Mannomann, war das ein Rennwochenende. Und ich seit langem mal wieder als Zuschauer mittendrin. Mit Vereinskollege Hajo und Marion ging’s am Morgen nach Frankfurt und dank Hajo’s sensationellem Schnitt von 152 km/h auf der Autobahn kamen wir super-entspannt und rechtzeitig am Langener Waldsee an. Perfekte Wetterbedingungen: Nicht so heiß wie am Vortag, bis weit in den Nachmittag mehr oder weniger leicht bedeckt und ein ultra-schwaches Lüftchen. Erst am späten Nachmittag wurde es (leider mal wieder doppelt hart für die langsameren Athleten) dank brennender Sonne ungemütlich.
Meine drei Favoriten waren schnell gefunden: Andreas Raelert, Timo und Macca. Und so sollte es auch kommen – genau in dieser Reihenfolge. Aber der Reihe nach . . .
Die Nationalhymne vor der Start
Einmal mehr perfekt inszeniert warteten schon die Pros und Top-300 Starter im Langener Waldsee auf ihren 6:45 Uhr-Start. Neos waren zum ersten Mal verboten. Und dank WTC-Regel auch die Speedsuits gleich mit. Tja, jetzt zahlte sich aus, dass man am Schwimmen nicht gespart und sauber an der Technik und Wasserlage gefeilt hatte.
Swim Exit der Profi-Spitzengruppe
Überraschenderweise setzte sich aber von Beginn an eine kleine Spitzengruppe ab und hatte beim “Australian Exit” schon einen beachtlichen Vorsprung. Da alle Favoriten dabei waren, konnte man schon jetzt fast davon ausgehen, dass von hinten keiner mehr auf’s Podium kommt. Und das nach 2.100 Metern!! Und genau so kam’s dann auch. Nur mit einem interessanten Detail: Als wir nämlich ein wenig später in Bad Vilbel am Heartbreak Hill stehen kommt Andi Raelert völlig allein vorbeigerauscht. VÖLLIG allein! Endlos lange neun Minuten warten wir auf die Verfolgergruppe mit den restlichen Favoriten.
Mir gehen in so einer Situation ein paar Dinge durch den Kopf:
- Super Sache. Andi Raelert versteckt sich nicht in irgendeiner Gruppe sondern macht es “old school” Normann/Faris-like und donnert allein vorweg.
- Chance: Hinten will jeder Kraft sparen und nicht allein aus der Gruppe nach vorn verschwinden. Damit steigt sein Vorsprung noch an (genau so soll es dann auch passieren).
- Risiko: Die Gruppe hinten wird taktisch fahren und jede Menge Kraft sparen. Sie wird Andi nur eben so viel Zetpolster wie möglich lassen und gegen Ende der Radstrecke zumindest nah dran sein (so sollte es NICHT passieren).
- Wird Andi noch genügend Körner haben, um auf der Laufstrecke Kanonen wie Timo und Macca auf Distanz halten zu können?
Als wir dann zum zweiten Wechsel kommen wandert dort schon ein sichtlich nervöser Michael Raelert wie ein ungebändigter Löwe im Käfig in der T2 umher – seinen Bruder erwartend. Der kommt dann auch – noch gut aussehend – mit zwischenzeitlich elf Minuten Vorsprung (handgestoppt). Das sollte reichen. “Wenn ihm jetzt nichts völlig außergewöhnliches passiert (was immer passieren kann bei einem IRONMAN), dann sollte das reichen”, denke ich mir. Und Andi spult den Marathon völlig souverän wirkend in soliden 2:53 h ab. An den Rundensplits merkt man aber schon, dass dann auf dem Marathon der volle Krieg losbricht. Denn wie zu erwarten haben alle drei die gleiche Taktik: Schnell anlaufen und dem anderen zeigen, dass da nichts zu holen ist (Raelert) bzw. dass Dein Zeitpolster jetzt schmilzt, wie Eis an diesem heißen Juli-Wochenende in Frankfurt (Timo und Macca). Andi’s Tempo für die jeweils 10,5 km langen Runden sehen dem entsprechend “wild” aus:
- Runde: 3:46 min/km
- Runde: 3:57 min/km
- Runde: 4:11 min/km
- Runde: 4:30 min/km
Aber da weder Timo noch Macca entscheidend Boden gut machen können, läuft ein sichtlich erleichterter und total glücklich wirkender Andreas Raelert nach 8:05 über beide Ohren strahlend als Sieger ins Ziel am Römerberg. Unter dem wieder mal wilden Getöse der vielen tausend Zuschauer (und uns). Fünf Minuten später dann Timo, der auch sehr stolz auf seine Leistung sein kann. In einem taktisch klugen Rennen setzt er sich am Ende der 2. Radrunde vom Rest der Gruppe ab und steigt mit rennentscheidenden 2½ Minuten Vorsprung auf Macca von seinem Giant Trinity. So müssen sie nicht wieder zusammen laufen und Macca holt auch nicht mehr entscheidend auf.
Zieleinlauf von Andi Raelert
Bei den Frauen war das Rennen im Grunde spannender. Die für das Team TBB startende Eidgenössin Caroline Steffen holte auf Sandra Wallenhorst immerhin sechs Minuten beim Schwimmen raus (Yvonne van Vlerken immerhin noch 1:48 min). Auf den 180 km holte Sandra dann auf Caro NICHTS raus! Nullkommanix (sie verlor gar 15 Sekunden)! Sie holte aber Yvonne ein und die zwei liessen sich dann auf dem Rad nicht mehr aus den Augen. Vorne zog aber Caro ihre Runden und erst beim Laufen konnte Sandra sich von Yvonne absetzen und entscheidend in Car’s Zeitpolster fressen. Auf den ersten zwei Runden sah Sandra noch richtig relaxed und gut aus. Dann merkte man auch ihr das “Laufen am Limit” an. Trotzdem sollte es reichen. In der allerletzten Runde schnappte sie Caro doch noch den Titel weg und siegte mit 2:15 min. Vorsprung (9:04 vs. 9:06). Da siegte mal wieder die vor allem mental stärkere Athletin!
Und dann war da noch . . .
Marino Vanhoenacker in Klagenfurt. Wie immer war er der Rennfavorit. Wie immer gewann er. Nur diesmal wollte er die 8 Stunden-Marke knacken. Und er tat es in beeindruckender Manier: Mit 7:52 legt er die viertbeste je erzielte IM-Zeit hin. Reschpeckt!
Ansonsten machen die Ösis keinen guten Job was das Pro-Feld angeht: Das kann sich bei weitem nicht messen mit Frankfurt oder Roth. Das wird besonders deutlich bei den Frauen, wo Eva Dollinger als LD-Rookie in vergleichsweise schwachen 9:18 h gewinnt (das ist 1:26 h hinter dem Männer-Sieger – 0:50 h werden als ausgeglichen angesehen). Und darüber hinaus kommen überhaupt nur vier F-Pros ins Ziel und die Dritte overall ist als erste Amateurin sogar in der F-40.
Trotzdem gilt natürlich mein Respekt allen Athleten, die sich dem Abenteuer IRONMAN stellen und gestern finishen konnten. Ihr habt mich einmal mehr inspiriert!
Meine Bildergalerie gibt’s natürlich wie immer unter “Bilder”.