Ironman Frankfurt 2011 (2)

Mit dem Defizit auf der Schwimmstrecke lief ich in die erste Wechselzone hinein. Die beginnt mit einem recht steilen Anstieg, den man hoch muss wenn man zu den Rädern möchte. Damit nicht genug sind die ersten 100m tiefster Sand, der sich sehr schlecht laufen lässt. Hat man diesen Punkt überwunden, steht man vor der nächsten großen Aufgabe – wo steht mein Rad.

Gut wenn man sich einen Orientierungspunkt gemerkt hat, denn der ist  in dieser recht heißen Phase eine gute Hilfestellung. Mit gefühlten 200 Pulsschlägen stürmte ich den Anstieg hoch und hatte mit dem Glück eines guten Stellpaltzes mein Rad sehr schnell gefunden. Während des Laufens streifte ich mir schon den Neopren bis über den Bauchnabel – soweit wie es halt gerade eben noch erlaubt ist.

Am Rad ging dann alles sehr schnell – Neopren über die Beine – Helm auf – Brille darunter – Socken an – Schuhe an – Startnummer auf den Rücken und ab ging die Luzie. Mit viel Elan schob ich mein Rad in Richtung Ausgang, auch wenn es mit den Radschuhen alles andere als einfach ist – aber die Variante mit den Schuhen an den Pedalen tue ich mir in meinem Alter nicht mehr.

Nachdem ich mit den Messmatten die letzte Hürde überwunden hatte, durfte ich mich endlich auf mein heiß geliebtes Arbeitsgefährt setzten und die Beine wirbeln lassen. Ich hatte mich bei meiner Bekleidung für eine CEP Triathlon-Hose – einem T-Shirt von 2XU – einem Tria-Oberteil von Zoot – und Armlinge von Zoot entschieden – alles aber unterm Neopren, damit mein Wechsel in diesem Jahr schneller ablaufen sollte.

Der war dann auch mit knapp 5min zeitgemäß – bedenkt man der kühlen und nassen Bedingungen. Der Nachteil meiner Entscheidung war aber, dass meine Bekleidung vom Schwimmen noch total nass war und ich auf trockene Bedingungen gehofft und gesetzt hatte. Meine Rechnung ging nur bedingt auf, bedenkt man, dass mich die ersten Tropfen knapp 5m nach Verlassen der Wechselzone erreichten.

Zumindest der Wind stand günstig und blies uns Athleten über den Zubringer nach Frankfurt, so dass ich den Regen erst gar nicht so wahr nahm. Die Tachonadel stand auf über 40km/h, aber es ging auch leicht bergab und mit Rückenwind sollte das kein zu schnelles Anfangstempo sein. Mein Polar zeigte mir 150bpm und die wollte ich als unterstes Minimum halten. Aber auch nicht viel mehr wie 155bpm übersteigen und die 180km sollten nicht das größte Problem für mich darstellen.

So ging ich hoch motiviert in den zweiten Rennabschnitt, der sich schon nach kurzer Zeit zu einem wahren Fiasko entwickeln sollte. Der Regen nahm zu – meine Bekleidung wurde nicht trocken sondern nässer – aber vor allem sie wurde kalt und ich wurde kalt – so richtig kalt - so wie man es von einer Wintereinheit kennt - mit klammen Muskeln und tauben Füssen und was bei mir heute noch dazu kam war der Schüttelfrost, der so stark war, dass ich stellenweise mein Rad nicht richtig festhalten konnte.

Schon bei der ersten Fahrt durch Frankfurts Strassen, vorbei an der zweiten Wechselzone, sah man nur noch nassen Asphalt, voller Wasser und die dunklen Wolken versprachen keinerlei Wetterbesserung. So ging es aus Frankfurt auf die erste große Runde. Ich versuchte mich auf meinem Zeitfahrrad so klein wie möglich zu machen, um dem Wind eine möglichst geringe Angriffsfläche zu bieten.

Dabei lagen ja noch 160km und mehr vor mir und da tauchten nicht nur schöne Gedanken in meinen Kopf auf – da bin ich ganz ehrlich. Trotzdem war ich immer am pacen und hatte den Tacho im Blick – das Tempo war ausschlaggebend. Mit neidischen Blicken äugte ich auf alle, die sich in der Wechselzone eine warme Weste oder noch mehr übergezogen hatten, aber ich war am überholen und das stimmte mich wieder positiv.

In Bergen Enkheim wartete der erste Anstieg – The Beast – auf die Teilnehmer und man konnte endlich so etwas wie Zuschauermassen erkennen, ansonsten war die Strecke noch recht spärlich besucht. Ein sehr schöner Nebeneffekt des Anstiegs war, dass mein Schütteln aufhörte – das erste mal seit Frankfurt. Leider kam danach die Abfahrt – die sonst supergeil zu fahren ist – und die wenige Wärme, die ich für kurze Zeit in meinem Körper spürte, flog bei Tempo 60km/h sofort wieder weg.

So stellte ich mich moralisch auf ca. 5h Horror ein, körperlich kann man das gar nicht. Da kann soviel passieren – da hieß es jetzt Punkt für Punkt abzuarbeiten. Ich hatte mir in der Vorbereitung alle Anstiege und Versorgungsstationen mit den Kilometerangaben auf einen Klebestreifen geschrieben und der klebte jetzt an meinem Lenker. Mit diesen Angaben versuchte ich die Strecke zu kontrollieren und dabei immer ein schön gleichmäßig hohes Tempo zu halten.

In Bischofsheim kam „The Hell“, der mehr wegen des Kopfsteinpflasters als wegen der Steigungsprozente gefürchtet ist. Trotz der Kälte fuhr ich sauber eine klare Linie und kam ohne Defekte durch die Hölle. Danach kam wieder ein schnelleres Stück mit hohem Tempo, was auch wieder mehr Kälte erzeugte. Trotz der Kälte durfte ich das Trinken und vor allem die Ernährung nicht vergessen, denn der Kalorienverbrauch lag bei den kalten Bedingungen heute deutlich höher.

Für meine Ernährung hatte ich mir wieder eine Flasche mit  zwei Päckchen High5, vier Powergels, zwei Ultra Gels, eineme Amino Addon und vier Salztabletten vorbereitet und das war die richtige Entscheidung. Nur eine Flasche – dafür ein leichteres Rad. Die Flüssigkeit nahm ich über die Flaschen von den Versorgungsstationen auf – das sollte reichen. Anfangs der zweiten Runde sollte ich dann von Bischi eine zweite Flasche mit einer ähnlichen Zusammenstellung bekommen.

Nach Wachenbuchen kommt der „Hühnerberg“ – der längste Anstieg in Frankfurt und mit der unangenehmste, da hier nur sehr wenige Zuschauer stehen. Daführ belohnt er mit einer rasanten Abfahrt, bei der 80-90km/h möglich sind – möglich – nur nicht heute. Bei 70km/h regelte mein Gehirn von selber die Bremse und ich war froh, heil unten anzukommen. Die Kälte – ich glaub ich wiederhole mich. Auf alle Fälle überlebte ich bis hierhin und es ging weiter.

Vom Gefühl her war ich schnell unterwegs und war ständig auf der Überholspur. Die folgenden 40 Kilometer waren ohne nennenswerte Höhenmeter und ich kam ohne Sturzgefahr und sicher über die Strecke. In Bad Vilbel kam der vierte Anstieg – der Hühnerberg – der mit den meisten Zuschauern auch den meisten Spass macht. Oben angekommen ist es nicht mehr weit bis Frankfurt und das schöne daran ist, dass es fast nur noch bergab geht. Man muss nur auf die Strassenbahnschienen aufpassen, sonst ist alles zu spät.

Durch den Regen war die Sache natürlich noch viel gefährlicher, aber dank der letzten Einheiten, die ich bei Regen gefahren bin, saß ich fest im Sattel und steuerte  sicher mein Bike durch Frankfurts Strassen ohne an meine Grenzen zu stoßen. Durchs Tunnel und zweimal nach rechts und schon kam ich wieder an der zweiten Wechselzone vorbei. Die ersten 90km nach gerade mal 2:30h.

Auf gehts in die zweite Runde, dachte ich mir und die vielen Zurufe von Bekannten und Freunden kamen an – auch wenn der Regen und die Kälte sich auch auf die Höreigenschaften auswirkten. In Bergen Enkheim wartete Bischi mit der zweiten Flasche und das wirkte wie ein Magnet auf mich. Da wollte ich hin und ich kam auch dahin.

Alles lief jetzt Programm gemäß und die vielen Fahrer die ich überholte, mussten noch mehr frieren als ich es schon tat. Die Flasche hatte ich schon vor dem nächsten Anstieg leer getrunken und war auf Bischi gut vorbereitet. Nach dem ich fast den Anstieg oben war sah ich ihn von weitem und machte mich bereit für die Flaschenübergabe, die dann auch reibungslos funktionierte. Er rief mir noch etwas hinterher, aber ich verstand erst nicht was er meinte.

Dann – wie ein Geistesblitz – kamen die Wörter wieder in mein Hirn und ich riss die Flasche hoch und konnte die Wörter, die Bischi auf der Flasche notiert hatte deutlich lesen – habe deinen Key – konzentrier dich endlich auf den Wettkampf. Ich machte einen Satz nach vorne – ein zwei Tränen kullerten mir über die Wangen - und schon lag ich wieder in Aeroposition auf dem Rad und gab ordentlich Gas.

Die Strecke kennt ihr ja jetzt und etwas neues kam nicht dazu. Ein zweimal blitzte die Sonne durch und der Asphalt trocknete etwas ab, aber diese Konstellation hielt nicht lange an. Irgendwann regnete es wieder und die Strecke wurde wieder nass. Einzig der Schüttelfrost war weg und ich konnte meine ganze Energie in die Pedalen stecken.

Ab der vierten Stunde blitze es ab un an in meinen Oberschenkeln und es galt mit den Kräften zu haushalten. Der Wind blies mittlerweile richtig heftig und ich wusste, dass er nach dem letzten Anstieg in Richtung Frankfurt direkt von vorne auf uns zuhielt.

Dieser Umstand setzte sich fest in meinen Kopf und ließ mich etwas den Druck zurücknehmen. So fuhr ich immer noch schnell, aber zurückhaltender die letzten 10km nach Frankfurt hinein und nachdem ich zum zweiten mal durch den Tunnel kam, konnte ich schon die lärmenden Zuschauermassen hören und die letzten Meter waren Schaulaufen. Tausende von Zuschauern säumten jetzt die Strassen und bejubelten jedem Teilnehmer – Gänsehautfeeling.

Die letzten Meter waren Genuss und ich war froh, den Kälteschock und den schwierigen Bedingungen getrotzt zu haben. Kein Sturz, kein Defekt, kein Einbruch und mit einer Endzeit von 5:04h für die 180km war ich auf der zweiten Hälfte fast gleich schnell. Jetzt hieß es runter vom Rad und auf in den Endkampf, der mit einem Marathonlauf noch einiges zu bieten hatte.

Morgen geht es weiter – Wechsel zum Lauf und noch ein ganzer Marathon – vier Runden entlang des Mainufers – es bleibt spannend.

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