt) analysiert hat wie ich, kann man gar nicht anders, als eine gewisse Expertise hierin zu entwickeln.

Die Körpersprache

Was kann uns also die Körpersprache verraten? Frodo und Sebi – völlig zurecht die Rennfavoriten. Auf der einen Seite diese gewisse Lässigkeit und Entspannung (soweit das in diesem Rahmen möglich ist). Auf der anderen Seite diese Selbstsicherheit, dieses unbändige Selbstbewusstsein, dass es einerseits braucht, um so ein Rennen zu gewinnen, das sich andererseits durch eine seriöse Vorbereitung, gute Trainingswerte und vor allem gute Renn-Resultate speist. Beim Angry Bird (Daniela Ryf) genau das Selbe. Da kann eine Mirinda Carfrae in guter alter Australier-Manier (wir erinnern uns an Macca) noch so versuchen, kleine Risse ins Selbstbewusstsein der Konkurrentin zu bohren – keine Chance. Aber wie in meinem Preview schon vermutet, ist der alte Haudegen Brett Sutton natürlich nicht umsonst ihr Coach – in weiser Voraussicht hat er im Geiste bereits alle erdenklichen Situationen durchgespielt und Dani entsprechend eingestellt. Auch hier keine Überraschungen (in beiderlei Hinsicht). Hier gibt’s nebenbei seine Analyse von Kona.

Auf der anderen Seite möchte ich aus deutscher Sicht exemplarisch Andreas Raelert und Julia Gajer herauspicken. Hier ist schon körpersprachlich im Vorhinein klar, dass das am Renntag nichts Tolles werden wird. Beide glaubten nicht wirklich an sich (was sicher auch verständlich ist bei der suboptimalen Vorbereitung). Dass es dann in beiden Fällen gleich so schlimm kommen würde, war dagegen nicht vorherzusehen (beide DNF).

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Die Rennentwicklung

Die Berichterstattung war – vom deutschen Fernsehen nicht überraschend – schon sehr männerlastig. Überrascht hat mich hier, dass die Spitzenschwimmer wie Frodeno und Potts nicht wegkamen und diese riesige Gruppe bis zum Schwimmziel zusammen blieb. Das war sub-optimal für Frodo und langweilig für die erste Hälfte des Rennens. Bis zum Wendepunkt in Hawi passierte praktisch nichts. Unterbrochen wurde es nur dadurch, dass gewisse Herren mal kurz in dieser Riesengruppe nicht aufpassten und eine Zeitstrafe im nächsten Penalty Tent absitzen durften (McMahon, Lange, van Lierde). Gerade Brent McMahon tat mir besonder leid – so lange Zeit die gesamte Gruppe über den Queen K führen und dann so eine Strafe. Das ist mental schwierig. Gut war das Szenario natürlich für Sebi, der sich zielstrebig aber geduldig bis Hawi an die Gruppe heranarbeitete. Eine kleine Randnotiz sei mir hier erlaubt: Was ist das denn für ein abgrundtief unprofessioneller Fernseh-Kommentar, wenn man mal gerade zwei kurze Momentaufnahmen von Sebi sieht, wie er von Boris Stein überholt wird und dann sofort auf den Super-GAU spekuliert. Mann, Mann, Mann! Zu den Damen ist überhaupt nichts zu sagen: Eine einzige Daniela Ryf-Show von vorne bis hinten.

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Die einzige große Überraschung

Was uns zur einzigen richtigen Überraschung des Tages (IMHO) führt: Patrick Lange’s Rennen, das mit einem neuen Kona Marathon-Rekord und dem letzten Podium-Platz endet. Ganz großes Kino. Okay, den Insidern war nicht entgangen, dass er seinen Rookie-Ironman in Texas gleich mal gewonnen hatte. ABER: Es war dank der Witterungsverhältnisse eine verkürzte Strecke und es war für ihn der einzige Ironman vor Kona. Im Grunde gehörte schon viel Glück dazu, überhaupt an der Startlinie zu stehen (was ja lediglich dem Umstand zu verdanken war, dass Texas die North American Continental Championships waren und der Sieger sich direkt qualifizierte). Aber von Platz 23 nach dem Radfahren auf den dritten Platz vorzulaufen – ich glaube, das gab’s auch noch nie in Kona. Und dann auch noch den uralten Kona-Rekord von „The Grip“, Mark Allen, zu zerstören – sensationelle Leistung. Bei den Frauen läuft Rinny sub-par, langsamer als Dani. Das reicht aber immer noch zum zweiten Platz. Wenn man ehrlich ist, haben es die anderen Mädels verpasst, auf das neu gesetzte Niveau von Daniela Ryf mitzuziehen. Und Sutto macht den Punkt in seiner Analyse, dass das Gleiche für die Männer gilt. Sie sind im Vergleich zur Top-Frauenleistung schwach und entwickeln sich nicht vorwärts. Man konnte das auch daran erkennen, dass Frodo einen angeblich richtig schlechten Tag erwischt hat (und ja, er sah im Grunde nie wirklich gut aus) und trotzdem gewann.

Ach ja, den vierten Platz von Anja Beranek möchte ich hier auch lobend erwähnen. Kritisch betrachtet verliert sie damit aber bereits fast eine halbe Stunde auf Daniela Ryf. Positiv betrachtet reicht ihr aber ein um vier Minuten schnellerer Marathon für Platz 2. Und tatsächlich hat sie den – leider wieder einmal – schwächsten Marathon der Top Ten. Wenn sie diese Schwäche noch in den Griff bekommt, kann sie (bis auf Ryf) potenziell jedes Rennen gewinnen. Ihre Swim/Bike-Performance ist bereits absolute Weltklasse.

Fazit

Spannende Zeiten für den Langdistanz-Triathlon im Allgemeinen und die deutschen Ironmänner im Speziellen. Kona ist Kona – eine einzigartige Triathlon-Show der Superlative. Die dunkle Seite ist das wieder einmal im Agegroup-Rennen omnipräsente Windschattenfahren. Das ist einer Weltmeisterschaft nicht würdig und ich fremdschäme mich von zuhause am Fernseher. Hat denn niemand mehr ein bisschen Ehre im Herzen? Ich rede wohlgemerkt nicht einmal von sechs oder acht Metern, die eigentlich zehn oder zwölf sein müssten (und im Grunde erst ab 15 Metern sauber wären). Ich rede von schamlosen 50er-Pulks, die richtig eng aufeinander hängen. Das ist echt übel und da müssen wir von Verbands- und Veranstalterseite etwas unternehmen. Sonst haben so Leute wie ich (und viele andere, mit denen ich in Kontakt stehe und die auch schon andere Zeiten erlebt haben) bald keine Lust mehr auf solche Rennen.

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